2020 war herausfordernd. Das Biotech-Unternehmen steht nun kurz vor Studiendaten, die entscheidend sind für die Aussicht auf einen Lizenzvertrag.
Die kommenden Tage sind enorm wichtig für Newron (NWRN 2.80 0%). Das bei Milano beheimatete Biotech-Unternehmen erwartet das Resultat aus einer explorativen Phase-II-Studie mit Evenamide, seinem Wirkstoff zur Behandlung von Schizophrenie.
Die Daten sollen zeigen, ob das potenzielle Medikament sicher ist und auch erste Hinweise auf seine Wirksamkeit aus einer vorigen Studie bestätigen. Newron plant, Evenamide für zwei Anwendungsgebiete zu entwickeln. Das erste wäre eine Zusatztherapie für Schizophrenie-Patienten, bei denen ihr Medikament nicht mehr ausreichend wirkt.
Das ist bei etwa drei Vierteln irgendwann der Fall, im Durchschnitt müssen sie ihr Mittel alle achtzehn Monate wechseln. Dabei wird das alte Medikament herunter-, dann das neue heraufgefahren, es kommt zu Rückfällen. Die Patienten hören beispielsweise wieder Stimmen, die es nicht gibt, oder leiden unter Verfolgungswahn. Mit Evenamide wirken ihre Medikamente möglicherweise länger.
Gespräche mit Interessenten laufen
Diese Gruppe ist gross, etwa 1% der Weltbevölkerung leidet an Schizophrenie. Die kleine Newron könnte ein solches Produkt nicht selbst vermarkten. Newron-CEO Stefan Weber ist zuversichtlich, einen Partner zu finden. «Wir führen laufend Gespräche, und die Interessenten warten auf die Studienresultate», sagt er im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft».
Auch mit Blick auf diese Resultate ist Weber optimistisch: Bisher seien keine gravierenden Nebenwirkungen aufgetreten, sonst wären sie gemeldet worden oder die Studie mit 138 Patienten gar abgebrochen worden. In früheren Tests hätten 89 Patienten mit weniger schweren Symptomen Evenamide ebenfalls gut vertragen. Dort habe sich nach kurzer Zeit auch schon eine positive Wirkung gezeigt.
Newron würde Nischenanwendung behalten
Das zweite Anwendungsgebiet des Mittels, das einen anderen Wirkmechanismus als die geläufigen Schizophrenie-Medikamente aufweist, könnten bisher gegen Clozapine behandlungsresistente Patienten sein. Das betrifft in den USA rund 25’000 Menschen. Newron könnte den Verkauf mit etwa zehn Mitarbeitern bewältigen. Das Marktpotenzial liegt laut Weber in der Spitze bei jährlich 250 Mio. $.
Überzeugen die Daten der explorativen Studie, will Weber schon im Sommer für beide Anwendungsgebiete je eine Phase-III-Studie starten.
Zusatzmarkt für Parkinson-Mittel angestrebt
2021 sollte auch eine Phase-III-Studie für Safinamide zur Behandlung von Parkinson-Patienten mit Dyskinesien – unkontrollierten Bewegungen – beginnen. Der Wirkstoff ist als Xadago bereits zur Behandlung von Parkinson zugelassen. Es ist eines von zahlreichen Produkten, sein Absatz kommt nicht richtig auf Touren. Würde es zur Behandlung der Bewegungsstörungen zugelassen, die durch die Levodopa-Medikamente hervorgerufen werden, täte sich ein potenziell viel grösserer Markt auf.
Im abgelaufenen Jahr haben die Lizenzeinnahmen aus dem Verkauf lediglich von 4,8 auf 5,2 Mio. € zugenommen, wie Newron am Dienstag bekannt gab. 90% des Umsatzes stammen aus Europa. Vertriebspartner Zambon, mit dem sich Newron die Kosten für die geplante zulassungsrelevante Studie teilen will, hat die US-Rechte vergangenes Jahr an Supernus Pharmaceuticals verkauft. «Die ersten zwei Quartale unter dem neuen Vertriebspartner sehen gut aus», sagt Weber. Er ist zuversichtlich, dass der Absatz auch in den USA weiter zunimmt.
Finanzierung bis Anfang 2023 gesichert
Selbst wenn das nicht der Fall wäre, und kein Deal für Evenamide zustande käme, werde Newron die geplanten Phase-III-Studien finanzieren können, sagt der CEO. Der Cash Runway, die Dauer, bis die verfügbaren Mittel aufgebraucht sind, gibt er nun mit Anfang 2023 an. Zuvor hatte es bis Mitte 2022 gereicht. Der Abbruch des Entwicklungsprojekts für das Rett-Syndrom vergangenen Mai hat zu Einsparungen geführt. Das Geld reicht nun länger.
Zu den liquiden Mitteln, die per Ende Jahr 31 Mio. € betrugen, kommen in den nächsten zwei Jahren die verbleibenden 15 Mio. eines Kredits der Europäischen Entwicklungsbank, 5 Mio. € italienische Steuergutschriften, sowie mindestens 10 Mio. € Umsatzbeteiligung an Xadago. Insgesamt also mindestens 61 Mio. €, rechnet Weber vor.
Akquisition von Wirkstoff möglich
Ein Lizenzvertrag für Evenamide, der normalerweise mit einer Vorausleistung des Partners, sowie möglicherweise einer Beteiligung an den Entwicklungskosten verbunden wäre, würde es Newron erlauben, einen weiteren Produktkandidaten für die Pipeline zu akquirieren. «Wir haben uns zahlreiche Projekte angesehen», sagt Weber. «An einigen arbeiten wir aktiv weiter.»
Läuft alles rund, könnte Newron Ende Jahr also dastehen mit drei laufenden Phase-III-Studien, die Ende 2022 (Evenamide) und Anfang 2023 Resultate liefern, sowie einem neuen Entwicklungsprojekt. Weber strebt dabei die Einlizenzierung eines Wirkstoffs an, den er direkt in die zweite oder gar dritte Entwicklungsphase führen könnte.
Enttäuschen die demnächst erwarteten Resultate der kleinen Phase-II-Studie, liefe mindestens eine Phase-III-Studie für Safinamide. Die Perspektiven wären weniger gut, auch wenn es zusätzlich noch gelänge, ein neues Entwicklungsprojekt zu akquirieren.
Riskant, aber weniger als andere
Newron-Aktien sind wie alle Biotech-Titel ein riskantes Investment. Sie sind aber weniger riskant als andere, da ihre beiden am weitesten fortgeschrittenen Wirkstoffe entweder für andere Anwendungsbereiche bereits zugelassen sind oder bisherige Daten keine gravierenden Nebenwirkungen sowie erste Hinweise auf eine Wirksamkeit geliefert haben.
Als spekulative Beimischung ins Portefeuille sind Newron also eine Überlegung wert. Der Aktienkurs hat sich seit dem Absturz nach dem Scheitern des Rett-Kandidaten zwar etwa verdoppelt. Sie notieren mit weniger als 3 Fr. historisch aber immer noch sehr niedrig und bieten im Erfolgsfall viel Raum nach oben.
Die komplette Historie zu Newron finden Sie hier.»
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.