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07:02 Uhr - 27.07.2022

Schweizer Corona-Start-ups sind kurzlebig

Seit Ausbruch der Pandemie wiesen Schweizer Unternehmen nicht die befürchtete «Übersterblichkeit» auf. Nun scheint sich das Blatt zu wenden.

Der Unterschied zu vergangenen Krisen ist frappant: Statt zu einer Zunahme der Unternehmensinsolvenz kam es nach dem Beginn der Coronakrise zu einem markanten Rückgang derselben. Dies zeigen Daten, die die ETH-Konjunkturforschungsstelle Kof und das Datenunternehmen Dun & Bradstreet zusammengetragen haben.

Noch nach Beginn der Finanzkrise von 2008 oder in der Zeit nach dem Frankenschock 2015 sah es anders aus. Diese Ereignisse brachten jeweils keine markante Veränderung im Anteil der Schweizer Unternehmen, die Konkurs anmelden mussten.

Drei Gründe könnten hinter dem Absacken der Konkursrate nach dem Ausbruch der Pandemie stecken, wie die Ökonomen Heiner Mikosch und Florian Eckert in einem wissenschaftlichen Artikel zum Thema schreiben: das staatlich garantierte Kreditprogramm, eine Art Überwinterung unter Einsatz von Kurzarbeit sowie ein Aufschub bei der Meldepflicht im Fall einer Überschuldung.

Zum Rückgang der Konkurse kam in der zweiten Hälfte von 2020 und 2021 ein weiterer überraschender Effekt: Die Zahl der Firmengründungen stieg stark und war in diesem Zeitraum deutlich höher als in den 22 Monaten vor Ausbruch der Pandemie. Auch diese Entwicklung steht im Gegensatz zur Erfahrung aus vergangenen Krisen.

Ausgerechnet diese Start-ups – die von den erwähnten Stützungsmassnahmen gar nie profitieren konnten – waren im Mai und im Juni nun aber deutlich stärker konkursgefährdet als vorher. Unter Unternehmen, deren Gründung höchstens drei Jahre her ist, herrschte in den vergangenen zwei Monaten eine deutliche «Übersterblichkeit».

Die Gründe dafür dürften über die aktuell herrschende Krisenstimmung hinausgehen. «Die Coronakrise führte zu veränderten Konsumgewohnheiten, was in der zweiten Jahreshälfte 2020 und 2021 zu vielen neuen Firmengründungen führte», schreibt Mikosch in einer Zusammenfassung der Resultate. «Mit dem Auslaufen der Coronakrise haben sich die Konsumgewohnheiten aber normalisiert, die Nachfrage nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen sinkt wieder, was nun zu erhöhten Konkursen bei eigens während der Krise gegründeten Firmen führt», so seine Theorie weiter.

Auch unter älteren Gesellschaften kam es jüngst zu mehr Konkursen. Insgesamt liegen die Konkurse in den 28 Monaten seit Ausbruch der Coronakrise aber weiterhin deutlich unter denjenigen im gleichen Zeitraum davor.

Mikosch zumindest sieht Anzeichen dafür, dass das Umfeld für Schweizer Unternehmen insgesamt härter werden könnte. «Der Anstieg der Inflation in diesem Jahr könnte die Konkursdynamik in den kommenden Quartalen verschlimmern», schreibt er. Abnehmende Nachfrage bei gleichzeitig steigenden Inputkosten könnte dann dazu führen, dass mehr Unternehmen als sonst in die Verlustzone rutschen.

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