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17:41 Uhr - 03.05.2016

Der Öl-Rally fehlt das Fundament

Der Ölpreis hat den Boden erreicht. Die weitere Erholung hängt von den US-Frackern ab.

Kaum ein anderes Land ist dermassen auf einen steigenden Ölpreis angewiesen wie Venezuela. Gemäss einer Berechnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) müsste der Nordseeölpreis (Brent (Brent 44.965 -1.72%)) auf mehr als 120 $ pro Fass steigen, damit das lateinamerikanische Land die budgetierten Staatsausgaben für 2016 decken könnte. Um den unmittelbaren Staatsbankrott abzuwenden, wäre gemäss der Investmentbank BCP ein Preis von 50 bis 60 $ für das schwerere und daher günstigere venezolanische Öl notwendig. Trotz der jüngsten Rally kostet ein Fass derzeit deutlich weniger.

Am Dienstagnachmittag handelte ein Fass der Sorte Brent um 46 $. Venezolanisches Öl kostete rund 34 $. Damit haben beide Preise seit Ende März um 20% zugelegt. Preistreibend wirkte gemäss Commerzbank (CBK 7.322 -9.55%) der vorübergehende Rückgang der Ölförderung in den USA. Einer weiteren Rally fehlt den Analysten zufolge aber die Grundlage.

Opec fördert mehr

Denn in den Ländern des Ölkartells Opec steigt die Produktion weiter. Im April lag die Fördermenge gemäss der Nachrichtenagentur Reuters mit 32,64 Mio. Fass pro Tag nur knapp 10 000 Fass unter dem Mehrjahreshoch vom Januar. Commerzbank schätzt, dass die Fördermenge des Ölkartells auch in den kommenden Monaten eher zunehmen wird. Nach dem gescheiterten Treffen in Doha Mitte April sei eine baldige Einigung auf eine Förderobergrenze innerhalb der Opec unrealistisch.

zoomEntscheidend für die Ölpreisentwicklung im laufenden Jahr seien daher vor allem die Nachfrageseite und die Förderung der Nicht-Opec-Länder, wie die International Energy Agency (IEA) schreibt. Die Energiebehörde erwartet im zweiten Quartal eine stabile Nachfrage aus China und einen Produktionsrückgang um 700 000 Fass pro Tag ausserhalb der Opec. Damit könnte das weltweite Überangebot von derzeit 1,5 Mio. Fass pro Tag deutlich reduziert werden. Dies jedoch nur, wenn die Fördermenge in den USA weiter sinkt. Seit einem Jahr ist die US-Produktion um 5,3% auf unter 9 Mio. Fass pro Tag zurückgegangen.

Unsichere US-Produktion

Mittelfristig erwarten die Analysten von Commerzbank, dass das deutlich gestiegene Preisniveau die Bohraktivitäten in den USA wieder ankurbeln und das Angebot steigern dürfte. Das entspricht den Aussagen der US-Schieferölunternehmen, die angekündigt haben, die Produktion ab einem Preis von 50 $ pro Fass wieder voll aufzunehmen. Doch wie schnell die Unternehmen auf Preisentwicklungen reagieren können, hängt gemäss IEA von deren finanziellen Situation ab. Kleine Förderer könnten Mühe haben, die Ölbohrungen in kurzer Zeit zu reaktivieren, denn dafür fehlten vielen die finanziellen Mittel.

Der Ölpreis dürfte den Boden erreicht haben. Der Trend werde in den kommenden Monaten eher nach oben zeigen, sagte auch IEA-Chef Fatih Birol bei einem Treffen der G7-Energieminister am vergangenen Sonntag. Doch eine Erholung könnte dauern – für Venezuela vielleicht zu lange.

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