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17:20 Uhr - 30.09.2015

Luft im Biotechsektor droht zu weichen

Die Kurse der Aktien von Biotech- und Pharmaunternehmen haben in den letzten Tagen stark nachgegeben. Investoren beginnen wieder stärker auf die Qualität zu achten.

Die Luft im Biotechnologiesektor wird dünner. Innerhalb von nur acht Tagen ist der Nasdaq Biotechnology-Index rund 20% auf 3033 Punkte zurückgeglitten. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 181 Mrd. $ an Wert vernichtet. Die Nervosität unter den Anlegern im mittlerweile hoch bewerteten Sektor hat deutlich zugenommen. Zu spüren ist das daran, dass der starke Rückgang durch Diskussionen ausgelöst wurde, die Branchenkenner eigentlich seit Monaten führen.

Der starke Preisanstieg von spezialisierten Medikamenten in den USA in den letzten Jahren ist amerikanischen Politikern wie auch staatlichen und privaten Versicherungen seit Langem ein Dorn im Auge. Seitdem die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton den Preisen erneut den Kampf angesagt hat, sind Investoren jedoch hellhörig geworden und haben ihre teils hohen Gewinnschätzungen genauer unter die Lupe genommen. Meldungen wie jene, dass das kanadische Pharmaunternehmen Valeant die Preise für zwei Wirkstoffe in den letzten drei Jahren um mehr als 1500% erhöht hat, sorgen für zusätzlichen Zündstoff.

Preisanstieg im letzten Jahr von rund 13%

Politiker sorgen sich, dass die Budgets der staatlichen und privaten Krankenkassen gesprengt werden. Letztes Jahr sind die Ausgaben für Medikamente laut der grössten amerikanischen Medikamenten-Einkaufsorganisation Express Scripts (ESRX 80.98 0.22%) 13% gestiegen. Das entspricht dem stärksten Anstieg seit 2003. Ein Grossteil davon ist wegen den neuen hochwirksamen aber auch sehr teuren Hepatitis-C-Medikamente Sovaldi und Harvoni des US-Biotechkonzerns Gilead (GILD 98.72 2.83%) entstanden. Sie werden pro Patient und Behandlung – dank den Präparaten kann die Krankheit innert 12 Wochen geheilt werden – zum Listenpreis zwischen 84‘000 und 94‘500$ angeboten.

Selbst wenn Einkäufer wie Express Scripts mittlerweile Rabatte von bis zu 50% aushandeln konnten, bleibt der Preis für die Wirkstoffe aber noch immer hoch. Gilead erzielte im ersten Halbjahr dieses Jahres alleine mit diesen beiden Präparaten 9,4 Mrd. $. Umsatz. Für 2015 sollen es laut Analysten über 20 Mrd. $. sein.

Pharmakonzerne verteidigen die hohen Preise neuer innovativer Medikamente mit dem Argument, dass sich mit ihnen Spital- und Betreuungskosten sparen liessen und das letztlich zu einem Rückgang der Gesundheitsaufwendungen führen würde. Doch selbst namhafte Vertreter wie Roche-CEO Severin Schwan sehen die Gefahr von Preisdruck in den USA, wie er in einem Interview mit «Finanz und Wirtschaft» erläuterte. «Der Druck wird aber vor allem auf wenig differenzierte Wirkstoffe steigen» sagte er.

Vorsichtiger agieren

Für Anleger bedeutet das, vorsichtiger zu agieren. Aktien von kleineren Biotechunternehmen mit nur einem zugelassenen Produkt oder gar nur Wirkstoffen in der Pipeline könnten bei weiteren Schocks stärker unter Druck geraten, darunter auch Schweizer Werte wie Addex oder Santhera (SANN 108.3 -2.08%). Auch Valoren von Unternehmen, bei denen viele Präparate im Produkteportfolio vor dem Patentablauf stehen, könnten vermehrt verkauft werden.

Investoren sollten sich deshalb an die Titel grösserer oder spezialisierter Konzerne wie Celgene, Roche (ROG 255.8 1.75%) (RO 255.25 1.49%) oder Novartis (NOVN 89.25 2.18%) halten. Sie bleiben dank ihrem differenzierten Wirkstoffportfolio auch in einem anspruchsvolleren Marktumfeld gut positioniert.

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