2019 ist die Zahl der Börsengänge auf den tiefsten Stand seit dem Ende der Finanzkrise gefallen. Das ist aber nicht der einzige Tiefschlag.
Börsengänge sind an der London Stock Exchange üblicherweise an der Tagesordnung. In den vergangenen Jahren gingen teils über hundert Unternehmen an die Börse – pro Jahr. Noch massiver war das Interesse zwischen 2004 und 2007, als sich über tausend Gesellschaften kotieren liessen. Das entsprach einem Durchschnitt von 260 Firmen pro Jahr – oder rund einem Unternehmen pro Handelstag.
Umso augenfälliger ist der Rückgang in diesem Jahr. Gerade noch 34 Unternehmen haben sich in den vergangenen Monaten entschlossen, sich dem Publikum zu öffnen. Das entspricht einem Rückgang von 62% gegenüber dem Vorjahr.
Zwar steht London mit dem Rückgang an Börsengängen nicht allein da. Aber an keiner anderen Börse fiel er derart ausgeprägt aus. In der Schweiz sank die Zahl der IPO von dreizehn auf sieben, weltweit betrug das Minus gar nur 19%.
Unterdurchschnittlich war aber auch die Performanceleistung des Leitindex der Londoner Börse. Der FTSE 100, der die hundert grössten Unternehmen im Vereinigten Königreich umfasst, hat 2019 nur 13% zugelegt. Im Vergleich dazu haussierte etwa der amerikanische S&P-500-Index 29%, der Swiss Market Index 27% oder der deutsche Dax (DAX 13263.29 -73.82) 26%.
Brexit und der US-chinesische Handelskrieg
London macht für die in allen Belangen unterdurchschnittliche Performance vor allem zwei Gründe geltend: Erstens hätten die Unsicherheiten um den Brexit viele Unternehmen davon abgehalten, den Sprung an die Börse zu wagen. Gleichzeitig sei es viel einfacher geworden, sich über Private-Equity-Finanzierungsquellen Geld zu beschaffen. Zweitens hätten sich auch die US-chinesischen Handelsspannungen negativ auf das IPO-Geschäft sowie die Performance der vorwiegend global tätigen FTSE-100-Gesellschaften ausgewirkt.
64 abgesagte Börsengänge im laufenden Jahr
Allein im alternativen Marktsegment der Londoner Börse (AIM) hatten in den vergangenen Monaten 64 Unternehmen den Entscheid, sich kotieren zu lassen, zurückgezogen. Dieses Segment bietet geringere regulatorische Hürden und galt als Einstiegssegment für vorwiegend junge Gesellschaften aus dem Technologiebereich. In den Spitzenjahren waren über 1500 Unternehmen am AIM kotiert, jetzt sind es noch 870.
Die Verantwortlichen der Londoner Börse gehen davon aus, dass sich die Lage im Jahr 2020 etwas entschärft. Bezüglich Brexit herrscht zumindest etwas grössere Klarheit, seit sich abzeichnet, dass das Land Ende Januar aus der Europäischen Union austritt. Denn die meisten geplanten, aber nicht durchgeführten Börsengänge sind nicht abgesagt, sondern vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
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