Zurück zur Übersicht
11:56 Uhr - 09.10.2015

«Positive Rendite auch in müden Märkten»

Es wimmelt von Multi-Asset-Produkten. David James, CIO Fixed Income und Co-Manager des Aviva Investors Multi-Strategy Target Return Funds, bündelt das Portfolio jedoch nach Themen und nicht nach Anlageklassen.

Herr James, immer mehr Finanzprodukte bezeichnen sich mit «Multi». Eine Mode, alter Wein in neuen Schläuchen, oder mehr?
«Multi» kommt tatsächlich inflationär vor und beschreibt vieles und doch nichts. Multi-Asset-Portfolios können sehr unterschiedlich gestaltet sein, spekulative Anlagen umfassen, aber auch ganz klassische Investments. Typisch ist die Diversifikation über Anlageklassen und/oder  Anlagekonzepte hinweg. Der Name mag neu sein, das Vorgehen ist es nicht. Was sich verändert hat, ist das Bewusstsein der Anleger. Ihnen wird fast täglich vor Augen geführt, wie stark die Finanzmärkte Einflüssen mit globaler Wirkung unterliegen. Mal ist es Griechenland, mal ist es China, das für Verunsicherung sorgt, zusätzlich zu den Ereignissen an den traditionellen Märkten. In der Portfoliokonstruktion müssen immer mehr Faktoren berücksichtigt werden, um ein Depot erfolgreich und effizient führen zu können.

Wie begegnet Aviva (AV. 454 -18.2%) Investors, eine Tochter des gleichnamigen britischen Versicherers, mit ihrem «Multi»-Fonds dieser Herausforderung?
Die meisten «Multi»-Produkte konzentrieren sich auf die Asset Allocation, auf die Chancen und Risiken einzelner Anlagen und Anlageklassen, die dementsprechend zusammengestellt werden. Das hat nach unserer Meinung viel mit Timing zu tun, und Timing ist bekanntermassen ein sehr schwieriges Unterfangen. Niemand kennt die Zukunft. Daher ist es wichtig, ein Portfolio so zu strukturieren, dass es sich gut entwickelt, selbst wenn man sich bei einer Idee mal irrt, oder wenn die Märkte sehr volatil sind. Wir fokussieren uns auf Themen. Das Portfolio wird um makroökonomische Trends und um Marktsituationen herum gebaut, ohne Benchmark, mit einem Dreijahreshorizont und – wichtig – mit Risikopolster, falls wir bei einer Strategie falsch liegen.

Wie beurteilen Sie die Märkte?
Egal, was Anleger in den vergangenen Jahren gekauft haben, fast alles führte zum Erfolg. Wir sind in einer gefährlichen Zone angekommen, in der eine gewisse Selbstherrlichkeit und Sorglosigkeit Einzug gehalten hat.

Sie meinen das Vertrauen in die Notenbanken nach dem Motto: Die Geldpolitik wird es schon richten?
Genau, wobei die Notenbanken gute Arbeit leisten. Aber man sollte sich stets vor Augen führen, dass wir uns in einer Welt mit stark unterschiedlichen geldpolitischen Regimes befinden. Mit dem  Quantitative Easing haben sich die Geldbehörden auf unerforschtes Territorium begeben. Euroland und Japan beschreiten es weiterhin. Wie die Märkte reagieren werden, wenn auch sie den Geldhahn zurückzudrehen beginnen, ist völlig offen. Hinzu kommt, dass aus regulatorischen Gründen die Banken ihre Bilanzen massiv reduzieren, wodurch den Märkten schon jetzt Liquidität entzogen wird.

Die Volatilität wird anhalten?
Ich will nicht schwarzmalen. Immerhin befindet sich die US-Wirtschaft auf Erholungskurs, und auch in Europa macht sich eine Besserung bemerkbar. Doch die Volatilität wird andauern, voraussichtlich noch zunehmen, was jedoch nicht schlecht sein muss – im Gegenteil: Mehr Volatilität bedeutet mehr Chancen.

Was könnten Ihre nächsten Schritte sein?
Wir bevorzugen die etablierten Märkte vor den Emerging Markets, haben keine Rohstoffanlagen und haben in Schwächephasen Aktienpositionen in Kontinentaleuropa, in Japan und den USA erhöht. Bei fortgesetzter Volatilität respektive bei Kursschwächen haben wir im Sinn, diese weiter aufzustocken. Das ist die Basis für den Marktertrag. Zweite und dritte Säulen sind Erträge aus opportunistischen und aus risikoreduzierenden Themen respektive Strategien. Insgesamt umfasst das Portfolio rund dreissig Strategien, die sich ergänzen oder gegenseitig absichern.

