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20:17 Uhr - 10.07.2014

Indiens Staatsfinanzen sollen ins Lot gebracht werden

Die seit zwei Monaten amtierende Regierung will das Finanzsystem stärken und das Wachstum antreiben. Angesichts der grossen Hürden reagiert die Börse mit Skepsis.

Die seit zwei Monaten amtierende Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi hält in ihrem Budgetentwurf für das bis März 2015 dauernde Finanzjahr an dem bereits von der Vorgängerregierung festgelegten Defizit von 4,1% des Bruttoinlandprodukts (BIP) fest. Das ist die tiefste Vorgabe in sieben Jahren. Finanzminister Arun Jaitley kündigte am Mittwoch in seiner Rede vor dem Parlament gleichzeitig eine ganze Reihe von Wirtschaftsreformen an. Damit soll das Investitionsklima verbessert und dem Wirtschaftswachstum erneut mehr Schwung verliehen werden.

Das Steuersystem wird reformiert

So sollen neu in Betrieb genommene Kraftwerke zehn Jahre von der Steuer befreit werden. Ausländische Investoren sollen neu ohne Zustimmung der Regierung bis zu 49% an Rüstungsunternehmen erwerben können. Nicht zuletzt hat Jaitley eine Harmonisierung des Fiskalregimes angekündigt. In den vergangenen Jahren wurden ausländischen Konzernen wiederholt rückwirkend Steuern auferlegt. Das berühmteste Beispiel ist der britische Telecomkonzern Vodafone (VOD 197.3 0.03%), dem nach der bereits abgeschlossenen Akquisition eines indischen Unternehmens eine Steuerrechnung in Höhe von 2,4 Mrd. $ ins Haus flatterte. Mit der Einführung einer landesweiten Mehrwertsteuer auf Waren und Dienstleistungen soll dem Staat mittelfristig mehr Geld zufliessen. Mit dieser Reform soll die Steuererhebung erleichtert und die Fiskalbasis erweitert werden.

Im vorausgegangenen Finanzjahr belief sich das Haushaltdefizit auf 4,5%. Der Fehlbetrag fiel allerdings nur deshalb nicht grösser aus, weil die Vorgängerregierung eine ganze Reihe von Verpflichtungen wie etwa die Finanzierung von bereits geleisteten Lebens- und Energiesubventionen auf das neue Finanzjahr verschoben hat. Auch wurde die Realisierung von fest geplanten Infrastrukturprojekten auf die lange Bank geschoben, und mit der Teilprivatisierung von Staatsunternehmen wurden einmalige Einnahmen generiert.

Die Staatsausgaben verringern ist schwierig

Finanzminister Jaitley räumte vor dem Parlament ein, dass die Eindämmung der aus dem Ruder gelaufenen Staatsausgaben ein schwieriges Unterfangen sein wird. «Die Umsetzung des Ziels mag zwar mühevoll sein, doch habe ich entschieden, mich der Herausforderung zu stellen.»  Gleichzeitig versprach er, dass das Haushaltsdefizit bis 2017 auf 3% des BIP gesenkt werden soll. Dieses Unterfangen erscheint umso ambitiöser, sind in den kommenden zwei Jahren doch nicht nur Ausgaben fällig, die von der Vorgängerregierung auf das jetzige Budget verschoben worden sind, sondern vor allem auch wegen der  steigenden Energie- und Lebensmittelpreise.

Die erhöhten Spannungen in Nahost verteuern die Erdöleinfuhren. Gleichzeitig zeichnen sich in der zweiten Jahreshälfte Niederschläge ab, die unter dem langjährigen Durchschnitt liegen und damit eine schlechte Erntesaison mit sich bringen könnten. Rund 800 Mio. der 1,2 Mrd. Inder leben mit weniger als 1 $ pro Tag. Die Regierung könnte damit gezwungen sein, ihre Subventionszahlungen für Treibstoffe, Dünger und Grundnahrungsmittel zu erhöhen.

Pläne, das ineffiziente und korruptionsanfällige Subventionssystem durch die Umstellung auf Direktzahlungen zu modernisieren, könnten damit gefährdet sein. Steigende Lebensmittelpreise würden auch die Inflation anheizen. Die Zentralbank könnte damit gezwungen sein, den Leitzins weiter zu erhöhen.

Die Börse Mumbai liess während Jaitleys Rede deutlich nach, doch erholte sich der Sensex-Index im weiteren Verlauf des Tages von der Schwäche und ging am Mittwoch unverändert aus dem Handel. Der indische Leitindex hat seit der Wahl Narendra Modis beinahe 6% zugelegt.

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