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14:30 Uhr - 12.02.2016

Schindler lässt sich wegen China nicht beirren

Der Rückgang im Riesenreich belastet den Lifthersteller wenig. Der Auftragseingang im Schlussquartal übertrifft die Erwartungen. Türkei und Iran sind neue Fokusmärkte.

Drei ­von fünf Liftanlagen werden in China gebaut. Wenn, wie 2015, im mit Abstand grössten Einzelmarkt für Neuinstallationen von Aufzügen und Fahrtreppen die abgesetzten Stückzahlen zurückgehen – zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren –, müsste das ein Alarmsignal sein.

Doch wie Kone (KNEBV 37.33 -0.43%), der Konkurrent aus Finnland, ist Schindler (SCHN 155.1 2.31%) unbeirrt weiter gewachsen. Die grösste Zunahme in Umsatz und Auftragseingang verzeichnet der Konzern immer noch in der Region Asien.

Der Nachteil, in China im Vergleich zur Konkurrenz im Rückstand gewesen zu sein, erweist sich derzeit eher als Vorzug. Schindler hat viel investiert und dank neuer Fabriken sowie einer Erweiterung und Modernisierung des Produktangebots in der Region und besonders in China Marktanteile gewonnen.

2015 hat der Konzern zwei Drittel aller Bestellungen für Neuanlagen in Asien hereingeholt und so erstmals die Grössenverhältnisse des Weltmarkts abgebildet. Vor zehn Jahren hatte Schindler in der Region, die damals 51% des Neuvolumens nachfragte, erst 27% aller Bestellungen registriert.

Noch nicht in Hochform

Während Schindler die Marktflaute in China keine grosse Sorge bereitet, ist der starke Franken definitiv ein Thema. Im Berichtsjahr verlor das Unternehmen 472 Mio. Umsatz und 87 Mio. Betriebs­gewinn (Ebit). Seit 2008 waren es gar annähernd 2,9 Mrd. Umsatz und 400 Mio. Ebit. Kone demgegenüber profitiert massiv vom schwachen Euro.

Schindler produziert einen hohen Anteil im jeweiligen Währungsraum. Viele Konzernfunktionen sind jedoch in der Schweiz angesiedelt. Darunter leidet die Marge. 2015 wurde sie durch den Währungseffekt 0,4 Prozentpunkte geschmälert. Trotzdem gelang eine deutliche Steigerung der Betriebsspanne. Mehrvolumen und der Einsatz modulartiger Komponenten ermöglichen, Skaleneffekte in Einkauf und Produktion zu nutzen.

Die immer noch drei Prozentpunkte hinter Kone zurückliegende Betriebsgewinnmarge zu steigern, ist ein Ziel auch für 2016, betonte Thomas Oetterli. Er wird Anfang April CEO, weil der bisherige Amtsinhaber Silvio Napoli in den Verwaltungsrat rückt, wo er 2017 von Alfred Schindler das Präsidium übernehmen soll.

Wachsen in einem schrumpfenden Markt

Ein weiteres Ziel besteht nach wie vor darin, rascher als der Markt zu wachsen. Trotz des rekordhohen Auftragseingangs im Schlussquartal 2015 fällt die Umsatzprognose für das laufende Jahr aber etwas vorsichtiger aus als vor zwölf Monaten. Die Konzernleitung erklärte die Zurückhaltung mit der herrschenden Ungewissheit über die Weltwirtschaft.

Oetterli rechnet mit 3 bis 7% mehr Einnahmen in ­Lokalwährung. Der chinesische Markt und mithin die globalen Stückzahlen würden erneut etwa 5 bzw. 3% schrumpfen. Helfen wird anderseits, dass die Türkei und der sich für Investitionen öffnende Iran als neue Fokusmärkte verstärkt bearbeitet werden. Es handelt sich immerhin um den viert- und den fünftgrössten Einzelmarkt für Neuinstallationen.

Eine Gewinnprognose wird das Unternehmen wiederum erst im August als Teil des Semesterberichts präsentieren. Die Finanzanalysten gehen im Durchschnitt von einem Gewinnfortschritt von 12% aus.

Die Schindler-Papiere sind auf dieser Basis mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 22 leicht über dem Zehnjahresschnitt bewertet, was sich mit der ausserordentlichen Stabilität von Erfolgsrechnung und Bilanz rechtfertigen lässt. Kone sind mit einem KGV von 19 günstiger.

Kone oder Schindler?

Schindler hat als Sicherheitspolster allerdings deutlich mehr Nettoliquidität in der Bilanz. Betrachtet man das Verhältnis ­Unternehmenswert (ohne Nettoliquidität) zum Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Amortisation (Ebitda), so sind Schindler (12) im Vergleich zu Kone (14) niedriger bewertet.

Kone locken dafür mit einer höheren Dividendenrendite: 4% versus knapp 2%. Schindler hat die ordentliche Dividende für 2015 von 2.20 auf 2.70 Fr. erhöht; im Vorjahr war dank ­Sondergewinnen eine Spezialdividende von 1 Fr. bezahlt worden.

Schindler wiederum kauft fleissiger eigene Titel zurück, 2015 im Wert von 780 Mio. Fr. Im Programm 2013 bis 2015 sind insgesamt 7,8% der ausstehenden Eigentumspapiere zurückerworben worden. Infolge Vernichtung erhöht sich der Gewinn je Namenaktie/PS dementsprechend.

Ein neues Rückkaufprogramm hat der Ver­waltungsrat noch nicht beschlossen. Im Moment gönnt er dem Finanzchef diesbezüglich eine Pause. Doch das Thema bleibt auf der Agenda. Anleger, die noch Mumm für Aktien aufbringen, sollten Schindler – und Kone – in die engere Wahl ziehen.

Die komplette Historie zu Schindler finden Sie hier. »

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