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07:20 Uhr - 31.07.2019

Versicherer finden digitale Helfer

Baloise, Helvetia und Vaudoise investieren Millionen in Start-ups. Das soll sich finanziell wie betrieblich auszahlen.

Wer sich auf digitalen Plattformen Offerten für den Wohnungsumzug oder die Hausrenovation ausstellen lässt, hat womöglich auch Bedarf für Transport- oder Gebäudeversicherung. Und wer digital Hypothekenangebote anfordert, wird je nach Darlehensumfang vom Kreditgeber um Hinterlegung einer Todesfallrisikopolice gebeten. Findige Versicherer bringen sich deshalb auf Internet-Marktplätzen ins Geschäft.

Wenn auf Umzugs- oder Hypothekenplattformen passende Versicherungen mit nur einem Mausklick als Zusatzleistung erworben werden können, erhält die Kundschaft mühelos umfassende Leistungen. Die Versicherer gewinnen so mit geringem Aufwand Neukunden.

Digitalverträge mit Potenzial

Die mittelgrossen Schweizer Versicherer kooperieren bereits mit einer Vielzahl von jungen Digitalunternehmen. Baloise (BALN 179.9 -0.61%), Helvetia (HELN 125.5 -1.03%) und Vaudoise investieren zusammen mehrere Hundert Millionen Franken für bestimmende oder minderheitliche Finanzbeteiligungen, um die Vertriebszusammenarbeit zu untermauern.

Helvetia hat für das 70%-Aktienpaket am Hypothekenvermittler MoneyPark mehr als 100 Mio. Fr. hingelegt. Baloise steckte rund 170 Mio. Fr. in die Online-Autoversicherung Friday sowie Engagements bei der Umzugsplattform Movu, dem Wäschedienstleister Bubble Box (BOX 16.82 -0.24%) und dem Renovationsmarktplatz Devis.ch. Was aus diesen Investments an zusätzlichem operativen Umsatz und Gewinn bleibt, machen die Unternehmen nicht publik.

Baloise-Chef Gert De Winter sagte im Dezember im Interview mit «Finanz und Wirtschaft», das Unternehmen setze bereits 12% der Autoversicherungspolicen online ab. Zudem ­würden wöchentlich mindestens 500 Gegenstandsversicherungen digital vereinbart, etwa für Wertsachen wie Uhren, Musikinstrumente oder elektronische Geräte.

Das Argument, Einzelobjekte zu knappen Bedingungen rentierten wohl nur wenig, wischte er beim damaligen Gespräch vom Tisch. Interessant sei das Potenzial, aus solchen Initialverträgen mit aufmerksamer Begleitung über die Zeit weitere Policen abzuschliessen und die geschäftliche Beziehung tragfähiger zu gestalten.

Philipp Gmür, CEO von Helvetia, hält viel von der Mehrheitsübernahme beim Finanzproduktmittler MoneyPark. Der Versicherer könne vermehrt in Netzwerken agieren und profitiere von Mittlergebühren, von Kontakten und vom Absatz eigener Produkte, sagte er vor Jahresfrist im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft».

Gebühren, Kontakte, Absatz

Gleiches erwartet Helvetia von den kleineren Beteiligungen an inzwischen elf Jungunternehmen. Über den hauseigenen Venture Fund – mit 50 Mio. Fr. dotiert – würden bei Finanzierungsrunden geeigneter expansiver Firmen zwischen 0,5 Mio. und 2 Mio. Fr. eingeschossen, lässt Helvetia-Sprecherin Nadja Häberli ausrichten. Mit der Entwicklung sei das Management «sehr zufrieden». Neuestes Engagement ist der Einstieg bei der deutschen Mobile Garantie, die den Gebrauchtwagenmarkt mit Sicherheitsdeckungen unterstützt.

Häberli begründet solche Engagements mit dem strategischen Nutzen, sich mit innovativen Geschäftsmodellen zu umgeben sowie den eigenen Betrieb für digitale Formen umzubauen. So ist der Versicherer finanziell und operativ mit Chargery verbunden, die E-Mobilitäts-Services anbietet, sowie mit Alarmplane.de, die mit Applikationen zur Transportsicherheit im Markt ist.

Die Vaudoise Versicherung (VAHN 508 0.4%) hat ihr 15-Mio.-Fr.- Budget für Start-up-Beteiligungen und digitale Investitionen bislang zur Hälfte eingesetzt, wie Stefan Schürmann mitteilt. Der Leiter Unternehmensentwicklung verweist auf die Engagements am Hypothekenvermittler Credex und an Neocredit, die über digitales Crowdlending geldsuchende KMU mit finanzierenden Institutionellen und Privatpersonen verbindet.

Baloise bei Anlegern beliebt

Vaudoise will gemäss Schürmann mit Komplementärinvestitionen die Anbieterposition langfristig stützen. Erreicht werden mit den auf das Marktgebiet Schweiz konzentrierten Aktivitäten 1,2 Mrd. Fr. Einnahmen, die primär von der Schaden- und Haftpflichtversicherung stammen.

Baloise und Helvetia sind nach Einnahmen und Kapitalisierung etwa vier Mal grösser als Vaudoise, da sie auch in der Vorsorge- und Lebensversicherung aktiv sind. In der Schweiz sichern sie sich nach Swiss Life (SLHN 483.5 -1.35%) und Axa Schweiz vordere Plätze. Helvetia führt ausserhalb der Schweiz besonders in Italien und Deutschland grössere Betriebsteile. Baloise ist daran, den Zweitmarkt Belgien mit einer weiteren Akquisition in aussichtsreiche Position zu bringen. Nicht zuletzt deshalb sind die Baloise-Valoren – bei sonst vergleichbarer Bewertung und Dividendenrendite – bei Anlegern beliebter.

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