Der Sell-off von Anfang September hat den Preis für Bitcoin kurzzeitig unter das Niveau von 10'000 $ gezogen.
Der Preis von Bitcoin (Bitcoin 10163 -3.24%) bewegte sich im August mehrheitlich innerhalb einer Bandbreite von 11’200 bis 11’750 $. Anfang September durchbrach er die Marke von 12’000 $, worauf er aber einbrach und die Marken von 11’000 $ und 10’000 $ unterschritten wurden. Die 10’000-$-Schwelle konnte sich jedoch als Unterstützung etablieren.
Die Spekulationen über den Ursprung des Sell-off sind in vollem Gang. Die Summe von Bitcoin, die von Mining Pools zu Kryptobörsen transferiert werden, hat sich in der Vergangenheit als guter Indikator erwiesen. Auch vor der letzten Korrektur wurden deutlich mehr Bitcoin zu Börsen transferiert. Die fundamentale Stimmung der Anleger hat möglicherweise von Risk on zu Risk off gewechselt. Auch der S&P 500 (SP500 3426.96 -0.81%) sowie der Dow Jones (Dow Jones 28133.31 -0.56%) Industrial Average Index korrigierten Ende der Woche.
Steuern und Prämien in Bitcoin
Kann ich meinen Kaffee (Kaffee 131.705 0.04%) mit Bitcoin zahlen? Das ist eine oft gestellte Frage mit einer versteckten Prise Kritik an den Verwendungsmöglichkeiten von Bitcoin – ausser der reinen Preisspekulation. Die Schweiz stärkt ihre Vorreiterrolle in Sachen Kryptos und Blockchain-Technologie mit zwei Novums. Heinz Tännler, Finanzdirektor des Kantons Zug, hat bekannt gegeben, dass die kantonalen Steuern fortan mit Kryptowährungen, konkret Bitcoin und Ethereum, bezahlt werden können.
Diese beiden Kryptowährungen will auch die Krankenkasse Atupri akzeptieren. Atupri und der Kanton Zug setzen für die Umsetzung auf die Gesellschaft Bitcoin Suisse, die als Bitcoinpionierin im Crypto Valley die Anwendung von Kryptos seit Jahren weltweit fördert. Langsam kommt die Adaption.
Coinify, Galaxus, der grösste Schweizer Onlineshop, und Sygnum, die weltweit erste Digital-Asset-Bank, haben die weltweit erste E-Commerce Transaktion mit einem bankemittierten Stablecoin vollzogen, dem Digital Swiss Franc (DCHF), der den Franken eins zu eins spiegelt. Der Vorteil des Stablecoin als Zahlungsinstrument sind die Transaktionsabwicklung in Echtzeit, die tieferen Kosten und die kleinere Betrugsgefahr, da keine Kreditkarten- und Zahlungsfirmen involviert sind. Die Zahlung wird direkt zwischen beiden Parteien abgewickelt, ohne dass Intermediäre involviert sein müssen.
Kryptos aus Gas
Neben der Schweiz scheinen langsam, aber sicher auch weitere Länder das Potenzial einer starken einheimischen Krypto- und Blockchain-Industrie zu realisieren. In Kasachstan sollen über 700 Mio. $ in die Kryptoindustrie mit dem Fokus auf Krypto-Mining investiert werden. Das Ziel ist, die eigene Wirtschaft zumindest teilweise von der Ölabhängigkeit zu lösen. Nach eigenen Angaben verantwortet das Land bereits 6% des weltweiten Krypto-Mining-Angebots, was auf die relativ niedrigen Stromkosten zurückzuführen ist.
Der Krypto-Mining-Sektor hat eine hohe Abhängigkeit vom Strompreis: Umso tiefer dieser ist, umso profitabler ist der Mining-Betrieb. Beim Extrahieren von Öl aus dem Boden entweicht oftmals Erdgas (Erdgas 1.823 -3.75%) als Beiprodukt, das abgefackelt wird. Equinor (EQNR 138.35 -0.32%), eines der weltweit grössten Energieunternehmen, ist aus diesem Grund mit dem Start-up Crusoe Energy Solutions ein Joint Venture eingegangen.
Statt dass die wertvolle Ressource Erdgas sinnlos verbrannt und damit die globale CO2-Bilanz erhöht wird, wird das Ergas mit der Technologie des Start-up in billigen Strom gewandelt, der für das Schürfen von Kryptos genutzt wird. «Digital Flare Migration» lautet der Begriff aus dem Englischen dafür, es offeriert eine Win-Win-Situation für Produzenten und Investoren bei gleichzeitiger Reduktion des CO2-Fussabrucks. Equinor leistet gerade Pionierarbeit in der Bakken-Formation.
Abkühlung im DeFi-Markt
Das Momentum im Markt für Decentralised Finance (DeFi) hat den ersten Dämpfer erfahren. Der Total (FP 33.085 1.16%) Value Locked (TVL), die aktuelle Messlatte für die Adaption, beträgt zurzeit 7,5 Mrd. $. Das entspricht seit Mai immer noch mehr als einer Versiebenfachung. Verglichen mit dem Höchststand von 9,5 Mrd. $ am 2. September errechnet sich jedoch ein Rückgang von über 20%.
Bloss einige Tage vor der Korrektur lag das tägliche Handelsvolumen bei der dezentralen Kryptobörse Uniswap über dem von Coinpase Pro, einem der führenden zentralen Pendants. Die höheren Handelsvolumen waren wohl auf die Lancierung von Sushiswap zurückzuführen, einem ungeprüften und nicht testierten Protokoll für Sushi Tokens (SUSHI) voller toller Versprechungen. Am 5. September führte der Gründer (Chef Nomi) seinen «Exit Scam» aus und kassierte mehrere Millionen. Der Yam-Farmer-Kollaps vor einigen Wochen und nun der SUSHI Exit Scam sollten als Schuss vor den Bug verstanden werden.
Das spiegelt sich nun auch im Fear & Greed Index, der mit einer simplen Zahl die Emotionen und die Sentiments des Kryptomarktes misst. Er stand in den letzten Wochen durchgehend auf starker Gier. Die letzten Tage hat sich das Sentiment der Kryptoinvestoren geändert, der Fear & Greed Index steht nun auf Fear, also Angst. Der Stimmungswechsel ging mit einem Sell-off an Kryptomärkten einher – was allerdings auch Kaufgelegenheit kreieren kann.
Fidelity gibt Schub
Fidelity Investments hat die US Securities and Exchange Commission (SEC) über einen neuen Bitcoinfonds informiert. Der bislang nicht öffentlich bekannte Fonds wurde dieses Jahr unter dem Namen Wise Origin Bitcoin Index Fund I aufgesetzt und wird aus Boston verwaltet. Das Minimuminvestment beläuft sich auf 100’000 $.
Der Fonds setzt auf die langsam wachsende Nachfrage von institutionellen Investoren in Europa und den USA. Eine kürzlich von Fidelity veröffentlichte Studie unter 800 Institutionellen zeigt, dass 36% bereits in Kryptos investiert sind. Eine deutliche Mehrheit, 60%, sieht Kryptos in absehbarer Zeit als Bestandteil ihres Portfolios.
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