Die Bankiervereinigung erhält ein neuen Kopf. Patrick Odier von Lombard Odier übergibt das Präsidium an Herbert Scheidt von Vontobel. Die Aufgaben verlagern sich.
Selten ist es in den letzten sieben Jahren wirklich so gegangen, wie die Bankiers es wollten. Die von der Bankiervereinigung propagierte Abgeltungssteuer beispielsweise konnte sich nicht durchsetzen, über die Marschrichtung nach Europa (Stichwort Marktzugang) herrscht Uneinigkeit. Und so könnte Fidleg, das mit enormem Aufwand erarbeitete Gesetz über die Finanzdienstleistungen, vom Parlament vielleicht sogar versenkt werden.
Für Herbert Scheidt, den Nachfolger von Patrick Odier, der nach sieben Jahren als Bankierpräsident von seinem Amt zurücktritt, wird es nicht einfacher.
Schlüsselrolle
Es war weder der Moment für grossen Jubel noch für klare Selbstkritik. Patrick Odier sagte am Donnerstag in seiner letzten Rede als oberster Banker, die Bankiervereinigung habe eine Schlüsselrolle bei der Erneuerung des traditionellen Geschäftsmodells des Bankensektors gespielt.
Er sprach vor den Medien (die Mitglieder der Bankiervereinigung hören an der Generalversammlung die gleiche Rede) von einer Herkulesarbeit, die die Branche im Bereich Steuerkonformität geleistet habe. Das Ergebnis dieser Revolution im Steuerbereich sei die Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs im Jahr 2018 (bezogen auf die im Jahr 2017 erhobenen Daten).
Stellen im Ausland
Odier wies darauf hin, dass der Schweizer Finanzplatz in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung mit einem Marktanteil von 25% nach wie vor die Nummer eins der Welt darstelle. Er sagte, er könne immer wieder feststellen, welch hohes Ansehen der Finanzplatz Schweiz «auch heute noch» in aller Welt geniesse. Gleichzeitig schilderte er die «besorgniserregende Tatsache», dass die Banken in der Schweiz einen Stellenrückgang verzeichneten, im Ausland aber Stellen aufbauen würden.
Odier bezeichnete die Bankiervereinigung als «gewappnet für die Zukunft»; sie konzentriere sich künftig auf die strategischen Geschäftsfelder Retail Banking, Private Banking, Asset Management und Kapitalmarkt/Corporate Banking. Im Weiteren sagte er, dass die Meinung der Banken stärker Gehör finden würde, wenn sie «mit einer Stimme sprechen» würden. «Ein starker Finanzplatz braucht eine starke Bankiervereinigung.»
Fidleg versenken?
Das mit der Einstimmigkeit bleibt derzeit ein frommer Wunsch. Verbandsdirektor Claude-Alain Margelisch appellierte an das Parlament, die Gesetzesprojekte Fidleg und Finig zu behandeln. «Die Aufschieberei muss aufhören.» Der Schweizer Finanzplatz und die gesamte Schweizer Wirtschaft brauchten Fidleg und Finig.
Tatsache ist aber, dass die zuständige Parlamentskommission das Dossier vor sich herschiebt – weil sie von den Banken widersprüchliche Signale erhält. Zwei Spitzenvertreter namhafter Banken (die nicht nur das Inlandgeschäft betreiben) äusserten sich in den letzten Tagen hinter vorgehaltener Hand sehr kritisch zum legislatorischen Grossprojekt Fidleg. Fidleg im Hinblick auf einen allfälligen Marktzugang einzuführen, nütze wenigen international ausgerichteten Instituten, aber die Umsetzungskosten müssten alle Banken tragen.
Der Marktzugang nach Europa erscheint manchen Banken offenbar weniger erstrebenswert als auch schon. Das Crossborder-Geschäft sei sowieso kaum profitabel, heisst es. Allenfalls sind sie bereit, es zu opfern. Fazit: Zwar sind die Abstimmungsergebnisse im Verwaltungsrat der Bankiervereinigung einstimmig. Doch das heisst nicht viel. Herbert Scheidt, der neue Präsident der Bankiervereinigung, wird die Interessenkonflikte weiter managen müssen.
Priorität Fintech
Zu «einer der obersten Prioritäten» hat der Branchenverband das Thema Fintech gemacht. Die digitale Revolution stelle eine Chance dar, sagte Odier. Das entstehende Fintech-Ökosystem in der Schweiz solle möglichst allen Banken zugutekommen. Noch scheint aber unklar, ob Fintech Freund oder Feind ist. Der Verband will jedenfalls vorläufig keine Fintech-Unternehmen als Mitglieder aufnehmen.
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