Richemont verkauft die Mehrheit an der Onlineplattform YNAP und beteiligt sich gleichzeitig am Partner Farfetch.
«Endlich, endlich!» gratulierten Kollegen von anderen Maisons Johann Rupert heute Morgen zum geplanten Verkauf von YNAP an Farfetch (FTCH 7.84 -2.61%) (47,5%-Beteiligung) und Mohamed Alabar, einem langjährigen Richemont-Partner in den Golfstaaten (3,2%-Beteiligung).
Das Schicksal der bis dato noch Verlust schreibenden Onlineplattform YNAP (Yoox Net-a-Porter) hielt die Luxusbranche in Atem. Im Quartalsergebnis wie auch im Gespräch mit Verwaltungsratspräsident Rupert hoffte man vergebens auf ein Update seitens Richemont (CFR 112.80 +2.55%).
Nun könnte die Lösung kaum besser sein, trotz der 2,7 Mrd. € nicht cashwirksamen Wertberichtigung. «Eine grössere Wertberichtigung musste befürchtet werden», schreibt Patrik Schwendimann, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank, in seiner Analyse. Dafür werde die Ebit-Marge von Richemont künftig aufgrund der Dekonsolidierung um rund 470 Basispunkte steigen.
Richemont erhält im Gegenzug Farftech-Aktien im aktuellen Gegenwert von rund 450 Mio. € und wird YNAP für bis zu zehn Jahre eine Kreditlinie einräumen.
Einer der grössten Vorteile des Deals für Richemont ist die Nutzung der beträchtlich stärkeren Internet-Technologie des britischen E-Commerce-Spezialisten Farfetch.
«Es war nie die Absicht Richemonts, ein Online-Business zu besitzen», erklärte Rupert an der Medienkonferenz am Mittwochmorgen. Sieben Jahre lang plädierte er für eine «neutrale» Onlineplattform für Luxusgüter, nun ist der Wunsch wahr geworden.
Nebst der vorteilhaften Technologie wird auch das Zielpublikum erweitert. Farfetch ist vor allem auch im Nahen Osten, den Emiraten, in der Region Asien-Pazifik und Lateinamerika beliebt. Die Konsumenten der Plattform sind im Schnitt 34 Jahre alt, in ihrem Fashion-Verhalten freiheitsliebend.
Net-a-Porter zieht ein durchschnittlich älteres Publikum an, welches modisch auf ein kuriertes Angebot setzt. Yoox wiederum kauft die unverkauften Teile von vorigen Saisons und bietet sie modischen Schnäppchenjägern zu Outletpreisen an.
Zum guten Deal kommt die allgemein positive Stimmung in der Luxusbranche, die auch in Inflationszeiten solide bleibt. Trotzdem bleibt Rupert seinem gezügelten Optimismus treu. Wie sich herausstellte, hatte er damals bezüglich des verlängerten Covid-Lockdowns in China recht, obwohl die Aktie durch seine Aussage auf einen Schlag 14% an Wert verlor.
Ähnlich sieht Rupert die Situation nun in Europa. Wir seien mit dem Krieg zu optimistisch. «Energie macht mir da weniger Sorgen als Weizen. Weizenpreise führen zu Revolutionen», warnt Rupert.
Dennoch sagt er, der Appetit für Luxusgüter sei gross. Nach dem heutigen Deal wird Richemont diesen Appetit auch Online noch besser stillen können.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.