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11:46 Uhr - 03.05.2016

Straumann-CEO: «Wir wollen US-Marktführer werden»

Marco Gadola, CEO von Straumann, sagt im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft», warum er die Ziele für 2016 bereits erhöht und wie er den Dentalimplantatspezialisten in den USA zum Marktführer machen will.

Herr Gadola, Sie erhöhen Ihre Ziele für 2016 bereits drei Monate nach Bekanntgabe. Was veranlasst Sie dazu?
Zur PersonMarco Gadola ist kein Mann, der sich durch teure Anzüge von seinen Mitarbeitern abzuheben versucht. In seinem Büro ist der 52-Jährige in Jeans, Hemd und Pullover anzutreffen. Als Gadola 2013 den CEO-Posten des Zahnimplantatherstellers übernahm, war es für ihn eine Rückkehr. Denn von 2006 bis 2008 war er bereits als Finanzchef für das Basler Unternehmen tätig gewesen. Dazwischen leitete er bei der Logistikgesellschaft Panalpina die Region Asien-Pazifik. In seiner Freizeit spielt Gadola gerne Golf und geniesst ein gutes Glas Rotwein.Das erste Quartal ist besser ausgefallen als von uns erwartet. Erstens entwickelt sich das Geschäft in Brasilien deutlich über dem Marktwachstum. Zudem kommt auch das zuletzt etwas schwächelnde Geschäft in den USA wieder in Gang. Auch Europa ist sehr gut gelaufen, und Asien wächst sehr dynamisch.

Sie sprechen es an: In den USA hat sich Straumann (STMN 350 2.79%) zuletzt schwergetan. Es kam zu einem Managementwechsel. Wo harzte es?
Uns hat der Biss im Gewinnen von Neukunden gefehlt. Wir haben die Aufgaben in den USA nun unserem bisherigen Geschäftsführer für Westeuropa anvertraut. Er ist ein ausgewiesener Marketing- und Verkaufsexperte mit dem notwendigen Gespür für die Kundenbedürfnisse. Der Wechsel ist mit ein Grund, warum wir in Amerika wieder auf Kurs sind. Wir wollen ganz klar weitere Marktanteile gewinnen, auch 2016.

Sie nehmen den anderen Anbietern Kunden weg?
Ja. Wir wollen in drei bis vier Jahren in den USA Nobel Biocare (NOBN 17 0%) die Marktführerschaft abjagen.

Wie wollen Sie das erreichen?
Wir haben eine Reihe neuer Produkte, die die entsprechenden Kundenbedürfnisse bestens abdecken. Zudem sind wir mittlerweile auch mit unseren Value-Implantaten, also qualitativ guten, aber preisgünstigeren Produkten, in den USA vertreten. Das ist wichtig für Zahnarztketten wie ClearChoice, bei der wir heute bevorzugter Partner sind. Wir können zudem mittlerweile auch Lösungen für zahnlose Patienten anbieten. Damit können wir direkt mit Nobel Biocare in einem Marktsegment konkurrieren, das auch bei den genannten Ketten im Fokus steht.

Welche Rolle spielen Zahnarztketten bei Straumann?
Wir sind am Anfang, und das Geschäftsvolumen ist heute noch vernachlässigbar. Zahnarztketten haben aber grosses Wachstumspotenzial.

Und wie wollen Sie weitere solche Kunden gewinnen?
Wir haben für die weitere Erschliessung dieses Kundensegments spezialisierte Verkaufs- und Supportteams bereitgestellt. Zudem haben wir unsere Logistikprozesse so ausgerichtet, dass wir den speziellen Anforderungen von ClearChoice und anderen Ketten gerecht werden.

Weitaus grösser ist in den USA der Markt für Allgemeinzahnärzte.
Hier haben wir klar Aufholpotenzial. Wir haben in diesem Segment einen Marktanteil von weniger als 10% und sind damit noch klar unter unseren Zielvorstellungen. Eine wichtige Rolle werden dabei Ausbildungsveranstaltungen für unsere Produkte spielen. Wir arbeiten deshalb seit Anfang Jahr mit dem Engel Institute und Spear Education zusammen, zwei renommierten und erfolgreichen Ausbildungspartnern für Allgemeinzahnärzte, zusammen.

