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13:24 Uhr - 14.06.2021

Bitcoin: Handelsplätze haben Test bestanden

Der Bitcoin hat in der Berichtsperiode verschiedene Widerstände durchbrochen und scheint nun auf einem Niveau von rund 39500 $ Halt gefunden zu haben.

Die Robustheit von dezentralen Kryptohandelsplätzen offenbarte sich im Preiszerfall der letzten Wochen: Auch unter grossem systemischem Stress funktioniert die Kryptoinfrastruktur einwandfrei.

Dies spiegelt sich auch in den gehandelten Volumen. Im Februar 2020 betrug das Volumen noch weniger als 1 Mrd. $. Im Februar 2021 lag es bereits bei 100 Mrd. $. Im Mai 2021 wurde an neunzehn DEX (Dezentrale Exchanges) bereits bei über 300 Mrd. $ gehandelt, wobei die grössten fünf (PancakeSwap, UniSwap, SushiSwap, Uniswap V3, 0x) weit über 80% ausmachten. Die Adaption beschränkt sich nicht auf Bitcoin (Bitcoin 39'187.00 +0.95%) als digitales Gold (Gold 1'855.49 -1.18%) und dezentrales monetäres Finanzsystem – sondern Kryptos als Ökosystem insgesamt.

Im April wurde der VanEck-Bitcoin-ETF-Entscheid der SEC aufgeschoben, Ende Mai nun auch die Entscheidung für den WisdomTree-Bitcoin-ETF. Ein Bitcoin-ETF-Entscheid, ob negativ oder positiv, wäre ein klares Signal für den Markt, der momentan konsolidierend vor sich hin dümpelt. 

El Salvador prescht vor

El Salvador plant, Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Dies hat Präsident Nayib Bukele an der Miami Bitcoin Conference 2021 verkündet. «Kurzfristig wird dies Arbeitsplätze schaffen und Tausenden ausserhalb der formellen Wirtschaft zu finanzieller Eingliederung verhelfen», sagte Bukele und fügte hinzu, dass dies auch Investitionen im Land ankurbeln könnte.

Wenige Tage später wurde es noch konkreter: Der Kongress von El Salvador hat das Gesetz für Bitcoin mit 62 von 84 Stimmen – einer überwältigenden Mehrheit – verabschiedet. Damit ist der Prozess abgeschlossen, und Bitcoin ist offizielles Zahlungsmittel im kleinen mittelamerikanischen Land. Gemäss dem Präsidenten von El Salvador hat dieser Schritt nichts mit Spekulation oder einer «Entdollarisierung» zu tun. Es geht vielmehr darum, die Vorteile der Bitcointechnologie zur Befähigung und Ermächtigung der eigenen Bevölkerung zu nutzen. 70% der Bevölkerung haben kein Bankkonto. Mit Bitcoin erhält jeder Bürger ein eigenes Konto und ist somit integrierter Teil des Wirtschaftskreislaufs.

100% erneuerbar

Präsident Nayib Bukele bewegt sich an mehreren Fronten, um das Land zum Bitcoin-Mekka zu machen. «Ich habe gerade den Präsidenten von @LaGeoSV (unserem staatlichen Unternehmen für geothermische Elektrizität) angewiesen, einen Plan aufzustellen, um Einrichtungen für #Bitcoin-Mining mit sehr billiger, 100% sauberer, 100% erneuerbarer 0-Emissions-Energie aus unseren Vulkanen anzubieten», twitterte der 39-jährige Präsident.

Nun, da El Salvador Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel einführen will, stellt sich die Frage, welches südamerikanische Land als nächstes kommt. Argentinien? Lateinamerikanische Politiker entdecken das Potenzial von Bitcoin als Wachstumstreiber für Wohlstand ihrer Bevölkerung und ihres Landes. Die führende Partei in Brasilien unterstützt Bitcoin. Politiker in Panama äussern ihre Absicht, ein Pro-Bitcoin-Gesetz zu unterbreiten.

IWF warnt

Die Dynamik gefällt allerdings nicht allen: Der Internationale Währungsfonds (IWF) äussert sich aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen kritisch. Der Entscheid trübe die Aussichten auf zukünftige IWF-Unterstützung für das Land und erhöhe die Kreditrisikoprämie der Landesanleihen.

Zur bitcoinkritischen Haltung passen Aussagen des ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Er betitelte Bitcoin als Betrug, führte jedoch gleichzeitig aus, der Dollar sei die Weltwährung, und Bitcoin steht mit ihm im Wettbewerb – was ein Widerspruch ist: Handelt es sich bei Bitcoin nun um Betrug oder eine Alternative zum US-Dollar?

Gibt sich die derzeitige Regierung bitcoinfreundlicher? Tim Wu, der Top-Berater von US-Präsident Biden zum Thema Technologie und Wettbewerbspolitik, hält Bitcoin im Gegenwert von mehreren Millionen. Er bezeichnete 2017 Kryptos als eine Blase, scheint jedoch seine Einstellung geändert zu haben, was sich für ihn offenbar auch finanziell ausgezahlt hat. Dies sollte dem Argument «Bitcoin wird verboten» den Wind aus den Segeln nehmen.

Nichts für Kriminelle

Auch der Vorwurf, Bitcoin mache Kriminellen das Leben einfacher, wurde in der Berichtsperiode entkräftet: Der Grossteil (63,7 von 75 Bitcoin) der von Colonial Pipeline an DarkSide gezahlten Lösegeldforderung in Bitcoin wurde gemäss DOJ (Departement of Justice) beschlagnahmt und zurückgegeben. FBI und DOJ nutzten die Eigenschaft, dass Bitcoin ein öffentlicher Ledger ist, wo alle Transaktionen publiziert werden – auch die Lösegeldzahlung. Bitcoin als öffentlicher Ledger eignet sich nicht für kriminelle Aktivitäten, wie die US-Justiz soeben demonstriert hat.

Allerdings scheint die Beschlagnahmung der Bitcoin aus dem Colonial-Pipeline-Hack auch das Gerücht zu beflügeln, dass Bitcoin gehackt wurde. Dies ist nicht der Fall. Das Bitcoinprotokoll ist das sicherste laufende Protokoll. Die Hacker waren offenbar fahrlässig in der Handhabung ihrer Bitcoin. Wie beim Hack einer Kryptobörse ist die Schwachstelle nicht das Bitcoinprotokoll, sondern die Börse oder der Nutzer selbst.

Investitionen in Wallet-Hersteller

Als positiv zu vermelden ist auch, dass der französische Krypto-Wallet-Hersteller Ledger sein Series C Funding bei einer Bewertung von 1,5 Mrd. $ finalisiert hat. Das zusätzliche Kapital von 380 Mio. $ wird für Wachstum und Innovationen im Bereich DeFi und Hardware-Wallet benötigt.

Der Fear & Greed Index, der die Emotionen (Angst und Gier) am Kryptomarkt misst, erholt sich leicht, aber signalisiert nach wie vor extreme Angst. Die Adaption von Bitcoin schreitet voran – jetzt mit der neuen Story von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel, wie es ursprünglich von Satoshi Nakamoto angedacht war.

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