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10:00 Uhr - 24.04.2015

SNB-Chef: «Sparen lohnte sich auch schon weniger»

Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Thomas Jordan, widmet sich an der heutigen Generalversammlung eingehender der Kritik am Negativzins. Sein Fazit: ein notwendiges, aber temporäres Phänomen.

Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB (SNBN 1290 0%)), kontert in seinem heutigen Referat an der SNB-Generalversammlung die Kritik an den Negativzinsen. «Wir sind uns bewusst, dass das heutige Tiefzinsumfeld für Investoren, insbesondere für Pensionskassen, sehr anspruchsvoll ist», sagte er gemäss Redetext am Freitag in Bern. Die Auswahl an akzeptablen Investitionsmöglichkeiten sei eingeschränkt. Gerade für Institutionen, die eine gesetzlich oder vertraglich festgelegte Rendite erreichen müssten, sei es zurzeit schwierig, sie zu erzielen.

Zu behaupten, ein negativer Zins beraube die Wirtschaft einer wichtigen Orientierungsgrösse, trifft nach seiner Einschätzung allerdings nicht zu. «Der Zins belohnt den Verzicht auf Konsum», argumentiert der Notenbankchef. Die so gesparten Mittel stünden grundsätzlich für Investitionen zur Verfügung. Diese müssten einen Ertrag erwirtschaften, der die Bezahlung der Zinsen ermögliche. Sei indes die Unsicherheit hoch, werde jedoch vermehrt gespart und hielten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück. Unter diesen Verhältnissen sinke der Zins im Extremfall auch in den negativen Bereich, wie es aktuell der Fall sei.

Weltweit wird zu wenig investiert

Gemäss Jordan drücken die tiefen oder negativen Zinsen aus, dass weltweit ein sehr hohes Angebot an Sparkapital einer relativ geringen Investitionsnachfrage gegenübersteht.

Die SNB erwartet jedoch, dass es sich dabei um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Jordan in seinem Referat: «Wir gehen davon aus, dass sich die Wirtschaft weiter erholen wird und die Zinsen weltweit wieder ansteigen werden.» Erste Anzeichen dafür seien in den USA erkennbar.

Mit Blick auf die internationale Lage werde klar, dass der Zins in der Schweiz nicht höher liegen könne als im Rest der Welt, denn sonst würden grosse Zuflüsse in den Franken drohen.

Sparen lohnte sich auch schon weniger

Für die Schweiz geht die SNB von einem Wirtschaftswachstum um 1% im Jahresdurchschnitt 2015 aus. Vor der Aufhebung des Mindestkurses rechnete sie mit 2% Wachstum. Die Inflation werde –1,1% betragen. Eine anhaltende Negativteuerung oder eine Deflationsspirale seien nicht zu erwarten, betonte Jordan.

Bei aller Besorgnis über die Negativzinsen solle nicht vergessen werden, dass wegen der negativen Inflation die Realzinsen in der Schweiz höher seien als die Nominalzinsen. Das Argument des Nationalbankpräsidenten: Wenn die Inflation tiefer ist als der Nominalzins, resultiert am Ende trotzdem ein Zuwachs an Kaufkraft, selbst wenn eine Anlage keinen nominalen Ertrag erzielt. Und da in der Vergangenheit die Inflationsrate oft den Nominalzins übertraf, sei die Lage gar nicht so schlimm: «Gemessen am realen Ertrag gab es schon Zeiten, in denen sich Sparen weniger lohnte als heute, ja in denen Sparguthaben real sogar an Wert verloren haben», versuchte der Nationalbankpräsident die SNB-Aktionäre zu überzeugen.

Die SNB hatte im Dezember den Leitzins Dreimonats-Libor erstmals auf –0,25% gesenkt. Als sie im Januar die Kursuntergrenze für den Euro von 1.20 Fr. aufhob, reduzierte sie den Zins auf –0,75%.

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