Die frühere Initiative mit Patterson, einem Dentalgrosshändler, ging gründlich schief. Was war das Problem?
Die unterschiedliche Kultur. Bei Patterson hatten wir nicht die notwendige Priorität. Patterson arbeitet zudem mit unserem Konkurrenten Sirona resp. heute Dentsply zusammen. Alles ging uns viel zu langsam. Darum haben wir die Partnerschaft beendet.

Wie sieht Straumann in drei bis fünf Jahren aus?
Wir streben auch im Geschäft mit Value-Implantaten die globale Marktführerschaft an. Über Volumenwachstum wird es uns auch gelingen, die operative Marge mit diesem Geschäft weiter zu steigern. Wir wollen uns zudem vom reinen Implantathersteller zum Anbieter von Zahnersatz-Gesamtlösungen weiterentwickeln. Wir werden dieses Jahr einen neuen intraoralen Scanner für die digitale Abdrucknahme sowie eine Fräsmaschine für Zahnärzte lancieren. Damit werden wir unseren Zielen bereits nahe kommen.

Die Technologie des Scanners und der Fräsmaschine kommt von Partnern. Sind weitere solche Kooperationen geplant?
Wir können nicht alles selbst machen. Wir haben nicht das notwendige technische Wissen, um Scanner und Fräsmaschinen sowie die entsprechende Software zu entwickeln. Wir haben aber eine starke Marke und weltweit engen Kontakt zu Zahnärzten und Labors. Unsere Partnerschaften mit Amann Girrbach für Fräsmaschinen, Dental Wings für Scanner und Botiss für Biomaterialien erlauben uns, unseren Kunden qualitativ hochwertige Produkte und Lösungen anzubieten.

Laufen Sie nicht Gefahr, sich mit all den Partnerschaften und Übernahmen zu verzetteln?
Nein. Unsere zentrale Logistik, IT, Marketing und Entwicklungsplattformen erleichtern uns die  Zusammenarbeit mit unseren Partnerunternehmen sehr. Für die Kundenberater wiederum spielt es keine Rolle, ob sie sich mit einem Produkt aus unserem Haus oder von einem Partner auseinandersetzen müssen.

Konkurrenten wie Nobel Biocare oder Sirona haben sich durch grosse Dentalproduktanbieter übernehmen lassen. Die so entstandenen Konzerne sind also bereits Gesamtlösungsanbieter. Rennen Sie ihnen nicht einfach hinterher?
Kurzfristig, denke ich, profitieren wir sogar von der Konsolidierung in der Branche. Die Grossen sind derzeit stark mit sich selbst beschäftigt und richten den Fokus deshalb weniger auf die Marktbearbeitung. Das hilft uns in unserem Bestreben, neue Kunden zu gewinnen.

Und langfristig?
Langfristig müssen wir uns schon Gedanken machen, wie wir diesen starken Konkurrenten die Stirn bieten können. Die Produktpalette von Danaher zum Beispiel ist einiges breiter als die unsrige. Deshalb ist es wichtig, dass wir bereits heute über die nächste Welle strategischer Initiativen nachdenken.

In welche Richtung kann das gehen?
Ich kann mir vorstellen, dass wir dereinst alles anbieten, was im Bereich Zahnästhetik angesiedelt ist. Darunter könnten in Zukunft beispielsweise auch Geräte und Verbrauchsmaterialien fallen, mit denen sich der Biofilm entfernen lässt. Noch ist jedoch nichts entschieden.

Werden die Wachstumsinitiativen einen Einfluss auf die Dividendenpolitik in den kommenden Jahren haben?
Wir haben unsere Dividende seit 2008 konstant gehalten und sie dieses Jahr aufgrund der erfreulichen Perspektiven erhöht. Unser Ziel ist es, unseren Aktionärinnen und Aktionären eine faire Dividende zu bezahlen und gleichzeitig weiter in Wachstumsprojekte zu investieren.   

Was ist Ihre Prognose für das Marktwachstum in den nächsten drei bis fünf Jahren?
Ich glaube, dass der Markt in den nächsten Jahren im Schnitt jährlich rund 3 bis 4% wachsen wird. Wir streben natürlich auch in Zukunft an, mehr als der Markt zu wachsen.

Der Aktienkurs von Straumann notiert auf einem Mehrjahreshoch. Ist Ihnen in Anbetracht der hohen Erwartungen noch wohl?
Ich glaube, dass wir noch extrem viel Potenzial für Wachstum und die Steigerung der Marge haben. Deshalb ist der Aktienkurs von Straumann berechtigt.

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