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11:51 Uhr - 07.03.2016

Mit Pioniergeist und Ehrgeiz an die Spitze

Jörg Wolle gilt als Asienspezialist und als durchsetzungsstark. Der CEO von DKSH wird Verwaltungsratspräsident, erst von Kühne + Nagel, 2017 auch von DKSH.

Der schweizerisch-deutsche Doppelbürger Jörg Wolle ist sozusagen Herr DKSH (DKSH 65.95 -0.83%). «Eine treibende Kraft hinter dem erfolgreichen Wachstum» des auf Asien ausgerichteten Dienstleistungsunternehmens, wie die Bank Vontobel (VONN 45.3 -0.88%) fast untertreibend schreibt. Es ist konsequent, dass Wolle, der als Delegierter bereits im Verwaltungsrat von DKSH sitzt, nun zum künftigen Präsidenten des Gremiums bestimmt worden ist. Der Wechsel in das oberste Unternehmensamt soll im Verlauf des Jahres 2017 erfolgen.

Beim Logistikkonzern Kühne + Nagel soll Wolle bereits an der nächsten Generalversammlung am 3. Mai das Amt als VR-Präsident übernehmen, nachdem er bisher als einer von zwei Vizepräsidenten fungiert hat.

Damit ist der 59-Jährige endgültig in höheren Sphären des schweizerischen Wirtschafts-Establishments angekommen. Aufgewachsen ist Wolle in der ehemaligen DDR, wo er an der Technischen Universität Chemnitz studierte und in Maschinenbau doktorierte. Bei seiner ersten Reise in den Westen sprang er im März 1988 im Stuttgarter Bahnhof vom anfahrenden Zug, der ihn wieder in den Osten hätte bringen sollen. 1991 trat er ins Handelshaus SiberHegner ein, in Hongkong als Verkaufsleiter. Er arbeitete sich dort die Karriereleiter empor.

Die Asienkrise brachte das Unternehmen dann an den Rand des Ruins: Wolle wurde an die Spitze einer Task Force berufen. Nach erfolgreicher Wiederbelebung von SiberHegner übernahm er Anfang 2000 das Steuer als CEO.

«Mit anderen forcierte er die Fusion von Diethelm Keller und SiberHegner im 2002», so die Bank Vontobel. Mit diesem Zusammenschluss entstand die heutige DKSH, die das Geschäftsmodell des Handelshauses neu definierte und eine spezielle Kategorie schuf: Markt­expansionsdienstleistungen.

Dass die von ihm geführte SiberHegner damals nur etwa ein Viertel so gross war wie Diethelm Keller, habe ihn «nicht wirklich interessiert», schrieb Wolle in der ihm verfassten und 2009 erschienenen Geschichte des Handelspioniers DKSH mit dem Titel: «Expedition in fernöstliche Märkte». Von Beginn weg amtierte er als CEO des Fusionsprodukts.

«Klare Führung und offene Kommunikation sind Chefsache», lautet sein Motto. Wie zu hören ist, lässt sich dieser Führungsstil auch als sehr direkt und konfrontativ bezeichnen. Oder als «knallhart», wie die «Bilanz» einst in einem langen Artikel über Wolle schrieb.

Der DKSH-CEO gilt auch als treibende Kraft hinter dem Börsengang von DKSH im März 2012 – gerade der heutige VR-Präsident Adrian T. Keller soll dem Vernehmen nach dem Schritt hin zu einer Publikumgesellschaft anfänglich eher widerstrebend gegenübergestanden haben. Die Familie Keller hält über die Diethelm Keller Holding immer noch 45% am Marktexpansionsdienstleister. Auch nachdem Wolle 2017 zum VR-Präsidenten aufgerückt sein wird, bleibt Adrian T. Keller «in aktiver Rolle» im Verwaltungsrat: Zusammen mit Andreas W. Keller vertritt er im Gremium die vierte Generation der Gründerfamilie.

Wolle selbst hat vom DKSH-Börsengang profitiert. In dessem Zug erhielt er gemäss «NZZ (NZZ 5850 4.46%) am Sonntag» Aktien im Wert von mehr als 100 Mio. Fr., wovon er Ende April 2013 zwei Fünftel abstiess. Zu der Zeit notierten die Titel noch nahe ihres im Monat davor erreichten Allzeithochs von 89.50 Fr. Heute werden die Titel von DKSH, die von der Führung um Wolle als Wachstumsgesellschaft positioniert worden ist, um 65 Fr. gehandelt.

Die politischen Krisen und wirtschaftlichen Probleme in den Hauptmärkten Thailand und Malaysia haben den Aufwärtstrend gebremst und die hohen Erwartungen gedämpft. Bei der Entwicklung seit dem Börsengang ist aber auch der Eindruck entstanden, dass DKSH nach dem Wandel zu einer Publikumsgesellschaft in gewisser Weise noch weiter wie ein Familienunternehmen geführt worden ist – mit dem Quasi-Patriarch Jörg Wolle an der Spitze.

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