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11:52 Uhr - 07.10.2014

HP-Chefin: Die Eiserne Lady der IT-Industrie

Meg Whitman führt Hewlett-Packard mit harter Hand. Lange hat sie sich gegen eine Aufspaltung des Traditionskonzerns gewehrt – jetzt hält sie die Zeit offenbar für gekommen.

Eben noch plädierte Meg Whitman leidenschaftlich gegen eine Spaltung von Hewlett-Packard (HPQ 36.87 4.74%). Jetzt leitet sie sie selbst ein. Seit ihrem Wechsel an die Spitze des noch weltweit grössten IT-Konzerns hat sich die Industrie verändert – und zugleich auch HP selbst. «Eine Aufspaltung wie diese hätten wir ohne die Arbeit der vergangenen drei Jahre nicht in Betracht ziehen können», erklärte Whitman am Montag  in einem Interview.

HP ist in Zeiten von Facebook (FB 77.555 0.15%), Twitter (TWTR 53.49 -0.83%) & Co. zu so etwas wie einem IT-Dinosaurier geworden. Das Unternehmen hat den Ruf, immer etwas zu spät dran zu sein – auch jetzt mit der Aufspaltung. Daran tragen auch die Turbulenzen an der Spitze Schuld: Carly Fiorina musste 2005 gehen, sie galt als Sonnenkönigin. Ihr Nachfolger Mark Hurd verzeichnete einige Erfolge, wurde aber wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung 2010 geschasst. Ihm folgte Léo Apotheker: eine Managementkatastrophe, die schon ein Jahr später rausflog.

Seit 2011 führt die 58-jährige Whitman das Unternehmen nun mit strenger Hand. Whitman versprach am Montag auch, der nächste CEO werde aus den eigenen Reihen kommen – nicht von aussen, mit steiler Lernkurve auf Kosten des Konzerns.

Eliteuniversitäten Princeton und Harvard

Bei ihrem Antritt vor drei Jahren gab sie die Marschrichtung vor: «Es wird ein grösserer Umbau stattfinden, als es jemals einen in diesem Unternehmen gegeben hat.» Sie hat Wort gehalten. Lange schraubte Whitman unter der Haube – nach aussen war wenig zu spüren. HP  hat das Produktportfolio verschlankt, ist schneller geworden, wenn es darum geht, Produkte auf den Markt zu bringen. Doch es blieben Grossbaustellen. Rivale IBM (IBM 189.04 0.2%) hat zur rechten Zeit problematische Bereiche wie Drucker oder Computer abgestossen. HP schlägt sich noch damit rum – in Zeiten, in denen der PC-Markt so schlecht läuft wie nie zuvor.

Aber Whitman hat bewiesen, dass sie das grosse Schiff HP steuern kann. Dabei hat sie ihre Lorbeeren in der IT-Industrie bei der viel kleineren E-Commerce-Gesellschaft eBay verdient. Dort startete sie im März 1998, als die Online-Auktionsplattform dreissig Angestellte hatte. Zum Vergleich: HP kommt trotz grossem Personalabbau noch immer auf rund 300 000.

Whitman hat an den Eliteuniversitäten Princeton und Harvard studiert. Ihre Karriere ist bunt: Sie startete 1979 als Markenverantwortliche bei Procter & Gamble. Anschliessend ging sie in die Beratung zu Bain & Company. Bei Walt Disney (DIS 88.56 0.12%) war sie Ende der Achtzigerjahre zuständig für strategische Planung. Nach zwei Jahren wechselte sie zum Schuhvermarkter Stride Ride, Mitte der Neunziger zum Blumenversender Florists’ Transworld, darauf zu Hasbro. Eine ihrer Aufgaben dort: Sie brachte die Kinderserie «Teletubbies» in die USA.

Wohlhabende Frau

Ihre Laufbahn verstetigte sich erst mit dem Ruf zu eBay. Sie steigerte die Zahl der Angestellten von 30 auf 15 000, den Umsatz von 4 Mio. auf 8 Mrd. $. Als sie das Unternehmen 2007 verliess, blieb für den Nachfolger John Donahoe einiges zu tun: Das Wachstum hatte sich deutlich verlangsamt. «Interessant, dass eBay vor eine Woche die Abspaltung von PayPal beschlossen hat», sagt Whitman nun. Der Kauf des Online-Bezahldienstleisters vor zwölf Jahren gilt als ihr Werk.

Das Engagement bei eBay hat Whitman zu einer wohlhabenden Frau gemacht. Ihr Vermögen schätzt «Forbes» auf 2 Mrd. $. Die finanzielle Unabhängigkeit sollte ihr den Weg in die Politik ebnen. Sie hätte Chancen auf den Posten der Finanzministerin gehabt – setzte allerdings auf die Republikaner, nicht die siegreichen Demokraten. Bei der Gouverneurswahl im Bundesstaat Kalifornien versuchte sie es auch. Sie investierte so viel Geld aus ihrem Privatvermögen wie kein Kandidat zuvor – erfolglos. Mit dem Engagement bei HP ist sie in die berechenbarere Unternehmenswelt zurückgekehrt. Künftig leitet sie den Teil des Konzerns, der für die Geschäftskunden zuständig ist.

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