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13:54 Uhr - 15.12.2015

«Unser Ziel ist gleicher Ertrag bei halbem Risiko»

Richard Batty, Fondsmanager bei Invesco, setzt auf verschiedene Anlageideen statt auf fixe Gewichtung von Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffen.

Herr Batty, Multi Asset Investing ist recht populär geworden. Wo liegen die Vorteile dieses auf verschiedenen Anlageideen basierenden Stils?
Richard Batty Bild: ZVGWir wollen langfristig einen attraktiven Ertrag generieren – unser Bezug ist der Geldmarktzins Euribor plus 500 Basispunkte respektive 5 Prozentpunkte. Und das versuchen wir mit der Hälfte des Risikos zu erreichen, das man bei vergleichbarem Ertragsniveau mit globalen Aktienanlagen in Kauf nehmen müsste.

Also kann ein Anleger, der in Ihre Strategie investiert, ruhiger schlafen?
Wir sorgen dafür, dass die Volatilität unseres Portfolios höchstens halb so gross ist wie bei globalen Aktien.

Vergleichbarer Ertrag bei höchstens halb so hohem Risiko – das ist eine feine Sache.
zoomSeit 2008 wurden Aktien zunehmend volatil. Für eine Reihe von Jahren stand danach zu befürchten, dass sie überbewertet waren. Mittlerweile macht man sich Sorgen, dass die Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen zu niedrig sind. In einer Erhebung unter europäischen Pensionskassen von Ende 2013, wie sie sich strategisch ausrichten, gaben die meisten Befragten an, inländische Aktien  verkaufen und den Erlös in Multi-Asset-Fonds anlegen zu wollen.

Wie sollten Pensionskassen ihren Verpflichtungen im Niedrigzinsumfeld auch anders nachkommen können?
Richtig, sie haben ein grosses Problem. Abgesehen von gesetzlichen Beschränkungen müssen sich PK-Manager generell die Frage stellen, ob sie langfristig das Risiko grosser Aktienpositionen in Kauf  nehmen wollen, zumal die Volatilität in Zukunft nicht geringer werden wird.

Aktien können auch eine Ertragsquelle sein, solange es sich um gute Dividendenzahler handelt.
Keine Frage, Dividenden sind eine oder die wichtigste Renditequelle von Aktienanlagen, zumindest in Europa. Derzeit sind die Dividendenrenditen zwar nicht extrem hoch, aber akzeptabel.

Na also.
Ja, aber das Problem einer grossen Aktienposition ist ihre Volatilität, die man immer zu gewärtigen hat. Selbst eine defensive Aktie kann  kräftig nachgeben, auch der Schweizer Aktienmarkt kann extrem volatil werden. Die Schweizer Wirtschaft hängt stark von dem ab, was die Nationalbank macht.

Wer in Schweizer Aktien investiert, liegt aber nicht unbedingt falsch?
Auch wir haben das als Anlageidee diskutiert. Der Schweizer Aktienmarkt ist einer der teuersten Europas. Das hängt mit dem defensiven Image zusammen. Investoren zahlen dafür einen hohen Preis.

Welche Rolle spielen Aktien als Anlageidee in Ihrem Multi-Asset-Mix?
Etwa ein Drittel des Risikos in unserem Portfolio lässt sich Aktien zuordnen. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir machen keine Asset Allocation im herkömmlichen Sinn; wir wählen Positionen danach aus, ob sie eine gute Anlageidee darstellen.

Apropos Investments: Ist in China das Schlimmste jetzt vorüber?
Als China im letzten Sommer den Renminbi zum Dollar abwertete, fragten sich die Investoren, ob die Verlangsamung der chinesischen Konjunktur, die ja schon seit vier Jahren zu beobachten ist, jetzt so stark ist, dass die Behörden mit einer Währungsabwertung den Exportsektor stützen müssen. Das Problem war nur, dass sich zur selben Zeit andere asiatische Währungen ebenfalls abwerteten – und zwar stärker als der Renminbi.

Pekings Exportsubvention verpuffte?
Ja, das war kontraproduktiv. Jetzt versucht es Peking mit Zinssenkungen und erhöht fiskalische Anreize für die Wirtschaft. Da werden gewaltige Volumen bewegt, vor allem im Wohnungsbau und für Infrastrukturinvestitionen. Aber Chinas Wirtschaft ist noch immer nicht wettbewerbsfähig.

Wächst China nicht mehr so rasch?
Ja, die Verlangsamung ist real. Wir halten die offizielle BIP-Statistik für geschönt. In Wirklichkeit wächst die chinesische Wirtschaft weniger als offiziell angegeben. Strukturell wird Chinas Wirtschaft künftig langsamer wachsen, aus 6% können in einigen Jahren vielleicht 4% werden.

Wird das Wachstum nachhaltiger?
Das ist der Punkt. Man sollte nicht primär die Wachstumsrate an sich zum Massstab nehmen. Hilfreicher ist es, die Qualität des Wachstums im Inland zu betrachten, also die Qualität des Konsums, die Wertschöpfungskette, die Produktentwicklung und die Entwicklung neuer Geschäftsbereiche. Die Zusammensetzung des Wachstums in China ändert sich zum Positiven.

