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09:23 Uhr - 06.07.2015

Asiens Börsen zwischen Eurokrise und Chinabaisse

Nachdem Peking übers Wochenende weitere marktstützende Massnahmen ergriffen hatte, legte die Börse Schanghai am Montag 0,5% zu. Hongkong hingegen verlor 4,1%.

Investoren in Asien befanden sich am Montag angesichts der sich verschärfenden Krise in der Eurozone und der übers Wochenende von den chinesischen Behörden beschlossenen marktstützenden Massnahmen in einem Wechselbad. Während das führende regionale Börsenbarometer, der MSCI Asien-Pazifik, in den ersten Stunden im Handel mit einem Minus von 1,1% auf den tiefsten Stand in vier Monaten fiel, legte der von lokalen Investoren dominierte Aktienmarkt Schanghai bis Mittag lokaler Zeit 2,1% zu. Am Ende war es im Shanghai Composite Index ein Plus von 0,5% auf 3706,12. Die Börse Hongkong, an der internationale institutionelle Investoren den Ton angeben, verlor dagegen deutlich an Terrain. Der Hang Seng (Hang Seng 26064.11 -0.83%) Index schloss 4,1% tiefer auf 24’991,99. Der schlechteste Wert war der Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges & Clearing, er sackte 12,3% ab.

Premierminister Li Keqiang greift ein

Die exportorientierten asiatischen Länder befürchten einen Wachstumseinbruch in Europa, ihrem grössten Absatzmarkt ausserhalb der Region. Das hervorstechende Thema an den asiatischen Börsen war am Montag indes China, wo die Regierung sich mit aller Kraft gegen den weiteren Kurszerfall an den Festlandbörsen stemmt. Der Shanghai Composite Index ist zwischen dem 12. Juni und dem 3. Juli rund 30% eingebrochen. Nachdem unter anderem auch eine Zinssenkung und die Ankündigung, dass die staatliche Pensionskasse sukzessive bis zu 30% ihres Vermögens in Aktien anlegen wird, den Abwärtstrend nicht hatten stoppen können, rief Premierminister Li Keqiang Vertreter der Finanzindustrie über das Wochenende zu einer Krisensitzung zusammen.

Nach dem Treffen wurde bekannt, dass sowohl die Notenbank wie auch der Staatsfonds enger in die Rettungsmassnahmen einbezogen werden sollen. So wird die People’s Bank of China der China Securities Finance Corporation zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen. Damit  sollen Finanzinstitute den Investoren – nicht unproblematisch – zusätzliche Kredite für den Kauf von Aktien zur Verfügung stellen. Central Huijin Investment wiederum, die vom Staatsfonds China Investment Corporation kontrolliert wird, kündigte an, sie werde in den kommenden Tagen in grossem Stil in Indexfonds investieren. Die grössten Brokerhäuser des Landes wollen mit eigenen Aktienkäufen aktiver als bisher ins Marktgeschehen eingreifen. Fast zeitgleich wurde angekündigt, dass eine Reihe bereits bewilligter Börsengänge bis auf weiteres auf Eis gelegt wird.

Weiterhin hoch bewertet

Nicht zuletzt hat die Weltbank eine am letzten Mittwoch veröffentlichte Analyse über die chinesische Wirtschaft offenbar auf Druck Pekings teilweise aus dem Verkehr gezogen. In der umstrittenen Passage war auf die steigenden Risiken im chinesischen Finanzsystem hingewiesen worden, und die Regierung wurde zu energischeren Reformen angehalten.

Es bleibt aber unklar, ob der Kurszerfall an den Festlandbörsen mit der Erholung vom Montag gestoppt ist. In den ersten Handelsstunden hatten vorwiegend Aktien von staatlich kontrollierten Grossbetrieben zugelegt, was auf die «unsichtbare Hand» der Behörden hindeutet. Klare Einbussen erlitten dagegen weiterhin Technologiewerte und Titel von kleineren und mittelgrossen Unternehmen, die sich im Privatbesitz befinden. ChiNext, die Aktien der Technologieplattform der Börse Shenzhen, gaben am Montag in der ersten Tageshälfte 4% nach. Die Bewertung der an den Festlandbörsen gehandelten Aktien ist weiterhin hoch. «Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Talfahrt bleibt gross», heisst es zum Beispiel vom US-Finanzhaus Bank of America (BAC 17.03 -1.1%) Merrill Lynch.

In Hongkong tauchte der Hang Seng Index 4,1%. Auf den nach globalen Standards ausgerichteten offenen Handel in der ehemaligen britischen Kronkolonie haben die chinesischen Behörden keinen unmittelbaren Zugriff wie auf die Festlandbörsen. Zu den schlechtesten Werten gehörten neben dem Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges & Clearing (die Titel profitierten in der Vergangenheit vom Optimismus um die Börsenbrücke Stock Connect zwischen Hongkong und Schanghai) die Aktien von Lenovo (–10,4%) und Tencent (–9,5%). Hongkongs Taucher ist eine Reaktion auf die ungewisse Zukunft im Euroland und drückt auch Misstrauen gegenüber den Festlandmärkten respektive ihrem Anspringen auf die behördlichen Kursstützungsmassnahmen aus. Gewinnmitnahmen haben für viele Anleger Vorrang. Nach den Abgaben vom Montag notiert der Hang Seng Index noch knapp 6% über Jahresbeginn.

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