Die Messe- und Eventbetreiberin hofft auf eine Normalisierung bis 2022. Das ist gar optimistisch.
Von den 24 eigenen Messen konnte MCH Group (MCHN 13.30 -0.75%) im letzten Geschäftsjahr nur gerade deren vier durchführen. Covid-bedingt mussten 75% der geplanten Veranstaltungen in Basel und Zürich abgesagt werden. Im Dienstleistungsbereich (Live Marketing Solutions, LMS) wurden im Vergleich zum Vorjahr anzahlmässig nur noch 30% der Projekte betreut.
Der Umsatz brach um 57,8% ein, das operative Ergebnis (Ebitda) war tiefrot, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn herausgeschaut hatte. Unter dem Strich blieb ein Verlust von 72,2 Mio. Fr. Die Kosten konnten unter anderem deshalb nicht noch weiter gesenkt werden, weil die Wiederaufnahme des Geschäfts stets unklar war und immer noch ist. «Wir konnten nicht produzieren und mussten trotzdem bereit sein für die Öffnung», sagte der abtretende Verwaltungsratspräsident Ulrich Vischer am Donnerstag an einer Telefonkonferenz.
Die Zahlen liegen innerhalb der von MCH im September in Aussicht gestellten Spannweite. Der Gewinn je Aktie ist mit –4.82 Fr. etwas besser als von FuW erwartet (–7 Fr.). Auch im laufenden Jahr rechnet das Management nochmals mit substanziell roten Zahlen. CEO Beat Zwahlen sagte: «Den Break-Even erwarten wir für 2022.»
Wann sich das Eventgeschäft vollständig normalisiert, ist weiterhin unklar. Das Unternehmen nimmt an, dass im ersten Halbjahr 2021 keine grossen Events stattfinden. Die Art Basel in Hongkong vom Mai etwa soll bloss ein regionaler Anlass werden. Vieles hängt vom Verlauf weiterer Pandemiewellen und vom Erfolg der Impfkampagnen ab. Die MCH-eigene Prognose einer Normalisierung im Jahr 2022 ist wohl etwas zu optimistisch.
Umso wichtiger, dass sich die finanzielle Situation des Konzerns etwas verbessert hat. Die flüssigen Mittel sind bedeutend höher als vor einem halben Jahr, was vor allem auf die Kapitalerhöhungen im Dezember zurückzuführen ist. Die Eigenkapitalquote hat sich ebenfalls erholt.
Aus dem Schneider ist die Messe- und Eventbetreiberin noch nicht, denn der Cash-Abfluss geht weiter. Die Hoffnungsträger in Form von Online Viewing Rooms der Art Basel sind laut CEO Zwahlen zwar profitabel, ihr Gewinnbeitrag ist im Vergleich zu den Live Events aber noch gering. Die Neuauflage einer Uhren- und Schmuckmesse ist ebenfalls in der Schwebe.
Zu möglichen Projekten, die auf der Initiative des neuen Grossaktionärs Lupa Systems beruhen, blieb das Management vage. Der Investor um James Murdoch war über die zweistufige Kapitalerhöhung eingestiegen und sitzt mit drei Vertretern im Verwaltungsrat. Den Verkauf von Unternehmensteilen hat VRP Vischer erneut ausgeschlossen: «Dafür wäre jetzt der allerdümmste Moment.»
Der Teilrückzug staatlicher Akteure, der höhere Streubesitz der Titel und die Neubesetzungen im VR machen die MCH-Aktien attraktiver für Anleger mit einem Zeithorizont weit über die Pandemie hinaus. Eine konkrete Zukunftsvision für das Messegeschäft ist aus heutiger Sicht aber nicht möglich.
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