Zurück zur Übersicht
17:15 Uhr - 02.07.2015

Rückschlag für US-Zinspläne

Die amerikanische Wirtschaft hat im Juni 223'000 neue Stellen geschaffen und damit die Markterwartungen verfehlt. Die Arbeitslosenquote sinkt von 5,5 auf 5,3%. Wallstreet eröffnet mit Kursgewinnen.

Aus Amerika kommen durchwachsene Nachrichten. Gemäss dem Statistikamt BLS (BLSN 0.7 -2.78%) hat die US-Wirtschaft im Juni 223 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, was leicht unter den Prognosen der Ökonomen lag. Zudem wurde das Wachstum für April und Mai um insgesamt 60 000 Stellen nach unten revidiert. Das weckt Befürchtungen, dass der Arbeitsmarkt an Dynamik verliert. Kamen im vergangenen Jahr durchschnittlich 260 000 Jobs pro Monat hinzu, so sind es dieses Jahr bislang nur 208 000.

Kaum besser fällt ein Blick auf die Details aus. Die Arbeitslosenrate ist gegenüber Mai zwar von 5,5 auf 5,3% gesunken und bewegt sich damit bereits in dem Bereich, mit dem die US-Notenbank bis Ende Jahr rechnet. Der Rückgang basiert jedoch primär auf der sinkenden Erwerbsquote. Sie hat mit 62,6% das geringste Niveau seit 1977 erreicht. Das bedeutet, dass mehr Amerikaner die Suche nach einem Job aufgegeben haben und nicht mehr in der Statistik erfasst werden. Kaum Bewegung gab es zudem bei den Löhnen, auf die US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen besonders genau achtet. Gegenüber dem Vormonat ist der durchschnittliche Stundenlohn im Privatsektor auf 24.95 $ verharrt und hat im Vorjahresvergleich 2% zugenommen, was dem Trend der letzten vier Jahre entspricht.

«Die Daten zum Arbeitsmarkt sind enttäuschend», meint Marc Chandler, Devisenstratege der Privatbank Brown Brothers Harriman. Inzwischen ist es exakt sechs Jahre her, seit die schwere Rezession in den USA offiziell für beendet erklärt worden ist. Dennoch bleibt die Erholung zaghaft und erleidet immer wieder Rückschläge – wie zuletzt im ersten Quartal, als die Konjunktur vollständig stagnierte. «Für Ökonomen besteht Spielraum, die Prognosen zum Wirtschaftswachstum zu senken. Die im Schnitt geschätzten 3% für die kommenden Quartale sind vermutlich zu hoch. Wir fühlen uns komfortabler mit 2,25 bis 2,5%», hält Chandler fest.

Geld zum Nulltarif

Für das Federal Reserve könnte das eine weitere Verzögerung im Fahrplan für eine Zinserhöhung bedeuten. Um die Wirtschaft zu stimulieren, vergibt die US-Notenbank seit Ende 2008 Geld zum Nulltarif. An der letzten Sitzung von Mitte Juni hat Fed-Chefin Yellen bekräftigt, dass sie dieses Jahr erstmals leicht an der Zinsschraube drehen will. Gleichzeitig hat sie aber auch deutlich gemacht, sie sei erst zu diesem Schritt bereit, wenn es «weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt» gebe und die Zuversicht ausreichend gross sei, dass sich die Inflation auf mittlere Sicht gegen das Ziel von 2% bewege.

An den Finanzmärkten werden sich die Spekulationen über den Zeitpunkt der Zinserhöhung in den kommenden Monaten intensivieren. Bis zur nächsten wichtigen Sitzung der US-Notenbank von Mitte September werden ihr zwei weitere Berichte zum Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Die meisten Ökonomen der grossen Wallstreet-Banken rechnen nach wie vor damit, dass die US-Währungshüter bereits dann Ernst machen. Die Reaktion an den Märkten spricht jedoch für einen späteren Schritt. Gemäss den Terminkontrakten auf den US-Leitzins ist die Wahrscheinlichkeit für eine Erhöhung im September auf lediglich 14% gesunken. Auch für Dezember werden die Chancen auf unter 50% beziffert.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.