Ein Londoner Short-Seller wettet gegen den Bankensoftware-Spezialisten. Temenos-Aktien knicken ein.
Es trifft keinen Sanierungsfall wie Aryzta (ARYN 1.0035 -2.19%) oder Meyer Burger (MBTN 0.3734 2.75%). Dieses Mal hat es einen Börsenliebling unter den Mid Caps erwischt: Temenos (TEMN 148.85 -2.14%) ist ins Visier eines Londoner Leerverkäufers namens Shadowfall geraten.
Short Seller verdienen Geld, indem sie auf fallende Aktienkurse wetten. Sie sind also daran interessiert, eine Aktie schlecht zu reden. Als der Hedge Fund am Montag einen kritischen Blogeintrag über den Genfer Bankensoftware-Spezialisten publizierte, sackten die Papiere 4% ein und verloren am Dienstag weitere 2,1%. Zu 148.85 Fr. gingen Temenos aus dem Handel.
Shadowfall hat das Augenmerk des Marktes auf die Achillesferse von Temenos gelenkt, die exorbitante aktienbasierte Vergütung. Die Leerverkäufer haben errechnet, dass Temenos-Manager seit 2013 Aktien im Gegenwert von 809,5 Mio. $ verkauft und für nur 10,7 Mio. $ zugekauft haben. Dass die Temenos-Oberen die Aktien verkaufen, sobald die Sperrfrist ablaufe, sei nicht vertrauensbildend. Demgegenüber stünden Aktienrückkäufe in Höhe von 630,6 Mio. $. Durch das Bonusprogramm entstehe Aktionären eine künftige Schuld in Höhe von 546 Mio. $. Diese sei als solche aber nicht ausgewiesen.
ShadowFall Fund is short Temenos AG, $TEMN
BRAVADO BUYS AND UNREMITTING SALES – ShadowFall Research
We believe that Temenos’ SARs arrangement to reward its employees, enables it to flatter its P&L, operating and free cash flow. https://t.co/sgQhocc9ac
— ShadowFall (@ShadowFallCR) January 13, 2020
Weil die Langfristboni in Aktien vergeben und damit nicht cashwirksam sind, werden sie nicht über die Erfolgsrechnung ausgewiesen. Dadurch sind die Kosten nicht sichtbar. Sowohl der operative Cashflow wie auch der adjustierte Betriebsgewinn sehen damit besser aus, als sie es wären, wenn die Boni in Cash ausgezahlt würden. Das Aktienprogramm werde zudem von den Aktienrückkäufen gedeckt: Zurückgekaufte Titel werden als Bonus-Aktien wieder ausgegeben. Dadurch verpuffe der Effekt der Rückkäufe, da der Gewinn auf eine nicht wesentlich kleinere Anzahl Aktien verteilt werde.
Temenos‘ sportliche Vergütungspraxis ist nicht neu und ähnlich auch bei anderen Tech-Unternehmen anzutreffen. 2019 meldete Temenos bei der SIX Aktienverkäufe von rund 33 Mio. Fr. Zukäufe gab es für 9 Mio. Fr., teils im Rahmen des Bonusprogramms. Dass sich die Temenos-Manager fürstlich entlohnen lassen, nehmen die Aktionäre bisher willig in Kauf, zumal auch sie von massiven Kursgewinnen profitieren konnten. Seit 2013 haben sich Aktien im Wert verneunfacht.
Die Vergütung bei Temenos ist zweifelsohne exzessiv. Das ist aber kein Vergehen. Die Verbuchungspraxis bewegt sich im Rahmen des Erlaubten. Und auch dass der adjustierte Ebit durch finanzielle Ingenieurskunst ein Stück weit beeinflusst werden kann, ist akzeptierte Praxis. Temenos dürfte also mit einem Streifschuss davonkommen – solange das Softwarehaus so gut performt wie in den letzten Jahren. Sollten die Genfer wie im letzten Quartal weiter enttäuschen, werden Anleger ungnädiger reagieren und auch die überrissenen Löhne stärker anprangern.
Die komplette Historie zu Temenos finden Sie hier. »
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