Zurück zur Übersicht
12:04 Uhr - 30.09.2015

Das Deflationsungeheuer ist zurück

Die Turbulenzen am Aktienmarkt gehen einher mit zunehmender Deflationsangst. In der Eurozone ist die Teuerungsrate im September auf –0,1% gefallen.

«Wenn Inflation ein Flaschengeist ist, dann ist Deflation ein Ungeheuer, das es entschieden zu bekämpfen gilt», sagte IWF-Chefin Christine Lagarde letztes Jahr in einer Rede in Washington. Die Weltwirtschaft sei noch viel zu schwach, als dass wir ein Entweichen des Flaschengeistes fürchten müssten. Die Inflationsraten seien in den meisten grossen Volkswirtschaften unter der Zielrate. Das Risiko einer Deflation sei gestiegen. Fallende Preise auf breiter Front wären für die Weltwirtschaft verheerend.

Seither ist das Deflationsungeheuer mehrmals in Erscheinung getreten und hat sich dann wieder verzogen. Den Höhepunkt erreichte die Deflationsangst Ende 2014, als die Teuerung in weiten Teilen Europas negativ wurde. Nach einer kurzen Entspannung gehen die Teuerungsraten in den Industrieländern wieder Richtung Nullpunkt oder darunter, besonders in Europa.

In Deutschland ist die Inflation seit Mai von 0,3 auf 0% gefallen. Der Index der Konsumentenpreise hat sich im Vergleich zum Vorjahresmonat also nicht mehr verändert.
Deutschland
Quelle: Bloomberg

Spanien ist schon seit August wieder in der Deflation. Im September brach die Inflationsrate auf –0,9% ein. Die Deflation ist schon fast wieder so ausgeprägt wie zu Beginn des Jahres.
Spain
Quelle: Bloomberg

In der gesamten Währungsunion hat der Druck auf die Preise zugenommen. In der Eurozone ist die Inflationsrate im September auf –0,1% gefallen.

Eurozone
Quelle: Bloomberg

Die rückläufigen Inflationsraten spiegeln zum einen die fallenden Rohwarenpreise. Nicht nur der Ölpreis ist auf das Tief vom Januar zurückgefallen, auch die Preise für Weizen (Weizen 115.5 0%) und Milchprodukte sind im Sinkflug. So beträgt die sogenannte Kerninflation – das ist die Teuerung ohne die Preise für Energie, Nahrungsmittel, Tabak und Alkohol – in der Eurozone 0,9%. Seit zwei Jahren schwankt sie zwischen 0,6 und 0,9%.

In den USA beträgt die Konsumentenpreisinflation noch 0,2%. Der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben ohne Energie- und Lebensmittelpreise, den die US-Notenbank als Zielgrösse verwendet, beträgt 1,3%. Doch auch in den USA sind die Inflationserwartungen in den vergangenen Monaten deutlich nach unten gekommen. Das zeigt der Rückgang der Break-even-Inflation über zehn Jahre. Sie wird als Differenz zwischen den Renditen zehnjähriger normaler Staatsanleihen und zehnjähriger inflationsgeschützter Anleihen berechnet und bildet die am Bondmarkt erwartete durchschnittliche Inflation der kommenden zehn Jahre ab. Sie ist diese Woche auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise gefallen.

BEI
Quelle: Bloomberg

Negative Teuerungsraten sind per se kein Grund zur Sorge. Im Gegenteil: Sie erhöhen die Kaufkraft der Konsumenten. Problematisch wird es allerdings, wenn sie in einer Phase der Verunsicherung mit schwachem Wirtschaftswachstum auftreten und Konsumenten beginnen, auf niedrigere Preise zu warten. Besonders bedrohlich ist die Deflation für verschuldete Volkswirtschaften, da der Schuldenberg nominal feststeht, während alle anderen Grössen wie Preise, Einkommen und Steuereinnahmen sinken.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.