Der Häusermarkt kann vom starken Rückgang der Hypothekarzinsen nicht profitieren. Daran ist die Steuerreform der Regierung Trump nicht ganz unschuldig.
Es ist ruhig geworden um den Immobilienmarkt in den USA, nachdem er vor über zehn Jahren Auslöser für die tiefste Krise seit der grossen Depression geworden war. Kaum hatten sich die Wogen geglättet, fielen die US-Immobilien vom Radarschirm vieler Marktbeobachter. Allerdings bleiben die Eigenheime traditionell das wichtigste Element für die Vermögensbildung der Amerikaner. Die Preisentwicklung der Immobilien beeinflusst die Konsumneigung. Der Privatkonsum macht 65% des Bruttoinlandprodukts aus.
Dem Protokoll zur Fed-Sitzung im Juli, das letzte Woche veröffentlicht wurde, konnte man nun entnehmen, dass sich einige Mitglieder des Offenmarkt-Ausschusses besorgt zeigen um die schwachen Zahlen aus dem Immobiliensektor. Die Schwächezeichen sind umso erstaunlicher, als der Häusermarkt so zinssensitiv ist wie kaum ein anderer Industriesektor. Wenn sich ein starker Zinsrückgang hier wirkungslos zeigt, wie sollen dann andere Bereiche der Volkswirtschaft durch billiges Geld stimuliert werden können?
Tatsächlich ist die typische Hypothek mit einer Laufzeit von dreissig Jahren seit November 2018 deutlich günstiger geworden. Lag der Hypothekarzins damals noch bei knapp 5,2%, beträgt er aktuell 3,9% – ein Rückgang um 130 Basispunkte (1,3 Prozentpunkte). Die Preisentwicklung der Immobilien zeigt sich von dieser Vergünstigung des Erwerbs eines Eigenheims unbeeindruckt. Im Gegenteil, die Hauspreisinflation ist seit März des vergangenen Jahres deutlich rückläufig, auch wenn das Ausmass nicht besorgniserregend ist.
Spätestens seit der Subprime-Krise weiss man auch, dass der amerikanische Immobilienbesitzer seine Hypothek so oft refinanzieren kann, wie er es für opportun hält. Fallen die Hypothekarzinsen unter das Niveau, zu dem der Vertrag abgeschlossen wurde, kann sich der Schuldner zu tieferen Zinsen refinanzieren. Dies spült den ohnehin schon ausgabefreudigen Konsumenten Zusatzbudget in die Kasse. Darüber hinaus steht es Hausbesitzern auch offen, einen Teil des Eigenkapitals, das in der Hypothek gebunden ist, zu entnehmen. Diese Entnahmen haben sich tatsächlich seit der Krise nicht erholt.
Doch nicht nur die Finanzdaten zum Immobilienmarkt zeigen sich weniger dynamisch, auch die Bauaktivität schwächelt. Seit Beginn des Jahres 2018 nehmen die Investitionen im privaten Wohnungsbau ab. Dies spiegelt sich in der relativen Performance des S&P Homebuilders-Aktienindex, auch wenn er zu einer Aufholjagd angesetzt hat. Generell ist vom Rückenwind durch tiefere Zinsen wenig zu spüren. Was sind die Treiber für diesen Schwächeanfall am Immobilienmarkt über die letzten Quartale?
Gemäss Analysten von Goldman Sachs (GS 199.65 1.76%) hatte ausgerechnet die Steuerreform des «Immobilien-Tycoon» Donald Trump ungute Nebenwirkungen. Die steuerlichen Anreize für selbst bewohntes Eigentum sind verwässert worden. Die Abzugsfähigkeit von Hypothekarzinsen liegt seit 2018 tiefer, mit entsprechender Wirkung auf die Attraktivität von Immobilienbesitz. «Dennoch sollte die Bauaktivität nicht weiter darunter leiden, denn auch Mietobjekte müssen erst einmal erstellt werden», meinen die Experten von Goldman Sachs.
Darüber hinaus beklagen Baufirmen den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Dies ist teilweise auf die restriktivere Einwanderungspolitik der Regierung zurückzuführen. Die Arbeitslosenrate in der Bauindustrie liegt derzeit tatsächlich tiefer als in den Boomjahren 2005 und 2006. Dies dämpft die Bauaktivität.
Schliesslich haben die Gebühren rund um den Immobilienkauf über die vergangenen Jahre deutlich zugenommen. Dazu gehören die Treuhänderkosten, Provisionen und Kosten für Anwalt und Notar.
Trotz dieser Widrigkeiten sind die Goldman-Sachs-Analysten zuversichtlich, dass die Delle temporärer Natur ist. Der Rückgang der Hypothekarzinsen werde erst über die nächsten Quartale seine volle Wirkung entfalten. Die Demografie spreche darüber hinaus langfristig für steigende Nachfrage nach Wohnraum.
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