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11:30 Uhr - 22.10.2014

Was die Finanzmärkte bewegen wird

Verschiedene Makroindikatoren werden die Börsen in den kommenden Tagen antreiben. «Finanz und Wirtschaft» hat die wichtigsten zusammengestellt.

Wie geht es weiter an den Weltfinanzmärkten? Nach den jüngsten Turbulenzen an den Börsen halten Anleger Ausschau nach den nächsten Anhaltspunkten, die Bewegungen auslösen könnten. In den Fokus rücken dabei Wirtschaftsdaten.

Die Korrektur der vergangenen Wochen wurde massgeblich von zunehmenden Sorgen um die globale Wachstumsdynamik ausgelöst. Verschiedene Makroindikatoren werden in den kommenden Tagen und Wochen Aufschluss geben, wie trüb die Aussichten für die Weltkonjunktur tatsächlich sind.MakroindikatorenLesen Sie mehr zu ausgewählten Makroindikatoren.

Balanceakt in China
Triple Dip in der Eurozone?
Alle blicken auf die US-Notenbank
Superwoche in den USA

Der Kalender bietet einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse und Makroindikatoren, die in den kommenden zweieinhalb Wochen in den USA, der Eurozone und in China publiziert werden.

Zu den bedeutendsten Markttreibern dürften die Einkaufsmanagerindizes (Purchasing Managers Index, PMI) gehören, die als Frühindikatoren eine erste Einschätzung der Wirtschaftslage ermöglichen. Im Laufe dieser Woche werden die entsprechenden Daten für China und die Eurozone veröffentlicht.

Mit Spannung wird zudem die Zinssitzung der US-Notenbank erwartet, die am 28. und 29. Oktober stattfindet. Der Offenmarktausschuss steht vor der Frage, ob er das Anleihenkaufprogramm QE 3 wie geplant abschliessen will. Wie robust die US-Wirtschaft wirklich ist, werden der ISM-Einkaufsmanagerindex und der Arbeitsmarktbericht ab dem 3. November zeigen.

Kalender: Die wichtigsten Makroindikatorenzoom

Laden Sie hier den zweiwöchigen Kalender im PDF-Format.

Balanceakt in China

Das chinesische Wirtschaftswachstum verliert weiter an Dynamik. Im dritten Quartal ist Chinas Bruttoinlandprodukt (BIP) verglichen mit dem Vorjahreszeitraum 7,3% gewachsen, wie das Statistikamt am Dienstag mitteilte. Das ist die schwächste Expansion seit dem ersten Quartal 2009. Die Zahlen lagen dennoch leicht über den Markterwartungen: Analysten hatten ein BIP-Wachstum von 7,2% prognostiziert. Für die Regierung in Peking wird es zunehmend schwieriger, das Wachstumsziel von 7,5% für das laufende Jahr zu erreichen. Es wäre das erste Mal seit über zehn Jahren, dass die Zielvorgaben verfehlt würden.

Der Industrie-Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index, PMI) von HSBC (HSBA 631.2 0.99%) wird am 23. Oktober einen ersten Hinweis darauf geben, wie sich die Konjunktur in China entwickelt. Der Frühindikator notierte im September auf 50,2 und lag damit noch knapp über der Schwelle von 50. Werte darunter signalisieren eine Kontraktion der Industrieaktivität. Analysten erwarten einen unveränderten Wert im Oktober. Die Industrieproduktion hat sich zuletzt etwas erholt und ist im September gemessen an der Vorjahresperiode 8% gestiegen. Allerdings ist die Wachstumsrate im August mit 6,9% auf den niedrigsten Stand seit über fünf Jahren gefallen.

Die nachlassende Dynamik schürt Hoffnungen, dass die Regierung in Peking Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft ergreift. Erschwert wird das durch den Immobiliensektor, der in den vergangenen Jahren heiss gelaufen ist und Peking zum Handeln gezwungen hat. Eine weitere Anheizung des Immobilienbooms will die Regierung verhindern. Alfred Roelli, Chefanalyst bei Pictet, erklärt: «Die chinesischen Behörden scheinen hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit einer stärkeren Stützung der Konjunktur und ihrem Bestreben, die Kreditexpansion nicht übertrieben zu nähren.» Er erwartet deshalb weitere Mini-Massnahmen zur Lockerung der Wirtschaftspolitik, um das Wachstum anzukurbeln.

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Vorboten des Triple Dip in der Eurozone

In den kommenden Monaten wird sich herausstellen, ob die dritte Rezession in nur sechs Jahren in der Währungsunion Realität wird. Hinweise für oder gegen einen dreifachen Taucher, auch Triple Dip genannt, liefern in den kommenden Tagen die Konjunkturindikatoren: Am Donnerstag publiziert der Datenanbieter Markit die vorläufigen Oktoberergebnisse der Einkaufsmanagerumfragen für Deutschland, Frankreich und die Eurozone. Diese sogenannten Flash PMI (Purchasing Managers Index) basieren auf der Auswertung von rund 80% der Antworten der Chefeinkäufer der Unternehmen und sagen das Endergebnis ziemlich genau voraus. Im September fiel der Composite PMI der Eurozone, der Unternehmen aus allen Branchen berücksichtigt, auf 52 Punkte – das niedrigste Niveau seit zehn Monaten. Damit liegt der Frühindikator jedoch noch über der kritischen Marke von 50, die Expansion von Kontraktion trennt. Ein weiteres Abrutschen unter diese Marke, wie es bereits in Italien und Frankreich geschehen ist, wäre höchst alarmierend.

