Michael Mueller sieht im Verkauf des Kioskbetreibers an den Mitbewerber Femsa nur Vorteile. Nun will er die Expansion in Europa vorantreiben.
Valora (VALN 258.50 -0.19%) wird mexikanisch. Der Detailhandelskonzern, zu dem hierzulande Marken wie k kiosk, Brezelkönig und Press & Books gehören, hat vom lateinamerikanischen Branchenschwergewicht Femsa (FOMC 6.25 -2.34%) ein Übernahmeangebot von 260 Fr. je Aktie erhalten. Der Valora-Verwaltungsrat begrüsst die Offerte und empfiehlt den Aktionären, ihre Aktien anzudienen. CEO Michael Mueller erklärt im Interview, warum sein Unternehmen von der Anbindung an Femsa profitieren wird und was der Verkauf für die Expansionspläne von Valora bedeutet.
Herr Mueller, Valora war lange Zeit unabhängig. Warum geben Sie das auf?
Wir haben immer schon gesagt, dass die Grösse von Valora aus strategischer Sicht eine wichtige Rolle spielen wird. Entsprechend haben wir eine Wachstumsstrategie verfolgt. Durch den Zusammenschluss mit Femsa werden diese Pläne nun deutlich beschleunigt. Im europäischen Markt werden wir nun spürbar stärker. Im Prinzip hätten wir auch unabhängig bleiben können, Valora ist heute in einer starken Position – auch weil wir, wie wir meinen, sehr gut aus der Corona-Pandemie herausgekommen sind.
Das heisst aber auch, dass der Entscheid, zu verkaufen, ein strategischer ist und nicht der Angebotspreis dazu geführt hat?
Der Verwaltungsrat beurteilt eine Offerte immer entlang der strategischen Dimension. Faktoren, die in diese Überlegungen eingeflossen sind, waren unsere eigenen Pläne, was Wachstum und Weiterentwicklung von Valora angeht. Aber auch andere Themen wie die Kultur spielten eine Rolle.
«Unsere Pläne werden mit dem Zusammenschluss deutlich beschleunigt. Wir werden im europäischen Markt spürbar stärker.»
Und die Bewertung.
Natürlich ist die Bewertung ebenso relevant. Wir haben uns gut überlegt, wo unsere Erwartungen liegen und was allein an Bewertung zu schaffen ist. Den von Femsa offerierten Preis von 260 Fr. je Aktie stufen wir ganz klar als fair ein.
Wer hat in den Gesprächen den ersten Schritt gemacht?
Wir kennen Femsa seit längerer Zeit. Ich persönlich verfolge die Geschicke des Unternehmens seit Jahren, weil es in seinen Märkten eine eindrückliche Entwicklung gemacht hat. Die Gespräche mit Femsa haben jedoch an einem komplett anderen Punkt angefangen. Ursprünglich wollten wir voneinander lernen, wie man das Geschäft betreibt. Über die Zeit hat sich das dann entwickelt, und vor etwa drei Monaten hat Femsa uns diese Offerte unterbreitet.
Haben Sie auch mit anderen möglichen Partnern Gespräche geführt?
Nicht während diesem Prozess.
Aber in der Vergangenheit?
Wir haben, wie das für ein Unternehmen unserer Grösse üblich ist, mit Mitbewerbern einen Austausch gepflegt. Mit unserem Verwaltungsrat führen wir seit geraumer Zeit eine strategische Diskussion darüber, welche Grösse Valora erreichen soll. Dabei haben wir immer von transformativen Schritten gesprochen und nicht zwingend davon, übernommen zu werden. Auch die Option, selbst durch transformative Zukäufe zu wachsen, lag auf dem Tisch. Immer mit demselben Ziel, das Unternehmen zu stärken und Valora als europäische Plattform zu positionieren.
Lateinamerika und Europa: Zwei Regionen, die völlig anders geartet sind. Wie kann das funktionieren?
Der Eindruck täuscht. Der Konsument hat in beiden Regionen sehr vergleichbare Bedürfnisse. Das führt dazu, dass die Art, wie wir und Femsa das Geschäft betreiben, ebenfalls sehr vergleichbar ist. In den Gesprächen mit Femsa haben wir zudem festgestellt, dass 80% der Herausforderungen, die wir im täglichen Betrieb haben, ähnlich sind.
Wo passen Valora und Femsa gut zusammen?
Besonders kulturell haben wir einen Partner gefunden, der gut zu uns passt und der die Werte mitträgt, denen wir uns verpflichtet haben. Wir fühlen uns mit Femsa sehr wohl.
Und konkret? Wo profitiert Valora?
Erstens ist Femsas Verständnis für unser Geschäft gross. Das Unternehmen hat mehrere Geschäftsfelder, der Kern ist aber das Convenience-Geschäft, das Femsa in Mexiko und in ihren anderen Märkten erfolgreich entwickelt hat. Diese Fähigkeiten kommen auch uns zugute. Das zweite ist die Expertise in der Expansion. Die kommt einerseits von ihrer finanziellen Stärke, aber auch von der Kompetenz, wie man in neue Märkte geht und neue Geschäftseinheiten integriert. Drittens hat uns Femsa offeriert, dass Valora als autonome Einheit in Europa arbeiten soll. Das schafft für uns ideale Voraussetzungen.
«Dass Valora als autonome Einheit in Europa arbeiten soll, schafft für uns ideale Voraussetzungen.»
Und in der Rolle des Junior Partners fühlen Sie sich wohl.
Wir fühlen uns wohl und privilegiert, dass wir Teil der Gruppe sein dürfen und von ihren Stärken profitieren können.
Wohin geht die Reise für Valora in den kommenden Jahren?
In den nächsten Jahren wird es uns darum gehen, unsere eigenen Wachstumspläne weiterzuverfolgen und umzusetzen. Zusätzlich werden wir zusammen mit Femsa einen Plan entwickeln, wie die konkreten Schritte einer zusätzlichen Expansion in den nächsten zwei, drei Jahren aussehen sollen. Es wäre verfrüht, jetzt schon konkrete Beispiele zu nennen. Aber es ist klar: Unser Augenmerk wird nebst den bestehenden auch auf neuen Märkten liegen.
Und wo liegen diese neuen Märkte?
Wir sind eine europäische Plattform. Entsprechend werden wir Wachstum innerhalb von Europa suchen.
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