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14:21 Uhr - 11.11.2014

Ernüchterung im Zockerparadies

Ein Rauchverbot, hohe Preise und das Auge des Staates verderben Besuchern in Macao die Freude am Glücksspiel.

Macao und seine Kasinos übertrafen mit ihrem Wachstum in den vergangenen Jahren sogar China, das eine weltweit einzigartige Dynamik durchlebt hat. Doch haben sich häufende Widrigkeiten den Trend in der wirtschaftlich autonomen chinesischen Selbstverwaltungsregion gebrochen. Im Oktober sind die Glücksspieleinkünfte den fünften Monaten in Folge gefallen und lagen 23% unter dem Vorjahreszeitraum.

Die Spielfreude wurde dabei nicht nur durch die Einführung eines Rauchverbots in den Kasinos, sondern auch infolge der politischen Spannungen im benachbarten Hongkong und vor allem auch der in Festlandchina wütenden Antikorruptionskampagne markant gedämpft. Noch ist der Sturm nicht überstanden. Anfang November sprach Macaos Finanzminister  Francis Tam Pak Yuen von einem schlimmeren Geschäftseinbruch als 2009, als sich wegen der globalen Finanzkrise die Kundschaft rarmachte. Die Glücksspiel­einnahmen gingen damals von einem Monat auf den anderen 17% zurück.

Kasinoaktien im Minus

Die Aktien aller sechs an der Börse Hongkong kotierten Kasinobetreiber haben auf die am 4. Oktober veröffentlichten Oktoberzahlen mit deutlichen Abgaben reagiert, so etwa Galaxy Entertainment Group mit einem zeitweisen Minus von beinahe 10%. Im ähnlichen Rahmen bewegten sich in den vergangenen Tagen auch die Titel von Sands China, Melco Crown oder auch SJM Holdings. Dank der Nachricht, dass Festlandchinesen ab dem 17. November erstmals in Hongkong kotierte Aktien erwerben dürfen, konnten die Kasinowerte allerdings teilweise verlorenes Territorium zurückgewinnen.

Aktionäre, die rechtzeitig eingestiegen sind, können die Verluste auf alle Fälle leicht verschmerzen. Die Galaxy-Titel etwa haben ihre Besitzer mit einem zeitweisen Kursgewinn von über 2000% beglückt. Der aktuelle Rückschlag heisst nicht, dass in Macao das Fest vorbei ist. Aaron Fischer, Analyst des chinesischen Brokerhauses CLSA, vergleicht die jetzige Lage vielmehr mit der «dunkelsten Nacht vor dem ersten Morgengrauen». Er geht davon aus, dass bereits im ersten Quartal 2014 eine Erholung einsetzen wird.

«Wir setzen mittelfristig weiterhin auf Macao, doch da die Nachrichtenlage vorderhand eher schlecht bleibt, ist fürs Erste mit dem Kauf von Kasinoaktien zu warten», sagte Fischer vor Kurzem an einer Investorenkonferenz. Sein zurückhaltender Optimismus gründet auf anstehende Kapazitätserweiterungen, durch die gegenwärtige Engpässe vor allem im Massengeschäft überwunden werden können.

Macao wurde in gewisser Weise Opfer des eigenen Erfolgs. Denn das Angebot konnte mit der stürmischen Nachfrage nicht mehr Schritt halten. In den vergangenen zehn Jahren sind rund 40 Mrd. $ in neue Kasinos, ihnen angeschlossene Hotels und Einkaufspaläste investiert worden. Doch lag in der ersten Hälfte 2014 die Hotel- und  Spieltischauslastung bei fast 100%. Entsprechend nach oben geschossen sind die Preise, die sich mittlerweile als abschreckend erwiesen haben. Doch dürfte in den kommenden Monaten und Jahren auch das Spiel von Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht kommen, wenn neue Kapazitäten auf den Markt gelangen.

Der Sturm kam für die Branche allerdings nicht aus heiterem Himmel. So war das Rauchverbot in den Kasinos, das vielen Zockern die Spielfreude verdorben hat, seit Längerem angekündigt. Überrascht hat allenfalls die schnelle Aneinanderreihung der schlechten Nachrichten. Ein erster Schock war das Vorgehen gegen den illegalen Gebrauch von Kreditkarten zum Geldtransfer vom Festland nach Macao. Mit Duldung von Läden, Pfandhäusern und Kasinos umgingen so viele Glücksspieler die strengen Kapitalausfuhrbestimmungen. Peking ist mittlerweile gegen diese Form der Geldwäscherei eingeschritten.

Kampf gegen die Korruption

Verunsichert wurden die Spieler auch von dem Gerücht, ein Chunked Operator – das sind Reiseveranstalter, die den Spielern auch Geld vorstrecken – sei  mit einer grossen Geldsumme verschwunden. Am abträglichsten für das Geschäft erwies sich die von Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping Ende 2013 lancierte Kampagne gegen die Korruption. Viele Chinesen scheuen sich seither, Reichtum öffentlich zur Schau zu stellen. Das hat vor allem das oberste Spielsegment betroffen, wo besonders hohe Risiken eingegangen werden.

Am meisten ins Gewicht gefallen ist allerdings der Massenmarkt, der im Oktober ein Minus von 8% verzeichnete. Das war nicht nur eine späte Reaktion auf die hohen Preise, sondern vor allem auch auf die Unruhen in Hongkong. Infolge der erhöhten Spannungen im Territorium hat die chinesische Regierung Pauschalreisen von Festlandchinesen temporär suspendiert. Viele Touristen nutzten in den vergangenen Jahren einen Besuch in Hongkong für einen Abstecher nach Macao. Diese Kunden fehlen heute besonders.

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