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16:23 Uhr - 12.12.2014

Die Märkte sehen Venezuela und die Ukraine kurz vor der Pleite

Schwellenländerfonds setzen weiterhin auf die riskantesten Anleihen der Welt. Venezuela braucht Zugang zum Kapitalmarkt und die Ukraine ein Hilfspaket.

Venezuela ist so gut wie pleite, besagt der Markt für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS). zoomDer fallende Ölpreis stimmt die Finanzmärkte immer negativer für die Zahlungsfähigkeit des südamerikanischen Landes. Der Preis für die Ölsorte Brent notiert auf einem Fünfjahrestief. So gut wie alle Deviseneinnahmen Venezuelas kommen aus Ölprodukten, sie machen 95% der Exporte aus. Das rächt sich nun: Mit einer CDS-Prämie von fast 4000 Basispunkten (40%) wird eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 93% über die nächsten fünf Jahre erwartet.

Moody’s prognostiziert für 2015 ein Leistungsbilanzdefizit von 2% des Bruttoinlandprodukts. Das macht das Land ausgerechnet jetzt noch abhängiger von Dollarkrediten. Viele ausländische Investoren halten venezolanische Dollaranleihen – wegen der Öleinnahmen schien der Staat lange sicher vor einer Liquiditätsknappheit. Die fünfjährige Anleihe hat seit Anfang Jahr 45% an Wert eingebüsst. Gemäss dem Informationsdienst Morningstar (MORN 63.47 -0.75%) halten Schwellenländeranleihenfonds über 5% der Anlagen in venezolanischen Bonds.

«Wir haben Venezuela übergewichtet», sagt Jeff Kalinowski von T. Rowe Price. Er setzt auf den Willen der Regierung, die Anleihen zu bedienen: «Das Land benötigt Zugang zu ausländischen Kapitalmärkten, um die Finanzierung der Ölförderung in Zukunft zu gewährleisten.» Ein Zahlungsausfall würde die Einnahmen aus dem Ölgeschäft gefährden. «Bei unserem Besuch des Landes haben die Verantwortlichen deutlich gemacht, dass sie das verstehen.»

Ukraine vor Zahlungsausfall

Nach Venezuela und Argentinien ist die Ukraine gemäss CDS-Prämie das riskanteste Land für Bondanleger. Premier Arseni Jazenjuk warnte vor einem bevorstehenden Zahlungsausfall – es brauche ein neues Rettungspaket der internationalen Geldgeber. Zuletzt wurde die Ukraine im April mit 17 Mrd. $ vom Internationalen Währungsfonds gestützt. Der IWF schätzt nach einem Bericht der «Financial Times», dass das Land weitere 15 Mrd. $ an Hilfe benötigt.

Michael Hasenstab, Fondsmanager bei Franklin Templeton, ist der bekannteste Investor, der auf die Ukraine setzt. Seine Fonds halten ukrainische Anleihen mit einem Nominalwert von etwa 8 Mrd. $. Der Marktwert ist klein im Verhältnis zu Hasenstabs Bondanlagen von 200 Mrd. $. Hasenstab betont immer wieder, in ukrainische Bonds «langfristig» zu investieren – ein Verkauf steht also nicht an.

Hasenstabs Anlage wird immer schmerzhafter

Doch dieses Investment wird immer schmerzhafter – die Verluste sind gross. Seit Anfang Jahr ist der Wert dreijähriger ukrainischer Anleihen um mehr als 30% eingebrochen. Der nächste fällige Bond – Laufzeit bis September 2015 – notiert bei einem Kurs von nur noch 75. Das ergibt eine annualisierte Rendite von über 50%.

Wie in Venezuela vertrauen die Anleger nicht darauf, dass die Regierung mit politischen Reformen die Zahlungsfähigkeit kurzfristig sicherstellen kann. Premier Jazenjuk will zwar die Steuereinnahmen erhöhen und die Staatsausgaben senken. Doch wer ukrainische Anleihen hält, der glaubt an ein weiteres Hilfspaket.

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