Ihre Global-Targeted-Return-Strategie gibt es seit 2013. Wie hat sie sich bewährt?
Wir haben das Renditeziel von Euribor +5% mehr als erreicht. Wir haben typischerweise zwanzig bis dreissig Anlageideen am Laufen, die alle darauf ausgerichtet sind, Geld zu verdienen. Sie sind in fünf Anlageklassen investiert: Aktien, Anleihen, kreditbezogene Wertpapiere, Devisen und Volatilität. Obwohl einige Ideen Geld verloren haben, haben wir mit der Mehrheit Geld verdient. Aufgrund der breiten Diversifizierung des Ideenspektrums fallen einzelne Verlustbringer nicht gross ins Gewicht. Jede Anlageidee wird so umgesetzt, dass sie mit einem Viertel- bis einem halben Prozent pro Jahr zum Gesamtertrag beisteuert.

Und wenn nicht?
Ideen, die diese Vorgabe mittelfristig nicht erfüllen, werden aufgegeben. Im Schnitt sollte die Mehrheit der Ideen im Portfolio in jedem Quartal positiven Ertrag generieren. Das haben die meisten Ideen seit dem Strategiestart Ende 2013 auch getan. Eine Ausnahme ist das zweite Quartal 2015, in dem nur ein Drittel der Anlageideen einen positiven Beitrag generiert hat.

Das heisst, Sie haben Ihr Ertragsziel, in jedem Marktumfeld 5% zu erwirtschaften, vorübergehend verfehlt.
Aber nicht sonderlich stark. Der Verlust beschränkte sich auf 116 Basispunkte. Im nächsten Quartal generierten die meisten Ideen dann wieder ordentlichen Ertrag – trotz der hohen Marktvolatilität.

Wird die US-Notenbank jetzt die Leitzinsen anheben?
Höchstwahrscheinlich ja. Die Frage ist, in welchem Ausmass. Viel wird es nicht sein; die US-Notenbank wird sehr vorsichtig agieren. Aber die Notwendigkeit, dass sich die Geldpolitik wieder normalisiert, wird allgemein anerkannt.

Falls sich die Zinslandschaft in den USA nun langsam normalisieren sollte – haben Sie für dieses Szenario eine Anlageidee?
Die US-Zinskurve ist ohnehin schon steil. Die erste Leitzinsanhebung des Fed im Dezember wird demnach eine Verflachung verursachen. Daraus könnte eine Anlageidee werden. In Europa haben wir umgekehrte Verhältnisse – hier ist die Zinsstrukturkurve vor allem am langen Ende zu flach. Wir glauben, dass sie steiler wird, und haben daraus eine Anlageidee abgeleitet. Schliesslich unternimmt die Europäische Zentralbank mit ihrer Geldpolitik alles, damit die Inflation zunimmt, damit eine höhere Inflationserwartung in der Zinskurve eingepreist wird.

Sie kaufen keine Hochzinsanleihen?
Hochzinsanleihen waren zuletzt recht teuer, aber wir haben sie in unserem Portfolio. Hier ist Vorsicht angesagt. Nehmen Sie nur den Energiesektor in den USA mit den zahlreichen Unternehmen, die unterhalb der Anlagequalität eingestuft sind und in der Öl- und Gasgewinnung tätig sind. In ihren Anleihenkursen sind schon sehr viele schlechte Nachrichten eingepreist. Hier sind demnach die Kurse der Hochzinsanleihen gestiegen, und es gibt auch die eine oder andere Anlagechance – aber wie gesagt, hier ist Vorsicht ratsam. Am besten fährt man wohl mit Anleihen in Anlagequalität, denen einige ausgesuchte Hochzinspapiere im Portfolio beigemischt werden.

Was haben Sie derzeit an Anlageideen?
Wir haben in diesem Jahr 45 Ideen diskutiert und analysiert, davon haben sich zwanzig für eine potenzielle Aufnahme in unser Portfolio qualifiziert, und zwölf sind dann wirklich dort gelandet. Was uns im Moment bewegt, ist, wie sich aus der derzeit hohen Marktvolatilität Nutzen ziehen lässt. Wir haben China- und Hongkong-Aktien zugekauft, weil hier sehr viel langfristiges Potenzial steckt.

Was noch?
Dann prüfen wir ein paar Ideen in Verbindung mit Rohstoffen. Wir pflegen einen regen Meinungsaustausch mit Anlagespezialisten. Uns interessiert, warum sie beispielsweise Minen- oder Ölaktien kaufen.

Bei Ihren Anlageideen werden Über- oder Untergewichtung überflüssig? 

Genau. Unsere derzeit 24 Anlageideen haben zwar nicht alle das gleiche Gewicht, spiegeln aber unsere individuelle Überzeugung. Diese Ideen sind sehr unterschiedlich mit Aktien korreliert, auch das sorgt für risikomindernde Diversifikation.

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