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13:00 Uhr - 25.09.2019

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Die wirtschaftliche Dominanz der ehemaligen britischen Kolonie nimmt ab. Mit seiner Strategie für die Integration hat sich Peking jedoch verschätzt.

Allen Anstrengungen zum Trotz lässt sich die angespannte Situation in Hongkong nicht beruhigen. Carrie Lam, oberste Beamtin der Sonderverwaltungszone, hat zuletzt sogar das umstrittene Auslieferungsgesetz zurückgezogen. Trotzdem wurde weiterprotestiert.

Nun will Peking mit wirtschaftlichen Investitionen die Lage an seiner Südgrenze wieder unter Kontrolle bringen. Staatsunternehmen sollen in die Tourismus- und die Immobilienbranche in Hongkong investieren. So sollen die Finanzmärkte stabilisiert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Peking wünscht dabei ausdrücklich eine aktive Rolle seiner Konzerne, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Geschäftselite in Hongkong sei eindeutig zu wenig pro-chinesisch und patriotisch eingestellt.

Unsicherheit ist gross

Seit mehreren Monaten treibt die Sorge um den wachsenden Einfluss Chinas die Menschen in Hongkong auf die Strasse. Demonstriert wird meist am Wochenende. Unter der Woche sind im Stadtzentrum nur wenig Spuren der Proteste sichtbar. Auf Werbeplakaten und an Hauswänden finden sich anti-chinesische Graffiti. «Chinazi» ist etwa auf einem riesigen Banner des Tech-Konzerns Huawei zu lesen. In einer zentralen Unterführung hängen Flyer, die Peking beschuldigen, die bei der Übergabe 1997 ausgehandelte Devise «Ein Land, zwei Systeme» zu vernachlässigen.  Auch dass die lokale Fluglinie Cathay Pacific wegen Unterstützung der Protestbewegung auf eine schwarze Liste gesetzt wurde, wird auf Plakaten kritisiert.

Die Unsicherheit in Hongkong ist gross. Wer Sympathien für die Protestbewegung zeigt – und sei es nur durch das Teilen gewisser Inhalte in sozialen Netzwerken – versuche zunehmend, Reisen auf das Festland zu vermeiden, erzählen ausländische Geschäftsleute. Die Polizei geht hart gegen die Demonstranten vor. Seit Beginn der Proteste wurden mehr als 1400 Menschen verhaftet. 207 davon wurden laut den Behörden angeklagt.

Dominanz geht zurück

Die Veränderung im wirtschaftlichen Verhältnis zwischen Hongkong und Festlandchina seit der Rückgabe der britischen Kolonie 1997 an China ist durchaus zu spüren, sagt Laban Yu. Er ist Chefanalyst für Hongkong und China bei der Investmentbank Jefferies. Die wirtschaftliche Dominanz Hongkongs nimmt ab. 2018 ist die Wirtschaft Hongkongs um 3% gewachsen, während China um 6% zulegte. Als Yu 2007 in Hongkong zu arbeiten begann, war das benachbarte Shenzhen in China voller Fabriken. Deren Abgase waren je nach Windrichtung bis nach Hongkong zu riechen, erinnert er sich. Nach der Finanzkrise wurden die Fabriken sukzessive nach Norden, ins Inland, verlagert. Fast unbemerkt hat sich Shenzhen zu einer modernen Stadt entwickelt. Er fühle sich dort schon fast als Landei, meint Yu. «Ich zahle als einziger mit Bargeld. Sonst nutzen alle Menschen ihr Smartphone.»

Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen dem Festland und Hongkong ist jedoch auch heute noch die Rechtssicherheit. Internationale Konzerne nennen dies auch immer wieder als wichtigen Standortfaktor, der für Hongkong spricht. Finanzexperte Yu ist da skeptischer: «Sagen wir es mal so, das Fehlen eines unabhängigen Rechtsstaats hat China nicht an seinem wirtschaftlichen Aufschwung gehindert.»

Hongkong kann sich nicht nur auf seinen bisherigen Status berufen. Zu gross seien in der Vergangenheit die Versäumnisse gewesen. Einige wenige Familien, die sogenannten Tycoons, hätten die Wirtschaft unter sich aufgeteilt. Durch Immobilienspekulationen hätten viele grossen Reichtum erworben. Dadurch sind aber auch die Wohnungspreise derart in die Höhe geschossen, dass sich nur noch wenige eine Wohnung im Stadtzentrum leisten können. Yu findet deshalb, dass der Zorn der Protestbewegung sich nicht nur gegen Peking und die Verwaltung Hongkongs richten sollte, sondern auch gegen die Tycoons.

Hongkong bleibt wichtig

Das Verhältnis zwischen der Sonderverwaltungszone und Festlandchina bleibt angespannt. Eine Lösung ist aktuell nicht in Sicht. «Für mich haben die chinesische Regierung, die Verwaltung in Hongkong, aber auch die Protestbewegung versagt», sagt Andreas Fulda, Politologe und China-Spezialist an der Universität Nottingham. Das Auslieferungsgesetz durchbringen zu wollen, sei politisch extrem unklug gewesen. Die Zentralregierung in Peking zeigt sich allerdings trotzdem kompromisslos. Ein Einsatz der Armee kommt für Staatspräsident Xi Jinping jedoch auch nicht infrage. Das würde viele Parteikader, die ihre Geschäfte über Hongkong führen, verärgern, meint Fulda.

Bis 2047 bleibt «Ein Land, zwei Systeme» zumindest auf dem Papier bestehen. Wie in Zukunft mit Hongkong umzugehen sei, bleibt für die chinesische Regierung jedoch ein Problem. Es braucht einen Vorschlag für einen anderen Status. Peking habe sich mit seiner Strategie, die Sonderwirtschaftszone zu einer chinesischen Stadt wie jede andere zu machen, verschätzt, meint der Chinaspezialist.

Aber auch von den Demonstranten ist niemand mit kreativen Vorschlägen für einen künftigen Status für Hongkong innerhalb Chinas an die Öffentlichkeit getreten. Mit Spannung wird nun erwartet, was an den Feiern zum siebzigsten Jahrestag der Volksrepublik China geschieht, die am 1. Oktober beginnen. Zumindest die anti-chinesischen Graffiti will Hongkong verschwinden lassen. Ein pro-chinesischer Abgeordneter hat die Bevölkerung zur Stadtreinigung aufgefordert. Keine Spuren von Kritik an der Zentralregierung sollen die Festivitäten stören.

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