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10:22 Uhr - 16.06.2015

Bedingt abwehrbereit

Zwei Drittel der institutionellen Investoren betrachten Extremrisiken als wachsende Bedrohung, aber nicht einmal ein Drittel verfügt über gezielte Abwehrstrategien.

Dies hat die jüngste Global-Risk-Monitor-Umfrage 2015 von Allianz (ALV 138.9 -0.61%) Global Investors ergeben. Befragt wurden 735 institutionelle Anleger aus Europa (235), Nordamerika (250) und Asien (250), die zusammen ein Vermögen von mehr als 15 Bio. $ verwalten. Nur 36% der Befragten glauben, dass sie Zugang zu geeigneten Instrumenten haben, um sich gegen Extremereignisse – auch Tail Risks oder «schwarze Schwäne» genannt – zu wappnen.

Gleichwohl sind sie der Auffassung, dass Extremrisiken wie Ölpreisschocks, Finanzmarktblasen oder geopolitische Spannungen aufgrund der starken Vernetzung der internationalen Kapitalmärkte künftig häufiger auftreten werden. «Schwarze Schwäne» sind seit der Finanzkrise 2008 in aller Munde. Damals mussten Investoren  schmerzhaft erfahren, dass sehr unwahrscheinliche Ereignisse massive Marktverwerfungen hervorrufen können und häufiger auftreten, als es die Gauss’sche Normalverteilung nahelegt.

Schlecht vorbereitet

Noch immer aber seien Investoren mit traditionell konstruierten Portfolios nicht auf das möglicherweise häufigere Eintreten solcher Extremereignisse vorbereitet, betont Allianz GI. Rund zwei Drittel der Befragten gaben zwar an, dass sie sich seit der Finanzkrise mehr Sorgen um Tail Risks machen. Die Mehrheit stützt sich jedoch auf traditionelle Asset-Allocation- und Risikomanagementstrategien, die auf Diversifikation über Anlageklassen (61%) oder internationaler Streuung (56%) beruhen.

Aufgrund der engen Vernetzung der Märkte seien diese auf Diversifikation beruhenden Ansätze aber immer weniger geeignet, das Risiko von Kursverlusten zu begrenzen, merkt Allianz GI an. So hätten auch nur 36% der Befragten angegeben, über geeignete Instrumente oder Lösungen für den Umgang mit Extremrisiken zu verfügen.

Die nächste grosse Gefahr

Im aktuellen Marktumfeld sehen Investoren die Wertentwicklung ihrer Portfolios durch viele Faktoren gefährdet, hat Allianz GI ermittelt. Angesichts der jüngsten Volatilität des Ölpreises, geopolitischer Spannungen, sinkenden Wachstums in China, wirtschaftlicher Nöte in Europa und einer Reihe weiterer wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten zeigten sie erhöhte Wachsamkeit, um nicht von Tail Risks kalt erwischt zu werden.

Weltweit halten institutionelle Anleger Ölpreisschocks  (28%), einen Staatsbankrott, Finanzmarktblasen (je 24%) und eine Rezession in der Eurozone (21%) für die wahrscheinlichsten Extremereignisse. Immerhin sehen es 41% der Befragen als «sehr wahrscheinlich» (9%) bzw. «wahrscheinlich» (32%) an, dass ein solches Extremereignis in den kommenden zwölf Monaten eintritt. Nur 19% bzw. 4% halten dies für «unwahrscheinlich» bzw. «sehr unwahrscheinlich». Über ein Drittel (36%) ist unschlüssig.

zoomImmerhin halten es 41% der Befragten für wahrscheinlich, dass ein Extremrisiko in den nächsten zwölf Monaten eintritt, nur insgesamt 23% sehen das als eher unwahrscheinlich an, mehr als ein Drittel (36%) ist unschlüssig. Quelle: Allianz

Renditepotenzial von Aktien Europas und der USA

Das Einschätzung traditioneller Anlageklassen ist deutlich zweigeteilt. Die Befragten glauben an steigende Aktienmärkte in Europa und den USA, sind aber pessimistisch für Anleihen in entwickelten Märkten wie Schwellenländern. Befragt nach der geplanten Vermögensaufteilung, gaben 30% an, dass sie auf Zwölfmonatssicht europäische und US-Aktien aufgrund des hohen Renditepotenzials aufstocken wollen.

Umgekehrt wollen 29% Staatsanleihen verkaufen, und fast ein Drittel (31%) traut den Zinspapieren auf Jahressicht keine positive Wertentwicklung zu. Die Attraktivität europäischer Aktien begründeten 61% mit dem hohen Renditepotenzial. Bei US-Aktien geben dagegen 44% Letzteres als Kaufgrund an, bei Schwellenländeraktien nur 20% der Befragten, fast gleichauf mit den Gründen Diversifikation (18%) und Inflationsschutz (18%).

Neue Ansätze

Institutionelle Investoren folgen zumeist traditionellen Risikomanagementstrategien, was sie makroökonomischen und Marktschocks aussetzt. Ansätze, die gezielt gegen Abwärtsrisiken schützen, wie Hedging oder Risikobudgetierung, werden nur von etwas mehr als einem Drittel (je 35%) der Befragten eingesetzt, verbindlichkeitskongruente oder dezidierte Volatilitätsstrategien sind noch weniger verbreitet.

Das Management von Extremszenarien ist für viele Investoren ein Problem, stellt Allianz GI fest. Sie sähen zwar, dass sie sich besser gegen diese Ereignisse schützen müssten, jedoch hielten 56% der Befragten geeignete Abwehrstrategien für zu teuer. Ausserdem würden sie «noch nicht genügend verstanden». Dagegen müsse Risikomanagement als «integraler Bestandteil jeder Anlagestrategie» angesehen werden, rät Arun Ratra, Head of Global Solutions bei Allianz GI. Geeignete Lösungen liessen sich individuell entwickeln.

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