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16:50 Uhr - 03.11.2020

Dufry fliegt weiterhin auf Sicht

Noch immer ist völlig unklar, wann sich der internationale Reiseverkehr normalisiert. Für die Aktien des Flughafen-Retailers braucht es starke Nerven.

Nirgends an der Schweizer Börse bremst die Coronapandemie so stark wie bei Dufry (DUFN 37.99 4.66%). Der Umsatzeinbruch ist beispiellos: 80% beträgt er (organisch) im dritten Quartal, knapp 70% sind es nach neun Monaten. Und auch das vierte Quartal hat schlecht begonnen. Im Zeitraum bis 25. Oktober rechnet der Reisedetailhändler nochmals mit einem Minus von 76%. Wegen stark steigender Fallzahlen in Europa und den USA ist in diesem Jahr nicht mehr mit einer Belebung des internationalen Reiseverkehrs zu rechnen. Dufry macht 90% des Umsatzes an Flughäfen.

«Unser Geschäft bleibt der dynamischen makroökonomischen Situation und den Reiseeinschränkungen besonders ausgesetzt», wurde CEO Julián Díaz in einer Mitteilung vom Dienstag zitiert. Eine konkrete Prognose macht das Unternehmen nicht, aber Marktforscher sind vorsichtig. Der Dachverband der Fluggesellschaften Iata rechnet erst 2024 mit einer Rückkehr des Luftverkehrs auf Vorkrisenniveau.

Die Kasse stimmt

Dem Ausbleiben der Passagiere ist Dufry nahezu machtlos ausgeliefert. Punkten kann das Management aber mit der Cash-Kontrolle während der Krise. Eine Kapitalerhöhung brachte 890 Mio. Fr. und zwei neue Grossaktionäre, Advent (11,4%) und Alibaba (BABA 291.2999 -6.29%) (6,1%). 295 Mio. Fr. davon werden für die Reintegration der US-Tochter Hudson verwendet. Im laufenden Jahr sollen die Kosten um 1 Mrd. Fr. sinken, rund 400 Mio. Fr. davon sind struktureller Natur.

«Wir haben die aggressivsten und einschneidendsten Schritte der Dufry-Geschichte ergriffen», sagte Díaz an einer Telefonkonferenz. Die Liquidität betrug zuletzt 2,06 Mrd. Fr. Monatlich fliessen derzeit 60 Mio. Fr. ab, was Luft für mindestens zwei Jahre gibt, sollte das Geschäft auf dem aktuellen Niveau verharren.

Zum geplanten Gemeinschaftsunternehmen mit Alibaba hält sich Dufry immer noch bedeckt. «Verschiedene Projekte sollten sich 2021 materialisieren, wenn die chinesischen Behörden zustimmen», sagte Díaz. Dufry erhofft sich von der Kooperation mit dem E-Commerce-Giganten einen einfacheren Zugang zum chinesischen Reisedetailhandel. Ein zweiter wichtiger Punkt ist Alibabas Erfahrung in der Digitalisierung, die Dufry voranbringen soll. Ob der Deal in absehbarer Zeit im Zahlenset sichtbar wird, muss vorerst bezweifelt werden.

Warten auf Impfstoff

Gewinnzahlen weist Dufry nach drei und neun Monaten seit diesem Jahr nicht mehr aus. Alles andere als ein satter Verlust im Gesamtjahr wäre aber eine Überraschung. Zumal der Konzern für das zweite Halbjahr weitere Abschreiber erwartet. FuW rechnet nach wie vor mit 15 Fr. Verlust je Aktie nach 7 Fr. Gewinn im Vorjahr. Für 2021 bleibt die Prognose bei 1 Fr. Verlust. Eine Dividende dürfte frühestens 2022 zum Thema werden.

In den letzten drei Monaten haben sich die Dufry-Aktien um 66% verteuert. Beschleunigt hat sich der Anstieg besonders nach Bekanntgabe des Alibaba-Deals Anfang Oktober. Erleichtert reagierte die Börse auch auf die erfolgreiche Kapitalerhöhung. Die Alibaba-Fantasie muss sich noch konkretisieren. Noch immer weisen die Aktien für das laufende Jahr eine Performance von –60% auf. Aber die Kapitalmassnahmen und das Cash-Management sind gute Zeichen, dass Dufry die Krise erfolgreich übersteht. Die Aktien bleiben schwankungsanfällig, bis ein Covid-19-Impfstoff verfügbar ist und das Virus nachhaltig bekämpft werden kann. Wenn das eintritt, haben sie jedoch bedeutendes Aufwärtspotenzial.

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