Steigende Zinsen werden der Privatbank Rückenwind bescheren. Wachstum setzt sich fort, Aktien sind kaufenswert.
Die Aufräumarbeiten und Sparübungen der letzten Jahre zahlen sich aus. Kombiniert mit einem zuträglichen Markt- und Börsenumfeld verhilft das der im Besitz der griechischen Familie Latsis stehenden Privatbank zu einem überzeugenden Geschäftsjahr 2021. Gewinn, Ertrag und verwaltete Vermögen legten über Erwarten stark zu. Für das laufende Jahr rechnet die EFG-Führung um CEO Giorgio Pradelli damit, dass die Bank zusätzlich vom steigenden Zinsumfeld profitieren wird.
Der gute Geschäftsgang veranlasst EFG (EFGN 7.40 +4.08%), die Dividende für 2021 um ein Fünftel auf 0.36 Fr. pro Aktie anzuheben. Das lässt die Papiere mit rund 5% rentieren. Die Kursentwicklung spiegelt die operativen Fortschritte der Bank bislang aber nicht adäquat: Die Titel notieren im laufenden, turbulenten Börsenjahr rund 4% im Plus, konnten aber auf Zwölfmonatssicht nicht viel mehr zulegen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (2022) von 10 und einem Kurs-Buch-Verhältnis von 1,1 sind sie attraktiv bewertet.
Günstiges Zinsumfeld
Besonders die verwalteten Vermögen erhöhten sich überdurchschnittlich stark und wuchsen im Berichtsjahr 8,3% auf 172 Mrd. Fr. Dabei ist die eine Hälfte des Wachstums der Dynamik an den Kapitalmärkten, die andere neuen Kundengeldern zuzuschreiben. Mit 8,8 Mrd. Fr. hat EFG so viel frisches Geld wie seit zehn Jahren nicht angezogen. Besonders die Schweiz, Italien und Grossbritannien stechen hier heraus. Negativ wirkten sich indes die Vermögensabflüsse wegen der Devestitionen von Geschäftsbereichen im Tessin und Frankreich aus.
Der Geschäftsertrag entwickelte sich mit einem Plus von 6,3% auf 1,19 Mrd. Fr. ebenfalls positiv und gibt ein gutes Bild über den operativen Geschäftsverlauf ab. Insbesondere die Kommissionseinnahmen aus dem Mandats- und Fondsgeschäft erhöhten sich mit fast einem Viertel ausserordentlich stark. Gemäss Finanzchef Dimitris Politis, der zum stellvertretenden CEO ernannt wurde, könnten die steigenden Zinsen im laufenden Jahr einen Umsatzbeitrag von zusätzlich 115 Mio. Fr. oder rund einem Zehntel der Gesamteinnahmen leisten.
Gewinnsprung
Auffällig ist die hohe Profitabilität. Diese konnte sich auch dank einer verkleinerten Kostenbasis deutlich verbessern. Sparmassnahmen und die Straffung der geografischen Präsenz halfen, das Kosten-Ertrags-Verhältnis von zuvor rund 83% auf deutlich unter 80% zu drücken. Durch die operative Hebelwirkung vergrösserten sich die Einnahmen deutlich stärker als die Kosten. Das führte zu einem um ein Viertel höheren Betriebsgewinn von 237 Mio. Fr. Unter dem Strich resultierte ein fast 80% höherer Gewinn von 206 Mio. Fr.
Dieser enthält jedoch auch einen bedeutenden Gewinnbeitrag aus einem Lebensversicherungsportfolio, das EFG verwaltet. Um diesen Sondereffekt bereinigt hätte sich der Gewinn aber noch immer um 47% auf knapp 168 Mio. Fr. erhöht. Die Bank trägt noch immer ein altes Versicherungsportfolio mit sich, das regelmässig für juristische Probleme gesorgt und immer wieder mit Sonderkosten verbunden war.
Mehr Potenzial
Abgesehen von den Altlasten spricht wenig gegen eine Forstsetzung der robusten Geschäftsentwicklung der Bank. CEO Pradelli stellt aktuell ein starkes Momentum und hilfreiche Makro-Trends fest, trotz volatilen Märkten. Er räumt jedoch ein, dass die Visibilität aktuell nicht gut sei, auch angesichts der herrschenden geopolitischen Spannungen.
Am 12. Oktober will die Privatbank einen neuen strategischen Plan, der bis ins Jahr 2025 reicht, vorstellen. Mit Blick auf Bewertung und Aussichten bieten die Aktien von EFG trotz ihrer beschränkten Liquidität derzeit mehr Potenzial als jene von Konkurrenten wie Julius Bär (BAER 56.14 +0.50%) oder Vontobel (VONN 77.80 +0.19%).
Die komplette Historie zu EFG finden Sie hier. »
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