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14:23 Uhr - 07.01.2016

«Nutzen die Korrektur zur Verbesserung der Qualität»

Für Marcel Schnyder von der Bank Reichmuth sind die gegenwärtigen Börsenturbulenzen kein Trendbruch. Deshalb kauft er europäische, japanische und andere asiatische Aktien zu.

Herr Schnyder, stehen die Aktienmärkte vor dem Beginn einer Baisse?
Wir unterscheiden zwischen Kurskorrekturen innerhalb bestehender Marktphasen und einem Markteinbruch respektive Trendbruch. Wir bewerten die aktuelle Korrektur nicht als Trendbruch. Korrekturen gab es in den letzten drei bis fünf Jahren einige – darunter durchaus auch deutliche von bis zu 10 oder 15%. Allerdings wurden sie in relativ kurzer Zeit immer wieder aufgeholt.

Warum gehen Sie nur von einer Korrektur aus?
Wir führen die Preisrückschläge vom Dezember und von Anfang Januar auf eine Verkettung einzelner ungünstiger Datenpunkte und Ereignisse zurück, die das kurzfristige Marktvertrauen geschwächt haben. Dazu zählen leicht enttäuschende Wirtschaftsdaten aus den USA und China, technische Faktoren am chinesischen Aktienmarkt sowie das angespannte Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Lohnt es sich, das Aktienportfolio jetzt noch abzusichern?
Absicherungsstrategien lohnen sich in der Regel erst bei einem deutlichen Markteinbruch. Da die Korrektur schon fortgeschritten ist und Absicherungen mit Kosten verbunden sind, verzichten wir derzeit auf eine Absicherung. Kunden mit wenig Risikotoleranz raten wir jedoch zu einer individuell auf sie zugeschnittenen Absicherungsstrategie.

Ist die Zeit schon reif, Aktien zuzukaufen?
Wir nutzen die gegenwärtige Korrektur für gezielte Qualitätsverbesserungen. Interessant sind die aktuellen Preisniveaus einiger europäischer, aber auch asiatischer und japanischer Aktien. Insgesamt und im Vergleich zu den jüngsten Marktkorrekturen sind allenfalls noch leicht tiefere Einstiegsniveaus denkbar.

Auf welche Signale sollten Investoren achten?
Für unser Markt-Timing beobachten wir Signale wie mögliche Anzeichen einer Bodenbildung, die Anlegerstimmung, die Positionierung der anderen Marktteilnehmer, Kapitalflüsse sowie das wirtschaftliche Umfeld inklusive finanz- und wirtschaftspolitischer Faktoren.

Was bedeutet das konkret?
Positiv wäre ein klares Statement der chinesischen Zentralbank zur Wechselkurspolitik. In den USA gilt unser Fokus den Risikoaufschlägen von hochverzinslichen Anleihen. Eine Entspannung zumindest ausserhalb des Energiesektors würde die Märkte unterstützen. In Europa wären eine überzeugendere Ausweitung des Anleihenkaufprogramms der Europäischen Zentralbank oder weitere Unterstützungsmassnahmen wie Infrastrukturprojekte hilfreich.

Wie wird die US-Notenbank reagieren, falls sich der Ausverkauf fortsetzt?
Sie wird mögliche Zinserhöhungsschritte später oder weniger ausgeprägt umsetzen.

Falls aber das Fed die Geldpolitik erneut lockert, würden die Aktienmärkte wiederum positiv reagieren?
Eine erneute Lockerung der Geldpolitik in den USA wäre unseres Erachtens ein schlechtes Signal. Damit würde das Fed signalisieren, dass die wirtschaftliche Situation in den USA schwächer ist als erhofft, die grundsätzliche Wirksamkeit aller QE-Massnahmen würde in Frage gestellt und damit das Vertrauen der Investoren in die Geldpolitik negativ beeinflusst.

Wird Gold (Gold 1103.1 0.97%) langsam wieder interessant?
Wir halten nach wie vor eine im Vergleich zu früher etwas reduzierte Goldquote im Sinne einer Ersatzwährung und aufgrund guter Diversifikationseigenschaften. Gold ist und bleibt die einzige Währung, die von keiner Notenbank gedruckt werden kann. Deshalb ist es eine der wenigen sinnvollen Alternativen, sollte die Zeit nach QE wegen zu hoher Schulden und fehlenden Wirtschaftswachstums schwierig werden. Taktisch ist Gold wie viele andere Rohstoffe nicht interessant. Immerhin scheint sich eine gewisse Bodenbildung im Goldpreis abzuzeichnen – speziell aus Sicht des Frankens oder auch des Euros.

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