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14:12 Uhr - 10.11.2015

Neue Risiken für Obligationäre

Monatliche Zinskurve Schweiz: Die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken leidet, derweil nimmt die Illiquidität verschiedentlich zu.

Die letzten Monate waren eine grosse Herausforderung für Obligationäre. Das schwierige makroökonomische Umfeld – schleppendes Wachstum, Deflationsdruck in den Industrieländern und Verwerfungen in den Schwellenländern – spricht für Bonds. Es wird aber immer schwieriger, die Marktentwicklung einzuschätzen, nicht zuletzt wegen gegenläufiger Kapitalbewegungen:  Viele Schwellenländer reduzierten ihre Devisenreserven durch den Verkauf von Staatsanleihen, Zentralbanken kauften diese auf.

Und schliesslich hatte die US-Notenbank (Fed) ihre Absicht signalisiert, demnächst mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik zu beginnen. Die Vielfalt der Einflussfaktoren ist nicht ungewöhnlich. Neu sind aber zwei Probleme, die den Investoren Kopfzerbrechen bereiten: der Verlust der Glaubwürdigkeit von Zentralbanken und die rückläufige Liquidität.

Nebenwirkungen

Nach Beginn der Krise im Jahr 2008 haben die Zentralbanken mit konventionellen und später unkonventionellen Massnahmen die glaubwürdigste Krisenpolitik betrieben. Das Fed diente anderen Zentralbanken als Vorbild. Mit fortschreitender Wirtschaftserholung war allerdings eine Rückkehr zur Normalität, zu einer konventionellen Geldpolitik, geplant. Stets wurde betont, die Geldpolitik habe ihr Ziel erst erreicht, wenn die Leitzinsen wieder angehoben würden. Die Forward Guidance des Fed ging denn auch in diese Richtung und weckte die Erwartungen einer ersten Leitzinserhöhung noch 2015. Doch dann begannen die US-Währungshüter in der ersten Jahreshälfte unter dem Eindruck schwacher Wirtschaftsdaten zu zaudern und führten in der Folge beunruhigende «globale Entwicklungen» als Grund für ein weiteres Zuwarten an. Dies liess Zweifel an der Fähigkeit des Fed zur Straffung der Geldpolitik – und an der Zweckmässigkeit des QE überhaupt − aufkommen. Unter diesen Umständen ist die Anleihenbewertung höchst schwierig.

Auch die gestiegenen regulatorischen Anforderungen an Banken, namentlich die strengeren Eigenkapitalanforderungen, blieben nicht ohne Auswirkungen auf den Anleihenhandel. Im Bemühen, ihre Risiken zu reduzieren, halten die Banken weniger Obligationen in ihren Büchern. Sie treten immer seltener selbst als Auftraggeber auf, sondern agieren im Kundenauftrag, als blosse Vermittler. So ist ein neuer Liquiditätszyklus entstanden, in dem das Quartalsende der günstigste Zeitpunkt für den Kauf von Unternehmensanleihen ist, da die Banken dann regelmässig Obligationen abstossen, um den Eigenkapitalanforderungen gerecht zu werden.

Neue Volatilitätsquellen

Zuletzt wurde in verschiedenen Marktsegmenten eine Zunahme der Illiquidität festgestellt. Die Situation wird durch die massive Emissionstätigkeit noch verschärft. Diese erklärt sich einerseits aus den vielen Fusionen und Akquisitionen, andererseits auch dadurch, dass zahlreiche Unternehmen ihre Refinanzierungspläne wegen der erwarteten geldpolitischen Normalisierung vorverlegen. Im jüngsten Finanzstabilitätsbericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist das Phänomen der schwindenden Liquidität ausführlich dokumentiert. Es besteht die Gefahr, dass die eingepreiste Liquiditätsprämie mit der Zeit in eine andere Art von Risikoprämie mutiert.

Das Auftreten neuer Risikofaktoren ist gleichbedeutend mit der Einführung neuer Volatilitätsquellen. Marktilliquidität erschwert Umschichtungen und begünstigt Buy-and-Hold-Strategien. In einem illiquiden Markt steigt ausserdem das Volatilitätsrisiko, was durchaus auch Kaufgelegenheiten generieren kann. Anleger, die eine Total-Return-Strategie verfolgen, sollten in Korrekturphasen den Kauf kurzfristiger Anleihen erstklassiger Unternehmen erwägen. Für Investoren mit einer Relative-Return-Strategie rückt die Frage der Risikoreduzierung in den Vordergrund.

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