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18:45 Uhr - 01.04.2016

Die US-Wirtschaft schlägt sich wacker

Ein robustes Stellenwachstum und die Aufhellung im Industriesektor sind ermutigend. Damit kommen aber auch neue Fragen zu weiteren Zinserhöhungen auf.

zoomDie amerikanische Notenbank ist mit Blick auf weitere Zinserhöhungen zwar vorsichtiger geworden. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich jedoch weiterhin robust. Im März hat die US-Wirtschaft 215 000 Stellen geschaffen, was leicht über den Schätzungen der Ökonomen liegt. Kaum Revisionen gab es zu den Daten für Januar und Februar. Seit Anfang Jahr sind damit pro Monat im Schnitt fast 210 000 Jobs hinzugekommen. Die Arbeitslosenquote ist von 4,9 auf 5% gestiegen. Das hat aber vor allem mit statistischen Effekten zu tun, da im letzten Monat mehr Amerikaner aktiv nach einer Beschäftigung gesucht haben.

zoomKaum Grund zur Beunruhigung dürften dem Federal Reserve auch die Details zum Arbeitsmarktbericht geben. Erfreulich ist vor allem, dass die Erwerbsquote weiter zunimmt und letzten Monat auf 63% gestiegen ist. Das, nachdem sie im Herbst auf den tiefsten Stand seit vierzig Jahren gefallen war. Die Löhne haben im März verglichen zum Vorjahresmonat 2,3% auf 25.43 $ pro Stunde zugenommen. Das entspricht dem bisherigen Trend und lässt nicht auf ein plötzliches Überschiessen der Teuerung schliessen, wovor manche Ökonomen nach den jüngsten Daten zur Inflation gewarnt hatten.

Industrie wächst wieder

Etwas freundlichere Aussichten deuten ausserdem neue Daten zur Industrie an. Der vom Institute for Supply Management (ISM) berechnete Einkaufsmanagerindex ist im März von 49,5 auf 51,8 gestiegen. Er hat die Erwartungen damit sogar leicht übertroffen und zeigt erstmals seit September eine Expansion im verarbeitenden Gewerbe an. «Der ISM-Bericht ist ein willkommenes Anzeichen dafür, dass sich die Lage im Industriesektor stabilisiert», denkt dazu das Researchteam von Barclays (BARC 150.05 0.07%). Was die Beschäftigungslage betrifft, ist davon allerdings wenig zu sehen. So sind im März 29 000 Jobs im verarbeitenden Gewerbe verloren gegangen. Das entspricht dem schärfsten Rückgang seit Ende 2009.

Fed-Chefin Janet Yellen bringt das in eine schwierige Lage. Während sich die Situation am Arbeitsmarkt weiter graduell aufhellt, läuft es in anderen Bereichen der Wirtschaft weniger rund. Das signalisiert das Prognosemodell der Fed-Distriktnotenbank Atlanta, gemäss dem das Bruttoinlandprodukt im ersten Quartal nur 0,6% expandiert ist. «Die Tatsache, dass sich das Wirtschaftswachstum in den USA in den vergangenen sechs Monaten abgekühlt hat, muss für das Federal Reserve ein Grund zur Besorgnis sein», meint dazu Steven Ricchiuto, Chefökonom von Mizuho Securities USA.

Hinzu kommt die unübersichtliche Lage im Rest der Welt. Dieses Problem sprach Yellen diese Woche in einer viel beachteten Rede an. «Die globalen Entwicklungen stellen weiterhin ein Risiko dar», sagte die Fed-Chefin vor dem Economic Club of New York. Im Speziellen verwies sie dabei auf die Wachstumsverlangsamung in China und auf den Kollaps des Ölpreises – beides Faktoren, die an den Finanzmärkten Anfang Jahr für heftige Turbulenzen gesorgt haben und indirekt auch die amerikanische Wirtschaft belasten könnten. «In Anbetracht dieser Gefahren halte ich es für angebracht, dass der Vorsitz der Notenbank vorsichtig vorgeht, wenn wir die Geldpolitik adjustieren», resümierte Yellen.

Hektik am Devisenmarkt

Investoren nehmen die Konjunkturdaten mit gemischten Gefühlen auf. Nach den Zahlen zum Arbeitsmarkt tendierten die Börsen in New York am Freitagmorgen zunächst schwächer, rappelten sich dann aber nach der Publikation des ISM-Index auf und notierten gegen Mittag beinahe unverändert. Bewegung gab es vor allem an den Devisenmärkten. Gemessen an den wichtigsten Währungen zog der Dollar an, nachdem er sich in den vergangenen Wochen deutlich abgeschwächt hatte. An den Energiemärkten hingegen stand der Ölpreis unter Druck.

Im Kreis der US-Währungshüter wird es bis zu ihrem nächsten Entscheid von Ende April noch viel zu diskutieren geben. Mit einer baldigen Zinserhöhung rechnet an Wallstreet zwar so gut wie niemand, denn an der letzten Sitzung vom März hat das Fed seinen Kurs deutlich gemildert: Anstatt vier Zinserhöhungen hat es für dieses Jahr nur noch zwei signalisiert. Im Gegensatz zu Yellen haben diverse Vertreter des geldpolitischen Entscheidungsgremiums seither aber wieder einen schärferen Ton angeschlagen. Das macht deutlich, wie uneinig sich die Mitglieder im Vorsitz der US-Notenbank gegenwärtig über den weiteren Kurs der Geldpolitik sind. Die grosse Frage ist deshalb, welche Seite sich bis zur wichtigen Fed-Sitzung von Mitte Juni durchsetzen wird.

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