Zurück zur Übersicht
12:56 Uhr - 12.01.2016

66% Zins in Hongkong

Hongkongs Banken verlangen untereinander einen Rekordzins, um sich über Nacht mit Offshore-Yuan auszustatten. Schuld daran ist wohl Chinas Zentralbank.

Der Zins, zu dem sich Banken in Hongkong über Nacht Offshore-Yuan leihen, ist am Dienstag auf über 66% gestiegen. Schon am Montag zeigten sich Stresssymptome am Markt für die in Hongkong gehandelte chinesische Währung, und der Zins kletterte über 13%. Gemessen wird der Overnight-Zins am Benchmark-Index Hibor (Hong Kong Interbank Offered Rate).

Die Verfünffachung des Hibor ist ein Zeichen für akute Liquiditätsknappheit. Der Interbankenmarkt ist unterversorgt mit dem Offshore-Yuan. Nun wird spekuliert, wie es dazu gekommen ist. Manche Beobachter fühlen sich schon an die Lehman-Krise 2008 in den USA erinnert oder an die Eurokrise 2011. Damals trauten sich die Banken gegenseitig nicht mehr. Der Overnight-Zins stieg, da sich die Banken nicht mehr sicher waren, ob die Gegenpartei das Geld am nächsten Tag tatsächlich würde zurückzahlen können.

Skepsis gegenüber Chinas Währung

Ein solches Misstrauen unter den Banken ist in Hongkong diesmal kaum der Auslöser des extrem hohen Zinses. Er hängt wohl eher mit der Divergenz zwischen dem auf dem Festland gehandelten Yuan (Onshore-Yuan) und dem Offshore-Yuan zusammen. Die zwei Wechselkurse gegenüber dem Dollar sind in den vergangenen Wochen immer weiter auseinandergegangen.

Der Offshore-Yuan wertete sich gegenüber dem Dollar deutlich schneller ab als der Onshore-Yuan. Während auf dem Festland die chinesische Zentralbank (People’s Bank of China, PBoC) den Wechselkurs eng kontrolliert und nur in einer Bandbreite schwanken lässt, konnte der Markt seine Skepsis gegenüber dem Wert der chinesischen Währung in Hongkong deutlicher ausdrücken. Nun ist die Lücke geschlossen, nachdem sich der Offshore-Yuan aufgewertet hat.

Am Markt wird nun vermutet, dass die PBoC dem Offshore-Yuan-Markt die Liquidität entzogen hat, um ihn aufwerten zu lassen – etwa indem sie über chinesische Banken massiv Yuan gegen Dollar in Hongkong aufgekauft hat.

Je höher der Zins, desto teurer wird es, gegen eine Währung zu spekulieren. Genau das dürfte das Ziel der Intervention der PBoC gewesen sein. Denn die Volksrepublik leidet unter Kapitalabfluss. Die Angst vor einer weiteren Abwertung könnte den Abfluss noch erhöhen, da Anleger nicht in einer Währung investiert sein wollen, die an Wert verliert.

Obwohl staatliche Vertreter betonen, dass der Yuankurs sich stabilisieren wird, sind Bankanalysten pessimistisch. Am weitesten hat sich die niederländische Rabobank aus dem Fenster gelehnt. Sie erwartet einen Kurs von 7.60 Yuan/$ zum Jahresende – das wäre eine Abwertung von über 20% zu heute.

Der Terminmarkt in Hongkong hat auf die jüngste Aufwertung des Offshore-Yuans nur wenig reagiert. Für Dezember 2016 erwartet der Markt gemäss Währungs-Futures einen Kurs von 6.94 Yuan/$.

Druck auf Hongkongs Banken

Die Finanzinstitute in Hongkong könnten durch den Stress am Offshore-Yuan-Markt unter Druck geraten. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg haben Banken diese Woche schon bei der Quasi-Zentralbank von Hongkong, der HKMA, nach mehr Liquidität angefragt. Der Handel mit China dürfte jedoch nicht unter den hohen Interbankenzinsen leiden, weil sich die Liquidität in Festlandchina nicht verteuert hat.

Die hohen Zinsen am Markt für Offshore-Yuan setzen hingegen dem Offshore-Geschäft mit Yuananlagen zu. Der bisherige Wachstumsmarkt könnte wegen der grossen Wechselkursschwankungen und der Erwartung einer weiteren Abwertung zum Erliegen kommen. Vergangenes Jahr ist die Ausgabe von Dim-Sum-Anleihen – Bonds, die in Offshore-Yuan begeben werden – schon um fast 40% gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.