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14:45 Uhr - 19.12.2019

CS-Präsident bringt sich in Stellung

Urs Rohner will zwei Jahre länger an der Spitze der Bank bleiben. Die zweite Beschattungsaffäre könnte für CEO Tidjane Thiam eine zu viel sein.

Eigentlich müsste der Präsident des Verwaltungsrats (VR) der Credit Suisse  spätestens zur Generalversammlung  2021 abtreten. Dann hätte Urs Rohner die statuarisch maximale Amtszeit von zwölf Jahren im VR erreicht. Doch wie «Finanz und Wirtschaft» aus dem Umfeld Rohners erfahren hat, will er in die Verlängerung gehen. Zwei Jahre will der Jurist anhängen und erst zur Generalversammlung 2023 abtreten. Das berichtete zuvor bereits der Finanzblog «Inside Paradeplatz».

«Rohner sagt, jetzt sei nicht der Zeitpunkt zu gehen, wenn sich die Bank im Sturm befindet», sagt eine Person, die mit der Materie vertraut ist, zu FuW. Ein Entscheid, des VR, den Rohner für seine Verlängerung braucht, ist zwar noch nicht gefallen. Doch: «Die Chancen stehen gut, dass er länger an Bord bleiben kann.» Anfang des neuen Jahres kann dazu eine Entscheidung fallen.

Hildebrand in der Pole Position

Eigentlich befindet sich der VR der CS mitten in der Nachfolgeplanung für Rohner. Es existiert eine Shortlist mit Kandidaten, die «Finanz und Wirtschaft» bereits Anfang Oktober identifiziert hat. Dem Vernehmen nach hat bisher Philipp Hildebrand die besten Chancen auf Rohners Nachfolge. Allerdings wird kolportiert, dass Rohner, der die Nachfolgersuche selbst leitet, und der Ex-Nationalbankchef sich nicht wirklich grün sind.

Zudem würde sich Rohner am liebsten eine Frau als Nachfolgerin wünschen. Eine Schweizerin – diese Staatsbürgerschaft müsste es schon sein – mit dem Zeug für das Präsidium einer Grossbank sei aber sehr schwer zu finden, wie aus dem CS-VR zu hören ist. Die Schweizer CS-VR-Mitglieder Iris Bohnet und Seraina Macia stehen demnach wohl auch nicht auf der Shortlist für Rohners Nachfolge.

Die Entscheidung dazu würde der VR mit der Verlängerung für Rohner nun auf die lange Bank schieben. Doch Rohner ist öffentlich umstritten. Wie die NZZ (NZZ 5000 1.01%) berichtete, soll die CS neben Ex-Manager Iqbal Khan ein weiteres Geschäftsleitungsmitglied überwacht haben. Der ehemalige oberste Personalchef, Peter Goerke, soll zwischen dem 20. und 22. Februar von einer Detektei observiert worden sein. Wie «Finanz und Wirtschaft» bereits Mitte Oktober erfahren hat, hat sich bereits die Finanzmarktaufsicht eingeschaltet.

Bösewicht Bouée

Am Dienstag teilte die Bank mit, sie werde den Goerke-Fall «mit internen und externen Abklärungen überprüfen». Darüber hinaus schweigt die Bank zu Anfragen. Zunächst verwies sie wie schon in der Affäre Khan auf ihre interne Untersuchung durch die Kanzlei Homburger. Diese habe «keine Hinweise ergeben, dass neben Iqbal Khan noch weitere Mitarbeitende der Credit Suisse (CSGN 13.315 -0.93%) beschattet wurden».

Rohner selbst sagte Anfang Oktober bei der Vorstellung des Berichts, die Khan-Überwachung sei ein «isolierter Einzelfall». Der ehemalige operative Leiter der Bank, Pierre-Olivier Bouée, einer der engsten Mitarbeiter von Bankchef Tidjane Thiam, habe den Auftrag erteilt. Bouée musste die Bank verlassen, Thiam distanzierte sich überdeutlich von seinem Vertrauten.

Die Version wurde von Anfang an in Zweifel gezogen. Nach Gesprächen von «Finanz und Wirtschaft» mit mehreren hochrangigen Finanzplatzinsidern ist klar: Die Überwachung von scheidenden Topshots ist ein probates Mittel auf dem Zürcher Bankenplatz. Thiam sagte selbst im Westschweizer Fernsehen, so etwas «kommt in internationalen Firmen vor».

Gottstein ad interim

Im Fall Goerke ermittelt nun wieder die CS-Hauskanzlei Homburger. Wie bei Rohners Verlängerungswunsch sind auch hier Anfang Jahr Ergebnisse zu erwarten. Beides könnte in einem direkten Zusammenhang stehen. Der VR könnte die Rohner-Nachfolgesuche mit der Verlängerung für den Amtierenden vertagen, um Zeit für eine dringlichere Personalie zu haben: Die Suche nach einem neuen CEO.

Dem Vernehmen nach kursiert im VR bereits eine Liste mit Namen. Auch darauf: Thomas Gottstein, Chef des CS-Schweizgeschäfts, der wohl ad interim übernehmen würde, sollte Thiam «gegangen werden», oder sollte er alles hinschmeissen. Der CEO fühlt sich längst missverstanden und findet seine Leistungen zu wenig wertgeschätzt.

Die Beschattungsaffäre um Khan und deren Aufarbeitung hat Thiam und Rohner beschädigt. Die erneute Beschattungsaffäre um Goerke könnte für einen der beiden zu viel sein. Rohner signalisiert mit seiner Verlängerungsabsicht: Ich werde deswegen definitiv nicht gehen. Zwischen Rohner und Thiam, so hört man aus ihrem Umfeld, herrschen längst Animositäten. «Rohner hat jetzt die Gelegenheit, Thiam loszuwerden», sagt ein Vertrauter. «Die Frage ist, hat er die Kraft und den Rückhalt dazu?»

Die komplette Historie zu Credit Suisse finden Sie hier. »

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