Die Bank am Bellevue wechselt den Besitzer. Die Bellevue Group verkauft ihre Bank an die luxemburgische KBL-Gruppe.
Lange wurde darüber gemunkelt, jetzt sind die Würfel gefallen: Die Bellevue (BBN 21.5 0%) Group trennt sich von ihrer Bank am Bellevue. Käuferin ist die luxemburgische Privatbankengruppe KBL, die Belegschaft und Kundenstamm mit verwalteten Vermögen von rund 1,7 Mrd. Fr. übernimmt. Bellevue-CEO André Rüegg sagt, woran die Neuausrichtung der Bank gescheitert ist und was Bellevue mit dem Verkaufserlös vorhat.
Herr Rüegg, warum verkauft die Bellevue-Gruppe ihre Bank, und warum gerade jetzt?
Die Frage nach dem Verkauf hat sich schon länger gestellt. 2017 haben wir uns aus dem Broker-Geschäft und dem Investment Banking zurückgezogen. Eigentlich hätten wir die Bank schon damals aufgeben können. Stattdessen wollten wir ihr eine Chance geben und sie im Bereich Wealth Management neu positionieren. Doch das war schwieriger als gedacht. Die Bellevue-Gruppe ist ein institutioneller Player, früher im Brokerage und im Investment Banking, heute im Asset Management. Die DNA, die es braucht, um erfolgreich im Privatkundengeschäft zu operieren, hatten wir nicht – wir mussten sie uns langsam und beschwerlich erarbeiten.
Woran ist der Traum letztendlich gescheitert?
An der fehlenden Zeit. Um die Bank als Vermögensverwalterin profitabel aufzubauen, hätten wir noch mehrere Jahre investieren müssen.
Sprich: Bellevue hat sich zu wenig Zeit genommen.
Ja, definitiv. Ich habe immer gesagt, dass wir tendenziell drei bis fünf Jahre benötigen, um das Geschäft erfolgreich zu positionieren. Doch so viel Geduld konnten wir nicht aufbringen. Natürlich stellt sich die Frage, wie lange es dauern darf, bis man mit einem Geschäft aus der Verlustzone kommt und einen vernünftigen Payback erwirtschaftet. Aber ich hätte uns mehr Zeit gewünscht. Rückblickend muss ich gestehen: Hätten wir geahnt, dass wir nicht die notwendige Geduld aufbringen können – wir hätten den Schritt wohl nicht gewagt. Trotzdem bin ich froh, dass wir es versucht haben. Man muss sich als Unternehmen an neue Herausforderungen wagen dürfen.
War der Druck der Aktionäre zu gross?
Wenn es in einem Geschäftsbereich gut läuft und in einem anderen nicht, tauchen im Aktionariat berechtigterweise Fragen auf. Schlussendlich musste sich der Verwaltungsrat entscheiden, ob er die Aufrechterhaltung der Bank am Bellevue weiterhin rechtfertigen kann – oder eben nicht.
Ist der Verkauf für Sie auch eine persönliche Niederlage?
So würde ich das nicht nennen. Meine persönlichen Wurzeln liegen im Asset Management – von diesem Geschäft verstehe ich etwas, dort kann ich Perspektiven ausmachen. Ja, ich habe daran geglaubt, dass wir mit einer kleinen Bankeinheit dank guter Qualität im Markt bestehen können. Ich hätte es mir gewünscht. Dass wir uns nun aber auf das konzentrieren können, was für unsere Gruppe erfolgsversprechend ist, darüber bin ich nicht unglücklich.
Sie hatten die Hoffnung, die Bank an einen starken Partner zu verkaufen, unter dem sie bessere Zukunftsperspektiven hat. Erfüllt die luxemburgische KBL-Gruppe diese Erwartungen?
Davon bin ich überzeugt. Wir haben einen Käufer gesucht, der auf Basis der bestehenden Bank weiterarbeitet und nicht nur Teile übernehmen will oder die Bank in ein bestehendes Konstrukt quetscht. Dass wir die Bank am Bellevue als Ganzes übergeben können und daraus unter neuem Namen eine neue Geschichte entstehen kann, freut mich. Hinzu kommt, dass an der Spitze der KBL sehr fähige und erfahrene Leute stehen, die den nötigen Schnauf aufbringen wollen, um das Privatkundengeschäft zu meistern. Es ist ja auch nicht so, dass wir an den Erstbesten verkauft hätten. Wir haben uns aus rund dreissig Kaufinteressenten für die KBL entschieden.
Was bedeutet die Abspaltung der Bank für die bestehenden Mitarbeiter?
Die KBL hat die Absicht bekundet, die 22 Mitarbeiter zu übernehmen. Entlassungen sind keine geplant. Ich denke, das betroffene Team ist froh, dass die Phase der Unsicherheit überwunden ist und es wieder eine Perspektive spürt.
Der Verkauf der Bank am Bellevue spült weitere Mittel in die ohnehin gut gefüllten Kassen der Bellevue-Gruppe. Zuletzt hatte der Verkauf der SIX-Beteiligung weit über 50 Mio. Fr. eingebracht. Was stellen Sie mit dem Kapital an?
Wir wollen im Gesundheitssektor, wo wir unter anderem mit BB Biotech (BION 63.1 1.53%) stark sind, international wachsen. Daneben ist uns aber auch wichtig, dass wir uns produktseitig weiter diversifizieren, um die Abhängigkeit vom Gesundheitssektor zu reduzieren. Schliesslich müssen wir als kotiertes Unternehmen alltwettertauglich sein und uns breit aufstellen. Vorstellbar ist zudem, im Bereich Private Equity (PEHN 58 0.87%) organisch oder durch Zukäufe zu wachsen. Für die Weiterentwicklung der Bellevue-Gruppe werden uns Ende Jahr weit über 100 Mio. Fr. freie Mittel zur Verfügung stehen. Damit lässt sich viel anfangen.
Dann fokussieren Sie primär auf Wachstum?
Wachstum ist ein grosses Thema. Dabei richten wir unseren Blick nicht nur auf die Schweiz. In Deutschland beschäftigen wir mittlerweile dreissig Personen, auch in UK sind wir mit eigenem Standort aktiv. Diese Präsenz wollen wir ausbauen.
Gibt es Pläne, die Aktionäre am Geldsegen zu beteiligen?
Entschieden ist noch nichts. Ich schliesse aber nicht aus, dass auch unsere Aktionäre von den überschüssigen Mitteln profitieren. Klar ist: Entweder wir machen mit dem Kapital ein profitables Geschäft, oder wir geben es den Aktionären zurück.
Mit dem Verkauf der Bank am Bellevue wird die Bellevue-Gruppe überschaubarer. Wird der Weggang von der Börse diskutiert?
Das ist kein Thema. Zumal der Verkauf unseren Börsenwert eher steigern als schmälern dürfte. Sobald sich die Verluste der Bank erfolgsseitig nicht mehr negativ auswirken, werden wir voraussichtlich auch mehr Gewinn schreiben.
Wie sieht der weitere Fahrplan für den Verkauf aus?
Bis die in- und die ausländischen Behörden die Transaktion genehmigt haben, wird es noch eine Weile dauern. Unser Ziel ist es, den Verkauf im ersten Quartal 2020 zum Abschluss zu führen.
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