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14:00 Uhr - 01.06.2015

Geschmackstüftlerin mit Sinn fürs Detail

Aus der Mineralquelle Gontenbad hat die Appenzellerin einen erfolgreichen Nischenplayer geformt. Das Ladenlokal Flauderei lädt seit Anfang Jahr zum Verweilen und Stöbern ein.

Die Flauderei trägt die Handschrift von Gabriela Manser (53). (Bild: Christine Kocher)Die Flauderei passt wunderbar in die malerische Hauptgasse von Appenzell. Von der Pfarrkirche St. Mauritius führt sie zum Landsgemeindeplatz und ist geprägt von Konditoreien und kleinen Läden, die Stickereien und Chüeligurte verkaufen. Dazwischen liegt das Ladenlokal des Getränkeherstellers Goba: traditionell und beschaulich, aber zugleich auch innovativ und modern. Ein bisschen heile Welt. Schalen mit Kräutern stehen im Eingangsbereich, Blumen und Pflanzen schmücken die Wände, Vögel singen in der Ferne, und Nischen mit Büchern, Kerzen und Flacons laden zum Stöbern ein. Die Flauderei trägt die Handschrift von Gabriela Manser (53).

1999 übernahm sie die Mineralquelle Gontenbad als Geschäftsführerin mit neun Mitarbeitern von ihrem Vater. Zehn Jahre lang hatte er einen Nachfolger gesucht. Niemand wollte übernehmen. Nur Glasflaschen verliessen die Anlage. Manser bezeichnet die alten Maschinen heute als Pferdefuss. «Wenn ich damals alles gewusst hätte, hätte ich vielleicht auch nicht übernommen», sagt sie. Zum Glück wusste sie aber nicht alles. Sie wollte den Verlust der Mineralquelle verhindern, die 1576 erstmals urkundlich erwähnt war. Die Quelle sei der Schatz, den sie pflegen wolle.

Führen hatte sie als Schulleiterin für 45 Kindergärten der Stadt St. Gallen gelernt. Von Mineralwasser hatte die gelernte Kindergärtnerin hingegen keine Ahnung. Die Fachkompetenz erarbeitete sie sich in den ersten Jahren. Manser bewies Erfolg: Aus 2 Mio. abgefüllten Flaschen pro Jahr zu Beginn wurden 2014 17 Mio., die Anzahl der Mitarbeiter stieg auf 50. Dazwischen steckte viel harte Arbeit. Vor zwölf Jahren musste das Unternehmen eine Kapitalerhöhung durchführen, um in Anlagen zu investieren, die auch Plastikflaschen abfüllen konnten. «Da gab es nichts anderes als herauszugehen, mit den Leuten zu reden und zu schauen, wo es Vertrauen gibt», sagt sie. Dies seien schwierige Momente gewesen, da es sich damals um riesige Dimensionen handelte.

Um die Zahlen kümmert sich bei Goba seit langem ein «Finänzler». Manser arbeitet lieber an neuen Kreationen wie Pralinés oder Glaces. Sie vergleicht es mit Kochen. Eine Handvoll Leute sei involviert, die neue Ideen ausprobierten. Besonders stolz ist sie auf den «Chalte Kafi», da es sich um eine neue Getränkekategorie handelt, ein kohlensäurehaltiges Kaffeegetränk. Ans Herz gewachsen ist ihr aber auch der Eistee namens «Iisfee». Im hintersten Raum der Flauderei liegt das Buch zur «Iisfee» auf einem Tisch. Ein Märchen darüber, warum die Tautropfen glitzern, geschrieben von Manser. Sie brauche Poesie, erklärt sie. «Seelennahrung gehört zum Leben.» Jeden Abend nimmt sie sich zwanzig Minuten Zeit, um zu lesen. Geschichten und Märchen seien für sie wie ein Fenster in eine andere Welt.

In andere Welten eintauchen lässt sich auch in der Flauderei. Kissen verleiten in einer Nische dazu, mit Kopfhörern Geschichten zu lauschen. Die Innenseiten der Etiketten von Flaschen zeigen verträumte Bilder. Flauder ziert beispielsweise ein Schmetterling, oder Flickflauder, wie es im Innerrhodischen heisst. Daher auch der Name des Getränks. Respekt gegenüber der Natur ist Manser wichtig. Goba hat auch eine Photovoltaikanlage eines Bauern gemietet. Manser will sehen, wie sich das entwickelt. Für sie gehört das dazu. Mit viel Geld etwas zu vermarkten, finde sie nicht spannend. «Ich finde es eine schöne Herausforderung, mit vielen Grenzen zu arbeiten, auch mit solchen, die wir uns selbst setzen», sagt Manser.

Manchmal würde sie gerne noch mehr machen. Die Goba-Chefin ist sich bewusst, dass der Fokus auf Nachhaltigkeit das Produkt teurer macht. Werte glaubwürdig zu vertreten, koste Geld. Manser bezeichnet es als Privileg, dass sie mit ihrem pädagogischen Hintergrund in die Wirtschaft konnte: «Ich war gesegnet mit wunderbaren Chancen, die mir das Leben vor die Füsse gespült hatte. Gott sei Dank hatte ich den Mut, diese Chancen zu packen.»

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