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12:13 Uhr - 29.01.2016

Swisscom beeinflusst Finma-Regeln

Im März will die Finma die Online-Kontoeröffnung erlauben. Nun wird der Vorwurf laut, der Telecomanbieter habe früher als andere Einblick in das neue Regelwerk gehabt.

Im März soll es in der Schweiz endlich möglich sein, via Internet ein Bankkonto zu eröffnen. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) verarbeitet zurzeit den Input einer Vernehmlassung zu ihrem Rundschreiben «Video- und Online-Identifikation». Schon vor dem Ende der Vernehmlassungsfrist gab es Kritik am Regulierungsentwurf.

Zu unklar sei das Rundschreiben, so der Tenor. Welche Software muss ein Finanzdienstleister nun genau nutzen, um den Kunden online zu identifizieren, fragte zum Beispiel Fouad Bajjali, CEO der IG Bank, eines Online-Anbieters von Differenzkontrakten (kurz CFD).

Die Swisscom (SCMN 505.5 1.53%) weiss es offenbar. Am 18. Januar endete die Vernehmlassungsfrist, einen Tag danach präsentierte der Telecomanbieter eine Lösung zur Video-Identifikation potenzieller Kunden. Das klingt zunächst überraschend – ein Telecomunternehmen, das Bankdienstleitungen übernimmt. Doch die Swisscom ist schon lange in diesem Geschäft und leistet vor allem IT-Services für rund 170 Finanzinstitute in der Schweiz.

Geschäft direkt positiv beeinflussen

Im vorliegenden Fall verweist Swisscom auf ihren Thinktank E-Foresight. Er beobachte die Entwicklungen in der Finanztechnologie und habe antizipiert, dass diese Lösung, wie sie in Deutschland schon angewandt werde, auch in der Schweiz zum Tragen kommen werde.

Laurent Bellieres will es besser wissen. «Nach meinen Informationen hat die Swisscom an dem Entwurf für das Rundschreiben mitgeschrieben», sagt der CEO der Dukascopy Bank, einer Online-Plattform für Währungsgeschäfte aus Genf. Sein Vorwurf: Der Staatsbetrieb Swisscom habe sich zusammen mit dem staatlichen Regulator eine Richtlinie auf den Leib geschneidert, die sein Geschäft direkt positiv beeinflussen könne.

Der Service und die Technologie, die Swisscom nun anbietet, stammen vom deutschen Unternehmen WebID. Im Nachbarland sind sie bereits seit geraumer Zeit im Einsatz. Swisscom hat eine Exklusivpartnerschaft mit WebID, nur der Telecomanbieter darf nun den Service und die Technologie in der Schweiz und Liechtenstein anbieten.

WebID beschreibt sich selbst als marktführend in diesem Bereich. «WebID hat regelmässig bei der BaFin (dem deutschen Regulator, Anm. d. Red.) vorgesprochen und den Regulator von der Technologie überzeugt», sagt Andreas Glänzel, Sprecher des Unternehmens.

Technologieneutralität in Frage gestellt

Genau wie ihre deutschen Kollegen gebe die Finma nun eine spezifische Technologie für die Online-Identifikation vor, sagt Dukascopy-Chef Bellieres. «Ist das die Aufgabe eines Regulators?», fragt er. Dies widerspreche der eigentlich technologieneutralen Haltung der Finma, die auch ihr Strategiechef Rupert Schaefer an einer Veranstaltung von «Finanz und Wirtschaft» im vergangenen Herbst gelobt hatte.

Bei der Finma gibt man sich gewohnt bedeckt. Zu einem laufenden Verfahren äussere sich die Behörde nicht, so Sprecher Vinzenz Mathys. Nur so viel: Es sei völlig üblich, dass schon vorher mit Vertretern der Branche gesprochen werde. Weiter wolle man nichts kommentieren.

Es habe einen Austausch mit der Finma im September vergangenen Jahres gegeben, ist von Swisscom zu vernehmen. Sicher sei dabei der eine oder andere Input in den Entwurf für das Rundschreiben eingeflossen. Aber: «Das Rundschreiben haben wir nicht geschrieben», sagt ein Swisscom-Sprecher.

Nachdem sich Finma-Direktor Mark Branson im vergangenen Jahr so wohlwollend über die neuen Entwicklungen in der Finanztechnologie geäussert hat, scheint die Kritik an der Finma beim ersten konkreten Regulierungsschritt zurückgekehrt. Im März wird sich zeigen, wie angebracht die Schelte wirklich ist.

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