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07:39 Uhr - 22.05.2015

Crowdfunding steckt in der Schweiz in den Kinderschuhen

Geld sammeln und investieren via Internet ist 2014 stark gewachsen, doch grosses Potenzial vor allem in der Kreditvermittlung für KMU liegt noch brach. Die BLKB will das im Sommer angehen.

Ein Kleinkredit für eine Weltreise, die Startfinanzierung eines jungen Unternehmens oder finanzielle Unterstützung für ein Konzert. Crowdfunding in der Schweiz wächst kräftig. 2014 wurden so hierzulande 15,8 Mio Fr. vermittelt, wie eine Studie der Hochschule Luzern zusammen mit der Swisscom (SCMN 555 0.36%) zeigt. Das entspricht einem Wachstum von 36% gegenüber den 11,6 Mio. Fr. im Jahr 2013. Seit 2011 hat sich das Volumen gar verfünffacht.

Beim Crowdfunding – auch Schwarmfinanzierung genannt – sammelt oder investiert der Nutzer über diverse Plattformen im Internet Geld. Dabei  werden vier Varianten unterschieden: Geld gegen Unternehmensbeteiligung (Crowdinvesting), Geld gegen Zins (Crowdlending), Geld gegen Güter oder Dienstleistungen (Crowdsupporting) und Geld ohne direkte Gegenleistung (Crowddonating). Das so vermittelte Kapital ging im vergangenen Jahr an 1078 Kampagnen.

Das Wachstum scheint beeindruckend. Doch: «Der Markt für Crowdfunding steckt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen», sagt Andreas Dietrich vom Institut für Finanzdienstleistung Zug, Co-Autor der Studie. Gemessen an den Pro-Kopf-Quoten liegt die Schweiz in Europa im Mittelfeld. An der Spitze weltweit stehen die USA, Grossbritannien und China. Für die Schweizer Studie haben die Forscher die Daten der fünfzehn im vergangenen Jahr aktiven Crowdfunding-Plattformen in der Schweiz ausgewertet. Mittlerweile haben auch diese ein Wachstum erfahren. Per Ende April sind insgesamt dreissig Firmen in diesem Bereich mit einer Niederlassung in der Schweiz aktiv.

BLKB als einzige Bank im Markt

Fast die Hälfte des Kapitals entfällt auf die Variante Crowdsupporting und -donating. 29% wurden unter Crowdinvesting gesammelt, 22% unter Crowdlending, wobei Letzteres mit einer Quote von 95% am schnellsten wuchs. Hier nahmen die finanzierten Kampagnen von 116 auf 214 und das zur Verfügung gestellte Volumen von 1,8 auf 3,5 Mio. Fr. zu. Im Vergleich zu den knapp 3,9 Mrd. Fr. an neu abgeschlossenen Konsumkreditverträgen 2014 ist der Markt für Crowdlending aber immer noch verschwindend klein. «Das Volumen wird sich massiv steigern, wenn auch Kredite für KMU via Crowdlending vermittelt werden», sagt Dietrich, «dafür braucht man als Vermittler aber fast eine Banklizenz.»

Die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) verfügt darüber und seit Ende 2014 als erste Bank in der Schweiz auch über eine eigene Crowdfunding-Plattform. «Im Sommer werden wir dann auch Crowdlending für KMU anbieten, bei dem wir eine Vermittlerrolle zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber einnehmen», sagt BLKB-Projektleiter Thomas Bieri. Bisher lief über die BLKB-Plattform Crowdsupporting in einem Volumen von 100’000 Fr.

Eine Frage der Generation

Der Bereiche Crowdsupporting und -donating legten 2014 in der Schweiz stark zu. 7,7 Mio Fr. flossen in 1434 Projekte, ein Wachstum von 85% im Vergleich zum Vorjahr. 2011 waren es erst 300’000 Fr. für 854 Kampagnen. Vor allem Kulturprojekte werden auf diese Art finanziert. Für 216 Musik-, Konzert- und Festivalkampagnen kamen 2014 knapp 1,5 Mio. Fr. zusammen. Die Kampagnen, die in Technologie, Business und Start-ups gingen, brachten 2014 ca. 1,5 Mio. Fr. ein. Dafür waren nur 40 Projekte nötig, für die durchschnittlich 36’600 Fr. vermittelt wurden.

Auch hier sehen die Autoren der Studie noch ein grosses Entwicklungspotenzial. «Organisationen, die zu einem guten Teil von Spenden leben, holen sie zumeist noch über den klassischen Weg ein», sagt Dietrich. Wenn sie für ihre Finanzierung Crowddonating-Plattformen anzapften oder selbst welche aufbauten, würde dieses Thema gewaltigen Schub bekommen, ist sich der Experte sicher.

Zurzeit zeigt sich beim Thema Crowdfunding aber auch noch ein Generationenunterschied. Daten der ersten Crowdfunding-Plattform der Schweiz, Cashshare, ergeben ein detailliertes Bild der Nutzer. Der durchschnittliche Darlehensnehmer ist demnach 38 Jahre alt, 76% sind Männer und über zwei Drittel Schweizer. 60% aller seit 2008 vermittelten Darlehen gingen an Personen unter 40 Jahren. Über 60-Jährige waren in nur 4% der erfolgreichen Projekte Darlehensnehmer.

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