Der Teilindex für den sekundären Sektor, der Industrie-PMI, ist mit 50,3 bereits gefährlich nahe an die kritische Grenze gerutscht. In Deutschland ist der Industrie-PMI im September sogar unter 50 gefallen, was auf eine schrumpfende Industrieproduktion hinweist. Kurz darauf wurde bekannt, dass die deutsche Industrie im August tatsächlich eine markante Produktionseinbusse von 4% erlitten hatte. Da Deutschlands Bruttoinlandprodukt im zweiten Quartal 0,2% sank, wäre eine Rezession mit zwei aufeinander folgenden Quartalen schrumpfender Wirtschaft keine Überraschung mehr.

Ob das Schlussquartal 2014 besser wird? Dafür könnte der Ifo-Geschäftsklimaindex am kommenden Montag erste Indizien liefern. Deutschlands bedeutendster Frühindikator überschritt im Frühjahr den Zenit und ist seither von 111,2 auf 104,7 gefallen. Die letzten beiden Male, als der Ifo-Index mehrere Monate unter 105 notierte, gab es eine Rezession. PR

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Alle blicken auf die US-Notenbank

Der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank Fed trifft sich am 28. und 29. Oktober zu seiner nächsten Zinssitzung. Folgt das Fed seinem Fahrplan, wird es das Ende des dritten Wertschriftenkaufprogramms (Quantitative Easing, QE) verkünden. Seit Jahresanfang fährt das Fed die Anleihenkäufe stetig zurück (Tapering). Eine Fortsetzung von QE3 wäre eine Überraschung, denn die Verfassung der US-Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten kontinuierlich verbessert. Eine Weiterführung der unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen ist daher nicht angezeigt.

Richard Fisher, Chef der US-Distriktnotenbank Dallas, sagte am Montag: «Es gibt keinen Grund, die Käufe Ende Oktober nicht zu beenden. Die Lage der US-Wirtschaft bessert sich.» Die jüngsten Marktturbulenzen hätten an dem Ausblick nichts geändert, erklärte Fisher. Es gibt aber auch andere Stimmen aus dem Umfeld der US-Notenbank. So sagte James Bullard, Präsident der Distriktnotenbank St. Louis, in einer Rede am Donnerstag: «Wir könnten das Tapering aussetzen und abwarten, wie sich die Daten bis im Dezember entwickeln.» Die Aussichten auf weitere Unterstützung durch das Fed sorgte an den Finanzmärkten prompt für positive Reaktionen. Das zeigt, wie abhängig die Börsen von der Notenbankliquidität sind. Die Fed-Vorsitzende Janet Yellen liess sich an ihrem letzten offiziellen Auftritt vor der Zinssitzung zu keinem Kommentar hinreissen.

Stellt das Fed QE3 tatsächlich ein, wäre es – mit Ausnahme von wenigen Monaten – das erste Mal seit fast sechs Jahren, dass die Finanzmärkte ohne Extra-Stimulusmassnahmen der US-Notenbank auskommen müssten. Gegenwärtig kauft das Fed monatlich noch Anleihen im Wert von 15 Mrd. $. QE3 startete im September 2012 mit einem monatlichen Volumen von 85 Mrd. $. Inzwischen ist die Bilanzsumme des Fed auf über 4 Bio. $ angeschwollen.

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Superwoche in den USA

Der 3. November markiert in den USA den Auftakt einer Superwoche mit Blick auf die Wirtschaftsdaten. An diesem Montag wird der ISM-Einkaufsmanagerindex publiziert, einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft (Purchasing Managers Index, PMI). Er misst die Geschäftsaktivität im verarbeitenden Gewerbe. Dazu befragt das Institute for Supply Management (ISM) Chefeinkäufer im Industriesektor, unter anderem zu ihren geplanten Bestellungen für Produktionsmaterial. Seit Jahresanfang signalisiert der ISM-Index eine wachsende Industrieproduktion. Im September lag das Barometer bei 56,6 und notierte damit deutlich über dem Wert von 50, ab dem es eine Expansion signalisiert. Die Daten sorgten dennoch für eine Enttäuschung, denn der Index war im Vergleich zum August (59) gesunken. Gemäss Einschätzung von Jan Poser, Leiter Asset Management der Bank J. Safra Sarasin, könnte das erst der Anfang einer sich abkühlenden Dynamik sein: «US-Indikatoren – wie der ISM – haben ihren Zenit hinter sich gelassen und befinden sich voraussichtlich in einer Korrekturphase, die gut und gerne sechs Monate andauern wird.»

Am Freitag, 7. November, veröffentlicht das Statistikamt BLS (BLSN 0.7 -2.78%) den Arbeitsmarktbericht für den Monat Oktober. Die Jobdaten stehen besonders im Fokus, seit US-Notenbankchefin Janet Yellen die Geldpolitik eng an die Entwicklung des Arbeitsmarktes geknüpft hat. Die Arbeitslosenrate sank im September auf 5,9% und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Juli 2008. Seit Jahresanfang betrug das monatliche Stellenwachstum 215 000, es weist im Vergleich zum Vorjahr einen positiven Trend auf. Yellen bemängelt jedoch seit Monaten eine «signifikante Unterauslastung» am Arbeitsmarkt. Von besonderer Bedeutung wird daher die Entwicklung der Beteiligungsrate am Arbeitsmarkt sowie der Löhne sein.

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