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15:47 Uhr - 12.04.2016

China belastet den Kupferpreis

Die schwächelnde Nachfrage aus der Volksrepublik dürfte den Kupfermarkt auch dieses Jahr belasten.

Die Erholung des Kupferpreises steht auf wackligem Fundament. Seit dem Tief Mitte Januar bei 4318 $ pro Tonne ist der Preis des Industriemetalls zwischenzeitlich mehr als 20% gestiegen. Der fünfjährige Abwärtstrend, bei dem Kupfer mehr als die Hälfte an Wert einbüsste, schien gestoppt. Doch die Aussichten bleiben durchzogen.

zoomIndustrievertreter sind skeptisch, dass sich der Markt beruhigt und der Preis weiter ansteigt, wie sie an der globalen Kupferkonferenz in Santiago de Chile zu Beginn des Monats äusserten. Noch weiter geht die Studie der auf Metalle spezialisierten Analysten von GFMS. Sie kommt zum Schluss, dass der Kupferpreis den Boden noch nicht erreicht hat. Der wichtigste Grund für die Unsicherheit am Markt ist gemäss GFMS die abnehmende Nachfrage des grössten Absatzmarkts China. Dagegen dürften die Produktion und das Angebot auch 2016 weiter steigen. Bereits vergangenes Jahr resultierte eine globale Überproduktion von gut 1,5% oder 363 000 Tonnen.

Stagnierende Nachfrage

Mit zunehmender Industrieleistung steigt der Kupferbedarf. Denn das Metall findet dank seiner guten elektrischen und thermischen Leitfähigkeit nicht nur in der Automobilindustrie und im Häuserbau Verwendung, sondern auch in der Elektronik und Telekommunikation. Knapp die Hälfte des weltweit geförderten Kupfers wird in chinesischen Häusern, Autos und Hightechprodukten verbaut. Damit ist China mit Abstand der grösste Kupferverbraucher. Während die Nachfrage nach dem Industriemetall in den westlichen Industrienationen zwischen 2000 und 2015 rückläufig war, ist sie in der Volksrepublik im Schnitt um 12% jährlich gewachsen. Von 2002 bis 2011 stieg der Preis trotz des Einbruchs infolge der Finanzkrise von 1500 $ auf mehr als 10 000 $ pro Tonne.

Doch nun stagniert die Nachfrage nach dem roten Metall auch in China. Das auf Kupfer spezialisierte Forschungsinstitut CRU hat die Wachstumsprognose des chinesischen Kupferbedarfs für 2016 von 3,8% auf 0,6% gesenkt. Ursache dafür ist die schwächelnde Industrie der Volksrepublik, die gemäss der Einkaufsmanagerumfrage von Markit seit einem Jahr schrumpft. Die sich abkühlende Bautätigkeit und die rückläufigen Investitionen in der Elektrizitätsinfrastruktur wirken sich negativ auf den Verbrauch von Kupfer aus.

Der jüngste Preisanstieg soll vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die chinesischen Kupfervorräte an der Shanghai Futures Exchange im März auf einem Rekordwert von gegen 400 000 Tonnen notierten. Das entspricht einer Verdoppelung seit Jahresbeginn.

Insgesamt bleibe die Situation in China unsicher, sagte Finanzchef Erwin Faust  von Aurubis, dem grössten europäischen Kupferproduzenten, bei der Konferenz in Santiago de Chile gegenüber der «Financial Times». Die schwache Nachfrage in der Volksrepublik sorge momentan für grosse Nervosität am Markt.

Chiles Produzenten leiden

zoomDer bremsende Einfluss Chinas auf den Kupfermarkt belastet die Förderstaaten. Allen voran Chiles Wirtschaft, die mehr denn je vom Kupfer und der Industrieleistung der Volksrepublik abhängig ist. Chile produziert knapp ein Drittel des weltweiten Angebots, wovon der grösste Teil exportiert wird. 2015 entfiel gut die Hälfte der chilenischen Ausfuhren auf Kupferprodukte. Der tiefe Preis stellt das Land vor wirtschaftliche und politische Herausforderungen. So verzeichnete der chilenische Staatsbetrieb und weltgrösste Kupferproduzent Codelco vergangenes Jahr einen Rekordverlust von 1,4 Mrd. $. In der Folge kündigte Codelco-CEO Nelson Pizarro an der Kupferkonferenz in Santiago de Chile Kostensenkungen im Umfang von 6 Mrd. $ über die nächsten fünf Jahre an. Damit werde das Unternehmen die Fördermenge bis 2040 um 13% senken.

Politische Versprechen, die Arbeitsplätze im wichtigen Bergbausektor zu sichern, werden aber auch weiterhin die Schliessung kapitalintensiver oder gar unprofitabler Minen behindern. Zudem befinden sich die Kupferproduzenten in einem Gefangenendilemma: Keiner will als erster den Abbau drosseln. Das erschwert die notwendige Förderreduktion. Laut den Experten von GFMS wird die anhaltende Überproduktion den Kupferpreis und die Gewinne der Förderer auch im laufenden Jahr drücken.

Keine Preiserholung in Sicht

Für die künftige Preisentwicklung hat GFMS in Abhängigkeit von der chinesischen Nachfrage und der Entwicklung der Fördervolumen drei Szenarien entworfen. Angesichts der negativen Signale aus China ist das «Wachstumsszenario» mit einer schneller zunehmenden chinesischen Nachfrage und einem durchschnittlichen Preis von 5500 $ für 2016 kaum realistisch. Wahrscheinlicher ist eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, was sich gemäss GFMS in einem Durchschnittspreis unter 4850 $ äussern würde.

Ein ähnliches Szenario zeichnet Diego Hernández, CEO des chilenischen Bergbaukonzerns Antofagasta (ANTO 446 1.02%), an der Konferenz in Santiago de Chile. Der Preis werde auch in den kommenden zwei Jahren nicht über 5000 $ pro Tonne steigen. Die dafür notwendigen Produktionskürzungen seien bisher ausgeblieben.

Goldman Sachs (GS 153.345 0.75%) erwartet gar einen deutlichen Preisrückgang auf durchschnittlich 4339 $ dieses Jahr und 4000 $ für 2017. Eine mittelfristige Abnahme auf 4000 $ schliessen auch die Analysten von Barclays (BARC 155.4 0.97%) nicht aus. Insgesamt fehlen für eine nachhaltige Erholung des Kupferpreises gute Fundamentaldaten.

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