Im zweiten Quartal sank die Wirtschaftsleistung der USA gegenüber dem Vorquartal 9,5%. Hauptgrund für den Einbruch war der Rückgang des Privatkonsums.
Es ist eine Zahl für die Ewigkeit. Im zweiten Quartal brach das Bruttoinlandprodukt der USA gegenüber der Vorperiode 9,5% ein. Das gab das amerikanische Statistikamt am Donnerstag bekannt. Damit handelt es sich um den grössten Einbruch seit dem Jahr 1946.
Auf das Jahr hochgerechnet beträgt das Minus 32,9%. Damit fällt der Wert leicht besser aus, als die von den Analysten im Konsens erwarteten –34,5%. Für Jon Hill, Zinsstratege von BMO, ist die Zahl aber «nahe genug», um keinen Einfluss auf den Markt zu haben, wie er in einem Kommentar schreibt.
Rückgang auf breiter Front
Das Herunterfahren der wirtschaftlichen Aktivität im März und April hinterliess in allen Bereichen der Wirtschaft Spuren. Besonders deutlich ist der Rückgang des Privatkonsums. Annualisiert brach er um 34,6% ein.
Angeführt wurde der Rückgang im Privatkonsum von den Dienstleistungen. Diese brachen 43,5% ein. Der Konsum von Gütern verringerte sich hingegen nur um 11,3%. Einen deutlichen Einbruch verzeichneten auch die Investitionen von Unternehmen (–27,0%) sowie der Privathaushalte (–38,7%).
Eine Steigerung zeigte einzig die öffentliche Hand. Die Staatsausgaben der Bundesregierung avancierten 17,4%. Zurückzuführen ist dies auf die Stimulusmassnahmen, die im Frühjahr verabschiedet wurden. Anders sieht es hingegen bei lokalen Behörden aus. Wegen geringeren Steuereinnahmen mussten sie die Ausgaben im zweiten Quartal reduzieren.
Den Hauptbeitrag zum Rückgang der Wirtschaftsleistung lieferte mit –22,9 Prozentpunkten der Einbruch des Konsums von Dienstleistungen – dies erklärt mehr als zwei Drittel des BIP-Rückgangs.
Innerhalb des Servicebereichs lieferte die Gesundheitsbranche mit –9,5 Prozentpunkten, Hotellerie und Gastronomie mit –5,6 Prozentpunkten und der Freizeitbereich mit –4,7 die grössten Beiträge zum Rückgang.
Positive Beiträge zur Wirtschaftsentwicklung gab es dagegen von der öffentlichen Hand (0,8 Prozentpunkte) sowie vom Aussenhandel (0,7 Prozentpunkte). Der Aussenhandel stützte die US-Konjunktur allerdings nur deshalb, weil die Importe in Dollar gerechnet sogar stärker sanken als die Exporte, was sich im BIP positiv bemerkbar macht.
Die prozentualen Rückgänge im Aussenhandel sehen dabei konkret so aus: Die Ausfuhren schrumpften mit –64% zwar deutlicher gegenüber dem Vorquartal als die Importe (–53%). Weil die US-Wirtschaft aber mehr einführt, als sie ausführt, war der Rückgang der Importe in Dollar gerechnet grösser als bei den Exporten.
Rekordwachstum im dritten Quartal
Wichtiger für die Märkte als der Blick zurück ist aber der Blick nach vorne. «Zeitnahe Indikatoren zeigen alle, dass die Wirtschaft Mitte April ihren Tiefpunkt erreicht hatte und dann bis Mitte Juni rasch expandierte, bevor sie abflachte», kommentiert Ian Shepherdson, Chefökonom des Beratungsdienstes Pantheon Macroeconomics. Dies werde zu einem ausserordentlich positiven Basiseffekt für das Wachstum im dritten Quartal führen.
Ein zweistelliges annualisiertes Wachstum gegenüber der Vorperiode ist im dritten Quartal laut Shepherdson «mehr oder weniger garantiert». Die Ökonomen der Grossbank Citi rechnen momentan mit einem Plus von 27%.
Auch Andrew Hunter, Ökonom bei Beratungsdienst Capital Economics, erwartet im dritten Quartal ein starkes Wachstum. Der Anstieg der Neuansteckungen mit Covid-19 belaste aber das Wachstum und spreche gegen eine «weitere V-förmige Erholung». «Es wird Jahre dauern, bis der wirtschaftliche Schaden behoben ist», schreibt er in einem Kommentar.
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