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12:26 Uhr - 12.08.2015

China wirbelt die Märkte auf

Die Aktienmärkte schreiben rot, da die chinesische Währung überraschend abgewertet wurde. Die Abwertung verheisst Schlechtes für die Weltkonjunktur.

Chinas Zentralbank lässt die chinesische Währung, den Renminbi, abwerten. Das führt zu Verwerfungen an den Märkten. Die Börsen reagieren mit starken Verlusten.

Der Dax mit seinem hohen Anteil von Industrie- und Automobiltiteln verlor seit Dienstag fast 5%. Der defensive SMI (SMI 9247.95 -1.87%) ist seit Montag 2,7% im Minus. Äusserst empfindlich reagieren Luxusaktien auf die Renminbi-Abwertung und die eingetrübten Konjunkturaussichten Chinas. Die Aktie von LVHM hat in den vergangenen zwei Tagen fast 10% eingebüsst. Richemont (CFR 78.3 -2.97%) und Swatch haben ebenfalls zwischen 7 und 8% verloren.

Der Grund dafür ist, dass die Erlöse in Renminbi in Euro oder Dollar gerechnet nun weniger wert sind. Ausserdem sinkt die Kaufkraft der Chinesen. Dazu kommen Sorgen, dass die globale Konjunktur nun durch Deflation und Abschwung geprägt sein wird.

Die Anleihen verbuchen dagegen eine Rally, die Renditen sinken. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren nur noch wenig mehr als 2%. Deutsche Zweijahresrenditen notieren auf Allzeittief. Mit einem abgewerteten Yuan werden die Exportgüter Chinas billiger. Dadurch sinken die Inflationserwartungen in den Industriestaaten, was dort die Zinsen drücken sollte. Ausserdem wird eine Zinserhöhung in den USA damit immer unwahrscheinlicher.

Abwertung prägt Schwellenländer schon länger

Was die meisten anderen Schwellenländer schon seit einigen Jahren umtreibt, ist damit in der Volksrepublik China offiziell angekommen. Das Wachstum im eigenen Land wird schwächer und die Währung gerät unter Druck. Die Kapitalabflüsse und die im Juli um 8% gefallenen Exporte machen deutlich, dass der Druck extrem gestiegen ist, eine Abwertung durchzuführen.

Unter dem Banner der Forcierung der Marktkräfte hat die chinesische Zentralbank (People’s Bank of China, PBoC) dem Renminbi mehr Freiheit gegeben. Der Renminbi hat sich dadurch zum Dollar seit Dienstag nicht nur um 3,5% abgewertet, sondern der Wechselkurs wird in Zukunft auch deutlich stärker schwanken. Einen Vorgeschmack liefert der in Hongkong gehandelte Offshore-Renminbi, der über 5% im Minus liegt.

Die Zentralbank wird aber die Währung weiterhin eng zügeln, denn die Kontrollen des Kapitalverkehrs wurden nicht gelockert. Im Gegenteil: Die PBoC hat angekündigt, die Kapitalflüsse genauer beobachten zu wollen. Denn eine wirklich freie Währung ist nicht erwünscht. Die jetzt erfolgte Abwertung soll laut Zentralbank ein «einmaliger Schritt» sein. Stimmt diese Ankündigung, sollte sich der Wechselkurs bald stabilisieren. «Wir erwarten, dass die PBoC hinter den Kulissen bereits daran arbeitet, die Währung in den kommenden Tagen über Devisenkäufe zu stabilisieren», schreibt China-Ökonom Julian Evans-Pritchard von Capital Economics in einer Einschätzung.

Eigene Exporte werden angekurbelt

Eine Abwertung hilft, die eigenen Exporte anzukurbeln. Sie macht aber die Lage für andere Exportstaaten schwieriger. Die Angst vor Exporteinbussen und einer weiteren Verschlechterung der Handelsbilanz führte in den Nachbarländern zu einer weiteren Abwertung ihrer Währungen. Besonders Rohstoffexporteure müssen leiden. Der malaysische Ringgit verbuchte heute den grössten Tagesverlust seit 2003. Mit einem Wert von 4 Ringgit je $ ist er so schwach wie seit der Asienkrise nicht mehr. Der taiwanesische Dollar und die indonesische Rupiah büssten zum Dollar 2% ein.

Manche Ökonomen vermuten, dass China sich für eine Lockerung des Wechselkursregimes und damit einer Abwertung entschieden hat, um den Renminbi in den globalen Währungskorb des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu bringen. So erklärt der Chefökonom Asien der Ratingagentur Standard & Poor’s: «China kann nun sagen, dass es durch einen mehr marktgetriebenen Wechselkurs umsetzt, was der IWF und das US-Finanzministerium gefordert haben.» Doch diese positive Geschichte steht im Gegensatz zu dem Wirbel an den Märkten. Hier herrscht die Sorge vor einem Währungskrieg. Das heisst: Exportstaaten wollen Marktanteile durch Abwertungen erringen. Das drückt die Stimmung der Anleger.

Symptom für schleppende Weltkonjunktur

Denn mit der Weltkonjunktur ist es nicht gut bestellt, wenn Länder sich mit immer weiter fallenden Preisen bekriegen. Die Angst vor der Deflation ist damit eng verknüpft. Sinken die Preise stetig, reduziert das die Gewinnaussichten der Unternehmen. Sie investieren weniger, da sich die Aussichten auf Profit in der Zukunft verdüstern. Dazu kommt, dass die Schuldenlast höher wird. Konsumenten halten sich mit der Nachfrage zurück.

Anleger ziehen mehr und mehr die wirtschaftliche Verfassung Chinas in Zweifel. Einige Beobachter sprechen schon davon, dass die Volksrepublik nun ein «Hard Landing» – also einen abrupten Abfall ihrer Wachstumsrate – erlebt. Der Stress im System führt zu Unruhe im Regierungsapparat. Statt auf mehr Liberalisierung wird nun wohl mehr auf staatliche Kontrolle gesetzt.

Peking weiss, dass das altgediente Wachstumsmodell mit immer weiter wachsenden Investitionen und einem aufgeblähten Kreditvolumen nicht langfristig haltbar ist. Das Land auf ein konsumbasierteres Wachstumsmodell umzustellen, führt automatisch zu niedrigeren Wachstumsraten. Doch dafür scheint man noch nicht bereit, wie nun die Abwertung zeigt.

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