Das ruft nach Beispielen. Wie sehen die Strategien aus, und wie verläuft die Umsetzung?
Es sind ganz unterschiedliche Strategien. Sie stammen aus Inputs der Experten  rund um die Welt, die in engem Kontakt zueinander stehen, was uns erlaubt, die Themen in ihrer ganzen Vielfalt zu spielen. Auch die Aussensicht ist wichtig, beispielsweise, wie unsere Leute in Polen nicht nur die Lage in ihrem Land, sondern in ganz Zentraleuropa und generell an den Märkten sehen. Denn in manchen Häusern ist es heute noch so, dass sich etwa die Analysten für Gilts, obschon der britische Bondmarkt stark vom amerikanischen geprägt ist, sich nicht mit dem US-Treasury-Team unter demselben Dach austauschen.

Stichwort US-Zinsen und Bondmarkt. Wie sind Sie positioniert?
Wir gehen davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus in den USA moderat sein wird. Das minimiert die Gefahr eines globalen Bondcrashs. Sollten wir falsch liegen und die US-Notenbank legt sich forscher ins Zeug, so hat sie dafür ihre Gründe. Ein wesentlicher Grund wäre ein deutlicheres Anziehen der Inflation als erwartet. Für diesen Fall schützen wir uns mit inflationsgesicherten Anleihen. Oder ein anderes Beispiel, auch aus der Risikoreduktion: Selbst wenn wir nicht glauben, dass Chinas Wachstum unter 5 oder sogar 4% fallen wird, denn die Transformation von der Export- zur mehr binnenorientierten Wirtschaft gelingt bisher recht gut und wird dem Land in einigen Jahren neuen Schub verleihen – was schützt den Anleger vor weiterem Schwächeln von Chinas Konjunktur?

Sie sagen es uns.
Australische Dollar-Anleihen. Chinas Schwäche trifft das rohstofflastige Australien. Die australischen Leitzinsen betragen nicht null, sondern rund 2%. Sollte es down under eng werden, hat die Notenbank Spielraum, die Zinsen zu senken, wovon australische Bonds profitieren und mit Blick auf dieses Szenario auch teils schon profitiert haben.

Der Fonds wurde erst im Juli 2014 lanciert, hat mit einem Vermögen von gut 1 Mrd. € allerdings schon ein stattliches Gewicht. Wo ging das Konzept dieser Strategiepaare, der Absicherung, schon auf?
Beim genannten Beispiel etwa. Als Mitte August aufgrund der China-Ängste die globalen Aktienmärkte in einer Woche fast 10% korrigierten, verlor der Fonds nur 1,6% an Wert, und die Volatilität war weniger als ein Siebtel von der an den globalen Börsen.

Ist Kapitalerhalt das Ziel?
In hektischer bis stürmischer Zeit, was zum Glück die Ausnahme an den Märkten ist, stellt Kapitalerhalt die Minimalanforderung dar. Ziel ist eine jährliche Bruttorendite von durchschnittlich 5% über Cash über drei Jahre, mit einer Volatilität von weniger als der Hälfte wie an den globalen Aktienmärkten. Zugegeben, der Fonds ist noch jung, aber mit der bisherigen Performance und dem Abschneiden in mehreren Feuerproben in letzter Zeit wähnen wir uns auf gutem Kurs.

Haben Sie Investments in der Schweiz?
Wir schauten uns noch vor der Freigabe des Euromindestkurses den Franken genauer an, kamen aber zur Erkenntnis, dass es kaum jemand schaffen würde, gegen die Schweizerische Nationalbank zu spekulieren. Vom Verzicht auf den Mindestkurs waren wir dann genauso überrascht wie alle anderen. Währungsseitig sind wir beispielsweise weiter «long» im US-Dollar gegen den Yen und «short» in Euro und Pfund gegen die US-Währung.

Wo sind Sie sonst noch «long», auf steigende Kurse, ausgerichtet?
Unter anderem zyklische US-Konsumaktien, deutsche und japanische Aktien, und für China sind wir freundlicher gestimmt als der Konsens.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.