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16:56 Uhr - 17.05.2022

Das CO2 ist weg – oder doch nicht

Holcim macht mit dem Verkauf des Indiengeschäfts sich selbst grüner, die Welt nicht. Ein Kommentar von FuW-Redaktorin Yvonne Debrunner.

Holcim, der weltgrösste international tätige Zementhersteller und grösste Umweltsünder des Swiss Market Index, ist am Sonntag auf einen Schlag ein Viertel grüner geworden. 26% ihres CO2-Ausstosses sind weg. Weg aus Holcims Verantwortung zumindest.

Wie das? Holcim hat ihr Indiengeschäft verkauft, Zement- und Transportbetonwerke, die für die Marken Ambuja Cements und ACC produzierten. Ein Geschäft, das 26% der CO2-Emissionen verursachte, aber nur 13% zum Umsatz beitrug.

Holcim muss grüner werden

Die ungünstige Klimabilanz dürfte mit ein Grund für den Verkaufsentscheid  gewesen sein. Aus der Sicht von Holcim macht das Sinn. Der Konzern will nicht nur grüner werden, er muss es auch.

In manchen Kreisen ist Holcim aufgrund des hohen CO2-Ausstosses zum Inbegriff des bösen Konzerns geworden, der Profit zulasten der Umwelt macht. Das zeigen wiederholte Besetzungen von Holcim-Arealen durch Umweltaktivisten. Zudem sind die Titel des Unternehmens wegen der Umweltthematik für manche Anleger ein No Go, was auf den Aktienkurs drückt.

Netto null muss her

Der Konzern ist daher in die Offensive gegangen. Seine Strategie heisst «Accelerating Green Growth», das Logo ist neu grün und blau, wie Gras und Wasser. In der Geschäftsleitung sitzt mit Magali Anderson eine Chief Sustainability and Innovation Officer, und bis 2050 will der Konzern klimaneutral werden, also netto null Treibhausgase ausstossen.

Nun ist das Brennen von Klinker, einem Vorprodukt von Zement, aber inhärent umweltschädlich. Bei diesem Prozess wird aus Kalkstein (überwiegend CaCO3) Kalziumoxid (CaO). Was entweicht, ist CO2. Die Hälfte des gesamten CO2-Ausstosses der Zemenindustrie kommt auf diese Art zustande.

Zwar kann Holcim den Klinkeranteil im Zement reduzieren oder die Brennöfen mit alternativen Brennstoffen beheizen. Das wird auch bereits gemacht und hat durchaus einen Effekt. Aber viel einfacher ist es, einige Zementwerke zu verkaufen und mit dem Erlös Unternehmen zu erwerben, die umweltfreundlicher sind. Genau das ist der Plan. Der Verkaufserlös aus dem Indiengeschäft soll in Gesellschaften investiert werden, die nicht Zement produzieren, sondern Dachmaterialien, Dämmstoffe, Bodenbeläge oder Bauchemie. Das ist attraktiver für Investoren und stösst weniger CO2 aus.

Nur Augenwischerei

Nur gelangt mit dem Verkauf des Indiengeschäfts kein einziges CO2-Molekül weniger in die Atmosphäre. Denn natürlich werden die Werke weiter betrieben. Die Nachfrage nach Zement wächst stetig, die Margen sind attraktiv. Gautam Adani, der reichste Mann Indiens, der das Geschäft von Holcim kauft, zahlt einen stolzen Preis dafür in der Hoffnung auf eine ansprechende Rendite.

Für das Klima spielt es keine Rolle, ob Holcim das CO2 ausstösst oder die Adani-Group. Vielleicht wäre es für das Klima sogar besser, wenn die Zementwerke bei Holcim verblieben, einem Konzern, der unter dem Druck westlicher Regulatoren und klimabewusster Anleger grüner werden muss.

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