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11:29 Uhr - 05.11.2014

EZB braucht Denkpause

Die EZB dürfte an der Zinssitzung am Donnerstag keine neuen Massnahmen beschliessen.

Am Donnerstag trifft sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), um über die Geldpolitik in der Eurozone zu beraten. Die Wirtschaftslage im Währungsraum hat sich seit der Zinssitzung im Oktober kaum verändert: Der Ausblick bleibt trüb (vgl. S. 21). Am meisten Kopfzerbrechen dürfte EZB-Präsident Mario Draghi nach wie vor die rekordniedrige Inflation bereiten. Die Jahresteuerung lag im Oktober bei 0,4% und damit weiterhin weit unter dem EZB-Zielwert von knapp unter 2%.

Dennoch dürfte Draghi an der Pressekonferenz nach der Zinssitzung wenig Neues enthüllen. Die EZB hat in den vergangenen Monaten verschiedene Massnahmen beschlossen, um der niedrigen Teuerung entgegenzuwirken. Zwar ist die Wirkung der Beschlüsse äusserst umstritten, dennoch wird die EZB voraussichtlich deren Umsetzung abwarten und vorerst keine neuen Interventionen beschliessen.

Ein grosses Versprechen

Im September hatte die EZB für eine Überraschung gesorgt und ein Wertpapierkaufprogramm lanciert. Draghi kündigte an, die Notenbank werde Pfandbriefe (Covered Bonds, CB) und Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities, ABS) kaufen. Das Programm hat eine Laufzeit von mindestens zwei Jahren.

Der EZB-Rat beschloss das Programm gegen den Widerstand von Bundesbankchef Jens Weidmann. Draghi hatte Alarm geschlagen, nachdem die Inflationserwartungen im August unter 2% gefallen waren. Diese Verankerung bei 2% hatte die EZB trotz der historisch niedrigen Inflationsraten bisher davon abgehalten, ein Stimulusprogramm zu beschliessen.

zoomDraghi hat seither erklärt, er wolle die Notenbankbilanz auf das Niveau von Anfang 2012 ausweiten. Dazu muss die EZB Wertschriften im Volumen von rund 1 Bio. € erwerben. Allerdings wurden Draghis Aussagen bislang nicht offiziell vom EZB-Rat bestätigt. Die Finanzmärkte werden der Notenbank daher genau auf die Finger schauen, um abzuschätzen, wie ernst die Ankündigung tatsächlich zu nehmen ist.

Begrenzte Erfolgsaussichten

Seit dem Beschluss im September hat die EZB das Anleihenkaufprogramm vorangetrieben. Am 20. Oktober hat sie den Kauf von Pfandbriefen gestartet und innerhalb von zwei Wochen Wertschriften im Umfang von 4,8 Mrd. € gekauft. Zudem hat die Notenbank vier Asset Manager engagiert – Deutsche Bank (DBK 24.725 0.72%), ING, State Street (STT 76.58 0.95%) und Amundi –, die sie bei der Vorbereitung des ABS-Programms unterstützen sollen. Laut Reuters will die EZB im November die ersten Kreditverbriefungen kaufen.

Doch Experten sind skeptisch. «Die EZB wird das Momentum nicht aufrecht erhalten können, denn die Liquidität am Markt für Covered Bonds wird abnehmen», schreiben die Analysten von Barclays (BARC 238.8 0.84%) zum Auftakt der Pfandbriefkäufe. Auch die Ökonomen  von Société Générale halten die Erfolgsaussichten für begrenzt. «Um die angepeilte Expansion der Bilanz zu erreichen, muss die EZB ihre Anleihenkäufe auf andere Anlageklassen ausweiten und etwa Unternehmensanleihen berücksichtigen», schreiben sie. Die Analysten erwarten, dass die Notenbank diese Instrumente Anfang des nächsten Jahres in ihr Kaufprogramm aufnehmen wird. Doch selbst in diesem Fall prognostiziert Société Générale, dass die EZB ihre Bilanz bis Ende 2016 nur um rund 450 Mrd. € wird vergrössern können.

Für ein schlagkräftiges Stimulusprogramm nach Vorbild der US-Notenbank oder der Bank of Japan müsste die EZB Staatsanleihen kaufen. Doch der politische Widerstand dagegen ist immens. Die Analysten von Barclays erwarten dennoch, dass die EZB die Staatspapiere Anfang 2015 auf den Einkaufszettel setzen wird. Société Générale hält die Wahrscheinlichkeit eines vollumfänglichen Stimulusprogramms dagegen für klein. Mehrheitlich einig sind sich die Ökonomen darin, dass die bisherigen Massnahmen nicht reichen, um die Wirtschaft der Eurozone wieder in Schwung zu bringen.

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