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07:30 Uhr - 08.04.2021

«Frauen denken vorausschauend»

Isabelle Jacob-Nebout, die Chefin des Wealth Management von Indosuez, setzt sich für Lohngleichheit und die Förderung von Frauen im Private Banking ein.

Frau Jacob-Nebout, welche Fähigkeiten braucht es im Private Banking?
Zwei- oder mehrsprachig zu sein, ist ein grosser Vorteil, aber darüber hinaus sollte Wissen um die vielfältigen kulturellen Codes, Lebensstile oder Traditionen unserer internationalen Kundschaft vorhanden sein. Es schafft leichter eine natürliche Verbindung auf der zwischenmenschlichen Ebene und sorgt für gegenseitiges Vertrauen.

Private Banking ist ein persönliches Geschäft. Gibt es Unterschiede, ob ein Banker oder eine Bankerin die Beratung durchführt?
Die neue Generation von Bankern muss in der Lage sein, sich schnell an neue Regulierungsvorschriften, sich verändernde Marktbedingungen sowie anspruchsvolle Anlage­lösungen anzupassen. In dieser Hinsicht muss ich sagen, dass die Frauen im Allgemeinen eher etwas vorausschauender denken und sich vor jeder Interaktion alle Aspekte des Kundenprofils genau ansehen.

Wie wird entschieden, wer mit der Beratung des Kunden betraut wird?
Wir entscheiden je nach den Bedürfnissen des Kunden, dem technischen Profil, dem Anlegerprofil, der Risikosensibilität, dem wirtschaftlichen oder dem familiären Umfeld. Schliesslich kommt es manchmal vor, dass Kunden auch sofort den Wunsch äussern, von einer Bankerin betreut zu werden, und uns sagen, dass sie die Art und Weise schätzen, wie sie Risiken analysieren und kontrollieren, ihre technischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen oder wissen, wie man die Zusammenarbeit mit Experten handhabt.

Gibt es in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen der französisch­sprachigen und der ­deutsch­sprachigen Schweiz?
Was Indosuez Wealth Management betrifft, so gibt es keine Unterschiede, da unser Kundenkreis in Genf und in Zürich sehr international ist. In der Ver­gangenheit gab es vielleicht ein paar kulturell bedingte Herausforderungen im Nahen Osten, da sich einige Kunden den Umgang mit weiblichen Bankern damals noch nicht so gewohnt waren. Das ist heute mit der neuen Kunden­generation völlig verschwunden.

Sind Sie da ganz sicher?
Oh ja, absolut. Gerade in Nahen Osten gehören mehr und mehr Frauen zu unseren Kunden. Das sind Unternehmerinnen und Gründerinnen. Die Region ändert sich mit einem sehr hohen Tempo. Zudem wird unser grösstes Kundenportfolio im Nahen Osten von einer Frau geleitet, und dies sehr erfolgreich.

Und in Asien?
In Asien ist es ähnlich. Auch hier haben wir mehr und mehr weibliche Kunden. Dort ist es häufig so, dass die Männer in der Familie das Geld verdient haben und die Frauen die Vermögen verwalten.

Wie ist der Frauenanteil bei Indosuez?
Im Bereich Frontoffice liegt er zwischen 40 und 45%, in den anderen Bereichen sind wir fast bei 50%. Wir wollen Frauen und Männern die gleichen Chancen für die berufliche Entwicklung bieten. In Bezug auf Ziele, Weiterbildung, Arbeitsbedingungen, Karriereentwicklung, Beförderung und Bezahlung. Wir bemühen uns, bereits bei der Stellenausschreibung darauf zu achten, ganz gezielt Frauen anzusprechen. Das war in der Vergangenheit in der Branche nicht immer der Fall.

Haben Sie interne Förderprogramme?
In den vergangenen Monaten haben wir spezielle Schulungen und Programme angeboten, die darauf abzielen, alle Frauen und Führungskräfte für das Thema Geschlechtervielfalt zu sensibilisieren sowie weibliche Führungskräfte zu fördern. Dazu gehörte auch ein Mentoring-Programm mit dem Ziel, Horizonte in Bezug auf die berufliche und die persönliche Entwicklung zu öffnen, lokale und gruppenweite Netzwerke zu entwickeln und zu lernen, wie sie ihren Einflussbereich verbessern und ihre Sichtbarkeit erhöhen können.

Wie lautet Ihr persönlicher Rat an Ihre Mitarbeiterinnen?
Frauen sind manchmal etwas zurückhaltend, was ihre persönlichen Ziele betrifft. Sie müssen lernen, sie besser zu kommunizieren. Auch müssen sie an sich selbst und ihre Fähigkeiten glauben. Das ist ganz wichtig.

Sie haben die Lohngleichheit ange­sprochen. Wie schätzen Sie die Branche diesbezüglich ein?
Ich arbeite jetzt seit 32 Jahren im Banking-Sektor. Die Branche war lange Zeit männerdominiert, mit den entsprechenden Verzerrungen, zum Beispiel, dass eher Männer befördert wurden. Heute legen wir grossen Wert darauf, dass Männer und Frauen auf dem gleichen Level gleich bezahlt werden. Mit Blick auf die Lohngleichheit haben wir bei Indosuez interne Benchmarks definiert, die wir erreichen müssen. Für dieses interne Projekt haben wir die Fair-on-Pay-Zertifizierung eines unabhängigen HR-Beratungsunternehmens auf Basis der von SGS (SGSN 2'712.00 -0.7%) definierten Kriterien erhalten. Eine wichtige Errungenschaft in der Schweiz.

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