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17:30 Uhr - 26.06.2015

Athen könnte Aufschub bis November erhalten

Am Samstag dürfte in einer erneuten Krisensitzung in Brüssel entschieden werden, ob Griechenland pleitegeht.

Das Schaulaufen von Spitzenpolitikern an den ordentlich oder notfallmässig anberaumten Gipfeln der letzten zehn Tage hat keine Einigung zwischen Athen und seinen Gläubigern gebracht. Internationaler Währungsfonds (IWF), Eurogruppe und Europäische Zentralbank (EZB) sperrten sich insbesondere gegen einen erneuten Schuldenschnitt zugunsten Griechenlands.

2012 hatten die – damals vornehmlich privaten – Gläubiger die Fälligkeiten des Landes in einer  freiwilligen Restrukturierung massgeblich gestreckt. Zudem sind die entsprechenden Zinszahlungen sehr gering, zeitweise gar ausgesetzt. Gemäss der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat Griechenland mit  rund fünfzehn Jahren die weltweit höchste durchschnittliche Restlaufzeit seiner Staatsschulden. Das Mittel im Euroraum beträgt 6,5 Jahre.

Kompromiss möglich

Weniger komfortabel sieht es im laufenden Jahr aus. Ende Monat müssen dem IWF 1,6 Mrd. € überwiesen werden. Ohne die von den Gläubigern blockierten Restgelder aus dem gleichzeitig ablaufenden zweiten Hilfspaket ist das Land pleite. Im Juli und August stehen Zahlungen an die EZB von rund 7 Mrd. € an.

Die Entscheidung über den neusten griechischen Kompromissvorschlag, der unter anderem eine Erhöhung von Unternehmens- und Mehrwertsteuer enthält, soll am Samstag fallen.  Dann wollen sich die Euro-Finanzminister zu einer erneuten Krisensitzung in Brüssel treffen, um über Reformvorschläge für Griechenland zu beraten.

Agenturen zufolge ist davon auszugehen, dass die Gläubiger Griechenland bei den Steuererhöhungen und den Rentenkürzungen entgegenkommen. So könnte die umstrittene Erhöhung der Mehrwertsteuer Ende 2016 wieder überprüft werden, wenn sich bis dahin neue Einnahmequellen für den Haushalt ergeben. Zudem könnten Kürzungen von besonders kleinen Renten zwei Jahre länger bis Ende 2019 aufgeschoben werden.

«Schuldenschnitt unnötig»

Die Gläubiger erwägen bei einer Einigung in letzter Minute offenbar die Verlängerung des Programms bis Ende November. Bis dann könnten Griechenland insgesamt 15,3 Mrd. € zufliessen. Gemäss Reuters sind sie zudem zum Schluss gelangt, dass der von der Athen geforderte Schuldenschnitt nicht nötig ist, um die  Nachhaltigkeit der Schulden bzw. deren Bedienung sicherzustellen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU würden diesem Treffen der Euro-Finanzminister eine entscheidende Bedeutung beimessen, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel am frühen Freitagmorgen nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Schon seit einigen Tagen machte das Wort Ultimatum die Runde. Bei einem Scheitern der Verhandlungen stünden Gespräche über Vorbereitungen auf eine Staatspleite Griechenlands im Raum, berichtete Reuters und zitierte einen Vertreter der Eurozone.

Doch auch so wird die Zeit knapp. Denn mehrere Parlamente der Eurozone müssten vor Dienstagabend über eine Einigung abstimmen, um die Freigabe von Hilfsgeldern zu ermöglichen, auch darauf wies Merkel hin. Zuvor muss zudem noch das Parlament in Athen zustimmen. Dort wurden die Forderungen der Geldgeber wiederholt als inakzeptabel bezeichnet. Umgekehrt besteht die griechische Regierung bisher auf einen Schuldenerlass. Das Land hat einen Schuldenberg von 320 Mrd. € angehäuft, nahezu 180% der Wirtschaftsleistung. Seit 2010 hat es rund 240 Mrd. € an Hilfen von öffentlichen Institutionen erhalten.

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