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18:05 Uhr - 06.07.2015

Neuer Finanzminister Griechenlands: Ebenfalls links, aber sanfter

Euclid Tsakalotos, der neue Finanzminister Griechenlands, teilt die Positionen von Yanis Varoufakis. Er kann aber neue Türen öffnen.

Euclid Tsakalotos wird als neuer griechischer Finanzminister ein schweres Erbe antreten. Die Finanzminister der Eurogruppe waren zuletzt äusserst genervt von ihrem griechischen Kollegen Yanis Varoufakis. Statt über anstehende Reformen im Detail zu diskutieren, dozierte der Ökonomieprofessor in den Sitzungen lieber über die grossen Dinge. So erklärte er wieder und wieder, sein Land könne die Schulden nie zurückzahlen, mit mehr Sparrunden rutsche die griechische Wirtschaft nur weiter ins Verderben, und Pensionskürzungen würden bloss die Armen treffen.

Das mag alles richtig sein, doch die Finanzminister hatten die Verhandlungen an die «Institutionen» – Europäische Zentralbank (EZB), EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) – delegiert und wollten nur auf Basis deren Vorschlags mit Griechenland diskutieren. Das war mit Varoufakis nicht zu machen. Zudem veröffentlichte Varoufakis gerne über Online-Kanäle Interna aus den Ministersitzungen und zerstörte so viel Vertrauen.

Wieder ein Professor

Nun wird der griechische Chefunterhändler Tsakalotos zu Varoufakis’ Nachfolger. Euclid Tsakalotos ist zwar auch Ökonomieprofessor und wie Varoufakis in Grossbritannien ausgebildet, doch sein Auftreten ist ganz anders. Er wirkt weit bedächtiger, ist weniger auf Inszenierung aus und hält sich mit scharfen Provokationen zurück. Dazu kommt sein Hintergrund: «Er spricht wie ein britischer Aristokrat», erklärte ein Führungsmitglied der Linkspartei Syriza gegenüber dem «Guardian».

Tsakalotos stammt aus einer konservativen und wohlsituierten Familie. Als Sohn eines griechischen Schiffahrtsingenieurs wurde er in Rotterdam geboren, besuchte eine exklusive Privatschule in London und studierte in Oxford das bekannte PPE-Programm (Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre). Später machte er seinen Doktor in Oxford. Auch Varoufakis hat in Grossbritannien promoviert, doch die Diskussionsart von Tsakalotos scheint zurückhaltender und einnehmender.

An der Sache ändert sich wenig

An der Sache wird sich aber wenig ändern. Varoufakis hatte sich eng mit Tsakalotos abgestimmt. Und der neue Finanzminister ist auch kein Syriza-Neuling, sondern langjähriges Parteimitglied und Abgeordneter für die Linken. Er wird weiterhin die rote Linie der griechischen Regierung verteidigen, besonders die absolute Ablehnung von Kürzungen der Pensionen.

Doch die Hoffnung liegt auf der Verhandlungsstrategie der griechischen Regierung. Yanis Varoufakis war vielleicht als «Bad Cop» – der böse, drohende Polizist bei Vernehmungen – gedacht, der den Gläubigern klarmacht, wie ernst es den Griechen mit ihrer Verhandlungsposition ist. Varoufakis provozierte und sorgte für zusätzliche Aufregung in der Eurogruppe. Die Ankündigung des Referendums sorgte dann für noch mehr Konfusion unter den Gläubigern.

Nun könnte es der griechischen Regierung mit einer schnellen Einigung ernst sein. Tsakalotos könnte zu diesem Zweck den «Good Cop» darstellen, der die Verhandlungen mit den Gläubigern effizient und zielgerichtet meistern soll. «Ich verstehe die Position der Gegenseite», wird er vom «Guardian» zitiert. Das wirkt schon viel einladender als Varoufakis, der dem IWF «verbrecherisches Verhalten» und den Gläubigern insgesamt «Terrorismus» vorwarf.

«Ein bisschen Flexibilität»

Dagegen will Tsakalotos ein Europa, das «ein bisschen Flexibilität zeigt gegenüber einer Position mit etwas anderen sozialen und ökonomischen Prioritäten», wie er gegenüber dem Sender CNN vor dem Referendum sagte. Er begründete das sachlich: «Wenn Europa nicht mehr auf die Demokratie hört, wird sich nicht nur das griechische Volk der extremen Rechten zuwenden.»

Die griechische Regierung will keinen Grexit, sondern einen besseren Deal. Sie signalisiert mit Tsakalotos nun eine neue Basis für Verhandlungen. Doch die Gefahr ist, dass Varoufakis und die Ausrufung des Referendums zu viel Porzellan zerschlagen haben. Besonders in Deutschland sind die Regierung und die breite Öffentlichkeit so negativ wie nie gegen Griechenland eingestellt. Vielleicht könnten die Franzosen statt die Deutschen das versöhnlichere Gegenstück zum milden Tsakalotos bilden – und Griechenland damit weiter im Euro halten.

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