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11:53 Uhr - 29.09.2015

Altlasten machen ABN Amro das IPO madig

Sowohl der deutsche Fiskus als auch die Schweizer Steuerbehörde fordern Schadenersatz von der niederländischen Grossbank.

Der noch für dieses Jahr geplante Börsengang der niederländischen Grossbank ABN Amro – sieben Jahre nachdem sie verstaatlicht worden ist – wird nicht nur vom derzeit schlechten Umfeld unterminiert. Auch negative Nachrichten zum Unternehmen selbst überschatten das Vorhaben. Es rollt eine Prozesslawine auf die ABN Amro Bank zu. Viele düpierte Kunden, aber auch der deutsche und der schweizerische Fiskus wollen das Institut wegen unsauberer Geschäftspraktiken auf Schadenersatz verklagen.

Die betreffenden Geschäfte gehen teilweise auf 2007 zurück, das Jahr, in dem ABN Amro Bank von den drei Grossinstituten Fortis, Royal Bank of Scotland und Banco Santander (SAN 4.629 -1.87%) zum Rekordbetrag von 71 Mrd. €  gekauft worden war. Im Oktober 2008 dann wurden die ABN Amro Bank und grosse Teile der Fortis-Gruppe verstaatlicht, weil Fortis die Akquisition ihres Teils der ABN Amro wegen der Finanzkrise nicht mehr finanzieren konnte. Fortis und ABN Amro drohte der Konkurs.

Die wichtigste Klage, mit der ABN Amro rechnen muss, kommt von der niederländischen Wohnungsbaugesellschaft Vestia. Denn Vestia kaufte von ABN Amro für Milliarden Derivate, mit denen sie sich gegen einen möglichen höheren Zins absichern wollte. Die Derivate wurden von einem Vestia-Direktor eingekauft, der von der ABN Amro Bank bestochen worden war. Vestia ging im Jahr 2012 beinahe pleite, weil sie in die Derivatgeschäfte rund 2 Mrd. € nachschiessen musste. Geld, das sie nun von ABN Amro zurückhaben will. Insgesamt umfasste das Derivatportefeuille von Vestia 23 Mrd. €. Das meiste davon war bei ABN Amro Bank erworben worden.

Aber auch der deutsche und der schweizerische Fiskus fordern Schadenersatz von der ABN Amro Bank. Und zwar wegen Dividenden-Stripping. ABN Amro erwarb kurz vor der Fälligkeit der Dividende Aktien und verkaufte sie direkt vor der Auszahlung an Dritte. Sie forderte dann vom deutschen und vom schweizerischen Fiskus die Dividendensteuer zurück. Aber der neue Eigentümer der Aktien tat das auch. So wurde die Dividendensteuer vom Fiskus des jeweiligen Landes zweimal zurückgezahlt.

Allein die Schweiz fordert von ABN Amro 678 Mio. Fr., berichtet die Zeitung «de Telegraaf» unter Berufung auf die Eidgenössische Steuerverwaltung. Dort gibt man sich allerdings bedeckt. Man dürfe sich vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses nicht zu konkreten Fällen äussern, heisst es auf Anfrage von «Finanz und Wirtschaft». Die ABN Amro Bank jedenfalls hat bereits Rückstellungen von 517 Mio. € gebildet, um mögliche Schadenersatzansprüche bezahlen zu können.

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